DRITTER AKT

ERSTE SZENE
Palastgarten des Emirs Almansor zu Tunis. Links vorn ein grösserer Busch mit einer Bank davor. Sonnenaufgang. Scherasmin gräbt und arbeitet als Gärtner. Die Gärtnertracht wirkt an ihm ungewonhnt und reizt zum Lachen. Fatime kommt langsam von hinten. Ein paar Schritte vor Scherasmin bleibt sie stehen; auch sie belustigt der komische Anblick

SCHERASMIN
klatscht in die Hände
Du siehst ja reizend aus, Fatime!

FATIME
Wirklich? Ich habe mich schon gefürchtet, dass ich dir gar nicht mehr gefallen werde.
dreht und wendet sich
So ohne Schleier und ohne Schmuck?

SCHERASMIN
Jetzt sieht man doch erst, was wirklich an dir dran ist, meine Liebe. Den schönen Mund, die weichen Wangen … die zarte Brust … und überhaupt … zum Anbeissen!
wird sehr zärtlich

FATIME
wehrt sich ein bisschen
Wenn jemand kommt …

SCHERASMIN
Was kann uns denn noch geschehen? Sklaven sind wir ja nun einmal!

FATIME
Du bist gar nicht mehr verzweifelt darüber?

SCHERASMIN
Warum? Unser schönes Schiff ist gescheitert … Das war ein Unglück. Dann wurden wir von einem anderen Schiff entdeckt und pudelnass aufgefischt. Das war ein Glück.

FATIME
Dann zeigte es sich, dass dieses Schiff ein Räuberschiff war …

SCHERASMIN
Das war ein Unglück. Aber liess man uns deshalb hungern und leiden? Nein. Nur fette Hühner und glänzende Fasane kann man gut verkaufen. Und also auch nur gut genährte Sklaven. Das war wieder ein Glück.

FATIME
Aber dann stellte man uns auf dem Sklavenmarkt von Tunis aus …

SCHERASMIN
Das war ein Unglück. Doch dann kaufte uns der Gärtner des Emirs …

FATIME
fällt rasch ein
Das war ein Glück.

SCHERASMIN
Falsch! Das war nur ein Zufall. Aber dass man uns dann beisammen liess und dass der Gärtner sich gerade auf ein Paar kaprizierte, dass wir beisammen blieben - siehst du, das war ein wirkliches Glück.
Sie küssen einander immer wieder

FATIME
macht sich frei
Aber dass wir jetzt weder das Horn Oberons noch den Becher haben … Das ist doch ein Unglück.

SCHERASMIN
Es nötigt uns, dass wir uns nur auf uns verlassen. Und das ist wieder ein Glück. Denn die Liebe macht erfinderisch, und darauf kommt es an. Auf das Finden und noch mehr auf das Suchen. Denn wenn sie auch Hüon und Rezia so aufgefischt haben wie uns, so werden die beiden sogleich einander suchen, wie sie es schon vorher getan haben. Und dann werden wir eines Tages wieder alle beisammen sein. Pass nur auf.

FATIME
Und dann geht es heimwärts.

SCHERASMIN
Nach Marseille, Fatime.

FATIME
Nein, nach meiner Heimat! Jetzt bist du doch schon so gut an die Hitze gewöhnt. Und auch an die Kost.

SCHERASMIN
Ohne Hammelbraten, darüber liesse sich noch reden. Aber ohne Wein, Fatime …

FATIME
Ist denn der Wein alles? Du weisst gar nicht, wie schön es in Arabien sein kann.

Arie

FATIME
Arabien, mein Heimatland,
Du Land, so teuer mir!
Ist's doch, als flög ich übers Meer,
Wär' wiederum in dir.
Und säh' dort meines Vaters Zelt
Dicht unterm Dattelbaum;
Und der Klang der Töne der Fröhlichkeit
Erschallt mir wie ein Traum.
Da hört' ich bei leisem Zitherschlag
Ein Mädchen singen einmal,
Von Zenab, die dem Serdar entfloh
Mit dem Jüngling ihrer Wahl.
aufstehend
Al, al, al …
Sei's auch finstere Nacht! Al, al, al …
Doch der Morgen für mich und für Jussuf erwacht!
Ob die Blumen des Gartens geschlossen sich auch,
Blüht doch Rose des Herzens im Liebeshauch.
Al, al, al … Bald vorbei die Gefahr!
Hinter uns Anderun und der harte Serdar.
Al al, al …
Al, al, al …
Horcht, es wiehert sein Ross! Al, al, al …
Beweise, mein Berber, dich treu dem Genoss'!
Durch die salzige Wüste geht's schnell wie ein Blick,
Es bleibet die Angst mit den Türmen zurück.
Al, al, al … Auf der Grenze wir nun!
Und wir lachen des Herrn und des Anderun.
Al, al, al …

SCHERASMIN
Oho! Glaubst du, nur bei euch geht es so lustig zu, du wirst die Augen aufreissen, wenn du erst einmal mit mir am Strande der Garonne spazieren gehst …

FATIME
Was werden da deine Freunde zu der dunkelhäutigen Frau sagen, die du mitgebracht hast?

SCHERASMIN
Sie werden ihr fränkische Komplimente und schöne Augen machen. Aber mehr erlaube ich nicht, merk dir das …

Duett

SCHERASMIN
An dem Strande der Garonne
Mich im Lenz des Lebens freuend,
Als allein ich laufen konnte,
Knuff und Puff und Stoss nicht scheuend,
Arbeit meidend, liebend Spass,
Waffenfeind, kein Weinverächter,
Prügelnd jedes Nachbars Sohn
Und küssend alle Nachbarstöchter.

Fatime tritt böse und trotzig von Scherasmin fort

Oh wie floh'n die Tage schön,
Dort an jenes Flusses Höh'n!
Oh wie floh'n die Tage schön,
Dort an der Garonne Höh'n,
Dort an jenes Flusses Höh'n!

FATIME
An dem Strom des Bendemir
Sah zuerst das Licht ich glänzen;
Dort verlebt ich Jahr für Jahr
Bei der Wellen leichten Tänzen;
Wanderte mit meinem Stamm,
Wo der Dattelbaum sich neigte,
Oder grüner Weideplan
Für der Herde Schar sich zeigte.
Unbekannt war Kummer mir
An dem Strom des Bendemir.

SCHERASMIN
Sich geändert hat die Zeit!

FATIME
Ausgelöscht der Freude Flammen!
Wir sind Sklaven! Sklaven!

SCHERASMIN
Was kümmert das?
Sind wir Sklaven doch zusammen!
Darum fröhlich so wie treu
Lass uns jubeln, singen, lieben;
Graben erst und schnäbeln dann,
Wie's Adam schon und Eva trieben!

BEIDE
Also fröhlich so wie treu!
Lass uns jubeln, singen, lieben;
Graben erst und schnäbeln dann.
Wie's Adam schon und Eva trieben.

Von der Höhe senkt ich ein Blütenwagen nieder, in dem Droll Hüon in den Garten des Emir bringt und sorgsam auf die Erde bettet

DROLL
beugt sich voll Teilnahme über Hüon
Erwache Hüon! Und wenn du dich völlig verlassen findest, ohne Waffen und Horn, dann erwache erst recht zu dir selbst. Bewähre die Kraft deiner Liebe. Rette dich und Rezia - rette das Glück Oberons.

Er entschwindet auf dieselbe Art, wie er die Szene gelangt ist

HÜON
erwacht wenige Augenblicke später
Wo bin ich? Allein? Verlassen von allen?
ruft
Rezia! Ach, weiss Gott, wo sie ist …
Er läuft nach rückwärts
Kein Horn! Kein Oberon!

Dreht sich in der Mitte der Bühne um und kommt langsam nach vorne. Scherasmin kommt von der anderen Seite. Hüon bleibt, sobald er in erkennt, ganz starr vor Überraschung stehen

SCHERASMIN
hält es ebenso, Dann sagt er vor sich hin:
Ich wundere mich nicht! Nein, ich wundere mich nicht.

HÜON
Scherasmin! Lieber, treuer Scherasmin!

SCHERASMIN
eilt auf ihn zu. Umarmt ihn
Lieber, lieber Herr!

HÜON
Scherasmin als Gärtner! Wenn das die Leute an der Garonne wüssten …

SCHERASMIN
Sie würden sich wundern.

FATIME
kommt von links and entdeckt mit glücklichem Staunen Hüon bei Scherasmin
Unser lieber Herr …

SCHERASMIN
Ja, Fatime, gesund und kräftig! Wenn er gestern neben uns auf dem Sklavenmarkt gestanden wäre, der Gärtner hätte für uns zwei nicht den halben Preis bezahlt. Und wir wären heute noch dort zu haben, wie ein paar altbackene Semmeln.

HÜON
Der Gärtner hätte schlecht gekauft. Was nützte ihm ein Unglücklicher, den keine menschliche Macht wieder zu m Menschen machen kann, der er einmal war?

FATIME
mischt sich ein
Das kann bald anders werden, Herr Hüon.

HÜON
traurig
Unmöglich, gute Fatime. Nur Rezia könnte mich trösten. Und Rezia ist geraubt und verschleppt.

FATIME
Jetzt werdet ihr aber staunen!

SCHERASMIN
Ich wundere mich nicht. Nein, ich wundere mich über nichts.

HÜON
aufschreiend
Du weisst etwas von Rezia?

FATIME
Alle Schiffe, die nach dem Scheitern des unseren auf dem Meer kreuzten, waren Räuberschiffe. So ist auch Rezia gewiss von Räubern ergriffen worden.

HÜON
fällt ein
Ja! Korsaren haben sie vor meinen Augen fortgeschleppt.

FATIME
Dann ist richtig, was alle hier flüstern, Die Korsaren hätten eine arabische Prinzessin vor den Emir gebracht, und der Emir hätte sie in den schönsten Pavillon gesperrt.

HÜON
Ich bin der Glücklichste und zugleich …

SCHERASMIN
fällt ein
Ich weiss … zugleich der Unglücklichste. Das ist in der Liebe nun einmal so.

HÜON
Rezia ist nur hundert Schritte von mir, und ich bin schwach und ohnmächtig.
ringt die Hände
Was ist da zu tun?

SCHERASMIN
Das ist doch klar!
Zuerst werden wir mit dem Gärtner sprechen. Er wird dich hier behalten und arbeiten lassen. Und dann werden wir uns neu auf unser Abenteuer einstellen und wo es nottut, blitzschnell umstellen. Und niemand wird uns eine Falle stellen, weil wir uns selbst so rasch und gut verstellen …

Terzett

HÜON
So muss ich mich verstellen?

SCHERASMIN
Dies führt zum Ziel allein.

HÜON
Doch zittern mög' der Freche,
Der Rache will ich ihn weih'n!

Er tritt mit Scherasmin beratend einige Schritte nach hinten

FATIME
vorne
Unsichtbarer, voll Macht und Licht,
Der du die Tugend belohnest durch Glück:
Oh sende dem Bravsten der Ritter nun
Die Schönste der Schönen auch bald zurück!

Hüon und Scherasmin treten vor

HÜON
Geist, hoch verehrt, steh uns bei,
Schütze mein Schwert und mein Herz so treu!

SCHERASMIN UND FATIME
Geist, hoch verehrt, steh uns bei,
Schütze sein Schwert und sein Herz so treu!


ZWEITE SZENE
Säulenhalle im Palast des Emirs Almansor zu Tunis. Rezia auf einem Ruhelager im Vordergrund

Kavatine

REZIA
Trauere, mein Herz, um verschwundenes Glück!
Tränen, entströmt für das Hoffen, das floh!
Kummer ist jetzt noch mein einziges Gut,
Wie Peris vom Tau leb' von Tränen ich so;
Und sei auch für andre wohl trübe ihr Quell,
Mir ist er wie Himmelsgewässer so hell.
Ihr, die ihr sonnt euch im Strahle der Lust,
Segler auf goldener Hoffnungen Flut,
Ein Wölkchen kann euch nahn, die Woge euch droh'n,
Die Zukunft euch bringen voll Dunkel und Grau'n!
Doch die Geissel der Wüste traf mein Herz, ach, so schwer;
Abgestorb'ner Baum scheut den gift'gen Hauch nicht mehr!

ALMANSOR
tritt durch die erste Seitentür rechts ein, geht auf Rezia zu und sagt schmeichlerisch:
Wie kann man nur so traurig sein, wenn man so schön ist wie du, Rezia? Du brauchst doch bloss mit dem Finger zu winken und hast alles, worum man nur eine Frau beneidet …

REZIA
Mich könnte nur eines frohmachen. Und das vermagst du nicht! Kein Mensch kann Tote erwecken.

ALMANSOR
Dann halte dich doch an das Leben.

REZIA
Hüon hält mich fest …

ALMANSOR
Versuch erst, ob ich nicht stärker hin?
Er fasst sie an, Rezia wehrt sich

ABDALLAH
kommt von links und tritt zu dem Emir
Sollen wir sie wieder auf das Schiff bringen und in Sizilien verkaufen? Ich tausch' sie dir gern gegen eine andere, die nicht so starrköpfig ist.

ALMANSOR
Du bist ein grober Klotz, Abdallah. Hast du nicht gesehen, wie viel Leidenschaft in ihr steckt? Ich bin zufrieden. Heute habe ich das erstemal einen Vorgeschmack bekommen, wie sie lieben kann. Man muss Geduld haben …

geht ab

DROLL
Weit weniger geduldig verhält sich in unserem Liebesreigen Almansors Frau, Roschana. Sie hat im Palastgarten den schönen Sklaven Hüon bei der Arbeit beobachtet und ist in heftige Leidenschaft zu ihm verfallen, Abdallah, von ihr geschickt, flüstert Hüon heimlich zu, dass ihn eine schöne Frau von Geblüt zu sehen wünscht, und bezeichnet ihm, wie er von dem Garten, ohne dass es auffällt, in Roschanas Garten gelangen kann. In dem Glauben, dass dies ein Zeichen von Rezia sei, eilt Hüon in den Palast. Doch nicht auf Rezia trifft er, sondern auf Roschana, die ihm ihre Liebe gesteht. Als Hüon beteuert, dass er nur eine Frau auf der Welt liebt, Rezia, und dass nichts ihn verführen kann, versucht Roschana, ihn zu umgarnen …

Chor, Solo und Ballett

CHOR
der tanzenden Mädchen und Sklaven
Für dich hat Schönheit sich geschmücket,
Die Lust den Becher voll ergossen;
O schlürf ihn aus! Die Blume gepflücket,
Eh die Rose welkt, eh der Wein vergossen! -

HÜON
Fort! Fort! Den Blumen, die ihr preist,
Gift in den Kelchen kreist,
Und des Bechers Purpurflut
Scheint gerötet mir von Blut.

Er macht sich frei. Roschana umschlingt ihn und hält ihn zurück

CHOR
Wenn Frauenaugen liebend glüh'n,
Kannst du scheu'n dies Zauberlicht?
Hast du noch das Herz zu flieh'n,
Wenn dich ein weisser Arm umflicht?
Kannst du flieh'n, ja, kannst du flieh'n,
Wenn dich ein weisser Arm umflicht?

HÜON
Kein Frauenauge besel'gend grüsst,
Das der Sinnlichkeit glüh'nde Flamme schiesst;
Dem Aug' des Toten gleicht es so,
Wenn die Seel', die's belegt, daraus entfloh.
Nie spendet Glück und nie Liebeshuld
Der Versuch'rin Hand, die voll Schmach ist und Schuld.
Über mein Herz hast du nicht Gewalt;
Drum weiche zurück! Deine Hand ist kalt.

Er reisst sich von Roschana los. Die tanzenden Mädchen kommen ihm zuvor und gruppieren sich so, dass er nicht entfliehen kann

CHOR
O wende dich nicht von dem Mahle der Lust!
Verlier nicht Momente, nur Sel'gen bewusst.
Des Weisen gedenk', der von dem Mahle schrieb:
»Wie froh wär' das Sein, wenn ein Schatten nur blieb’!«
Drum, Sterblicher, freu dich! Sei glücklich! Verlach den, der sieht,
Dass Leben ein Schatten, und harrt bis es flieht.
Für dich hat Schönheit sich geschmückt,
Die Lust den Becher voll ergossen:
O schlürf ihn aus! Die Blum' gepflückt,
Eh die Ros' verblüht und der Wein vergossen!
O schlürf ihn aus! Die Blum' gepflückt!

DROLL
Hüon reisst sich von Roschana los und will entfliehen - doch zu spät: Almansor entdeckt ihn! Sklaven ergreifen ihn, und der Emir bestimmt seinen Tod: Er soll auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden! Hüons Schicksal scheint besiegelt. Auf dem Markplatz von Tunis wird ein grosser Holzstoss errichtet. Eine schaulustige Menge, unter ihnen Scherasmin und Fatime, strömt zusammen, der Emir mit seinem Gefolge - neben ihm die verschleierte Rezia - haben auf einem Schaugerüst Platz genommen. Da drängt sich Abdallah durch die Menge …


DRITTE SZENE
Platz in Tunis

ABDALLAH
Erhabener Herr! Ich muss mit dir sprechen. Nur ein Wort!

ALMANSOR
Jedes Wort eines Herrschers bedeutet eine Tat. Und wünsche dir lieber nicht, Abdallah, dass ich jetzt handle. Das könnte schlimm für dich ausgehen.

ABDALLAH
Handeln! Gerade das ist es, was ich jetzt will, erhabener Fürst.
Wir müssen etwas aushandeln.

ALMANSOR
Nicht hier und nicht jetzt.

ABDALLAH
Gerade hier und gerade jetzt. Du kommst nie mehr so billig davon, Emir.
winkt den Korsaren, die mit ihm gekommen sind. Die Korsaren stellen drei grosse Kisten vor dem Emir ab
Diese drei Kisten wurden heute von der Flut an den Strand geworfen.

ALMANSOR
zeigt sich sogleich habgierig
Alles, was das Meer an den Strand wirft, gehört mir.
beugt sich über die zweite und dritte Kiste
Schmuck! In beiden Kisten! Armer Abdallah! Was sollst du und deine Matrosen mit Schmuck anfangen? Du kannst dir doch nicht die Ohren stechen lassen und Ringe in ihnen tragen.
sucht weiter
Aber, da schau her! Da ist etwas für dich, Abdallah.
Er hebt das Horn Oberons, das in der Kiste liegt, auf
Ein herrliches Kunstwerk.

ABDALLAH
zornig
Eine Kindertrompete!

ALMANSOR
heuchlerisch
Wie gut du dich verstellst. Ein Weltmann und Kunstkenner wie du! Du kommst doch auf alle grossen Märkte. Nach Sizilien, nach Rom und Griechenland. Du weisst ganz genau, dass das ein unschätzbares Stück ist. Du kannst es überall gegen ganze Berge von Gold eintauschen.
wirft ihm das Horn zu
Nimm das Horn, Abdallah, und geh, ehe mich dieser Vergleich reut.

ABDALLAH
wütend
Willst du, dass ich darauf gleich ein Lied zu deinem Ruhme blase?

ALMANSOR
drohend
Das halte wie du willst. Du musst nur gut aufpassen, dass du lange genug den Kopf auf den Schultern behältst, um so zu musizieren …

ABDALLAH
Ich verstehe, grosser Emir, Und ich gehe.
Er geht durch die Menge. Als er bei Scherasmin vorbeigeht, folgt er einer plötzlichen Laune und wirft es Scherasmin zu
Da hast du den armseligen Bettel.

SCHERASMIN
fängt es geschickt auf
Wertloses Zeug! Aber ich nehm's.

FATIME
Das ist doch … das Zauberhorn.

SCHERASMIN
Verstellung, Fatime, Verstellung …

ALMANSOR
steht von seinem Stuhl auf und befiehlt:
Bringt den Sklaven, den ich zum Tod verurteilt habe. Und bindet ihn auf dem Scheiterhaufen fest.

Palastwächter bringen den gebundenen Hüon nach vorne. Als sie ihn an dem Gerüst vorbeiführen, springt Rezia auf und wendet sich flehend an den Emir

REZIA
Almansor!

ALMANSOR
dreht ich zu ihr
Was willst du, Rezia?

REZIA
auf Hüon deutend
Gnade - für diesen Mann.

ALMANSOR
Er ist in meinen Harem eingedrungen und büsst seine Leidenschaft für Roschana. Was hast du mit ihm zu schaffen?

REZIA
Er ist Hüon, mein Gemahl.
Er darf nicht sterben!

ALMANSOR
Willst du sein Schicksal teilen, obwohl er dich betrogen hat?

REZIA
Tausendmal lieber sterbe ich mit ihm, als dass ich ohne ihn lebe.

ALMANSOR
Du wirst gleich hören, wie wenig er diese törichte Treue verdient.
Er winkt ihn zu sich
Komm her, Sklave!

HÜON
wendet sich ihm zu
Sprichst du mit mir, Emir von Tunis?

ALMANSOR
Höre gut zu, Sklave. Ich lasse dich frei! Abdallah wird dich irgendwo an der Küste deiner Heimat absetzen. Und Rezia bleibt bei mir. Du wirst als freier Mann zurückkehren und kannst heiraten, wen du willst.

HÜON
Ich habe nie eine andere als Rezia geliebt, und ich sterbe mit ihr glückselig, wenn es mir nicht vergönnt ist, glücklich mit ihr zu leben.

Er springt auf das Gerüst und umarmt Rezia.

REZIA
ruft jubelnd
Wir sind ein einziges Stück aus der Hand des Schöpfers. Nichts kann uns trennen!

ALMANSOR
in grossem Zorn
Das probt nur gleich im Feuer aus. Auf den Scheiterhaufen mit beiden!

Als Almansor diese Worte ausgerufen hat, setzt der listige Scherasmin das Zauberhorn an die Lippen, und mit dem ersten Ton fangen alle an zu tanzen

Finale

SKLAVENCHOR
Horch! Welch Wunderklingen!
Horch! Woher kommt der Ton?
Horch! Jeder Fuss muss springen
Im lust'gen Tanz hier schon. Horch! Horch!

HÜON, REZIA, SCHERASMIN, FATIME
O Dank! O Dank für des Hornes Macht!
Sie tanzen im Hof und dort im Palast,
Sie tanzen im Garten, sie tanzen im Saal,
Was das Meer begrenzt, was die Stadt umfasst.
Es bringet ein zweiter, stärk'rer Hauch,
Den Elfenkönig nun selbst wohl auch.

Scherasmin bläst stärker ins Horn. Lilien und Palmen zeigen sich von unten, von oben und von den Seiten; in langsamer Bewegung erhebt sich auf einem grossen Globus inmitten dieses Blütenpalastes Titania in den Armen Oberons

OBERON
Heil, treues Paar! Vorbei die Leiden!
Es danket Oberon euch beiden;
Durch euch ward ihm des Siegs Gewinn,
Und neu umarmt er seine Königin.
Schnell wie der Blitz entflieht,
Bring ich dich, Kampfgenoss', hin in Frankens beglückt' Gebiet,
In des Kaisers hohes Schloss.
Wirf dich vor ihm hin mit der schwererrung'nen Braut!
Preis tönet dir durch die Welt, voll und laut.
Sieh, der Zauber endet hier!
Lebe wohl! Mein Dank bleibt ewig dir!
Lebe wohl! Lebe wohl!

Der Blütenpalast Oberons verschwindet nach oben. Szenenwechsel. Man sieht den Thronsaal Kaisers Karl des Grossen. Feierlicher Aufzug der Hofleute. Hüon und Rezia zur Rechten des Thrones

SCHERASMIN
Nun aber rasch auf ein Schiff, bevor die Narren noch einmal auf uns losgehen! Und dann, zum Thron unseres Kaisers!

Marsch

Rezitativ

HÜON
O Herr! Seinem geschworenen Eid getreu,
Kniet Hüon vor deinem Thron aufs neu;
Durch Himmels Beistand hat er nun vollbracht
Was du gebot'st: hat sich aus Bagdad gebracht
Die holde Maid, der nicht vorm Tod gegraut,
Die Erbin seines Throns und jetzt Vasallenbraut.

CHOR
Heil sei dem Helden und seinem Schwert,
Das vom Sarazenen ihm hat die schöne Braut gewährt.
Heil sei der Jungfrau, die über's Meer
Gefolgt ist dem Ritter getreu hierher!
In Bardengesängen die Mär soll erblühn,
Von Rezia der Schönen und Hüon kühn.
DRITTER AKT

ERSTE SZENE
Palastgarten des Emirs Almansor zu Tunis. Links vorn ein grösserer Busch mit einer Bank davor. Sonnenaufgang. Scherasmin gräbt und arbeitet als Gärtner. Die Gärtnertracht wirkt an ihm ungewonhnt und reizt zum Lachen. Fatime kommt langsam von hinten. Ein paar Schritte vor Scherasmin bleibt sie stehen; auch sie belustigt der komische Anblick

SCHERASMIN
klatscht in die Hände
Du siehst ja reizend aus, Fatime!

FATIME
Wirklich? Ich habe mich schon gefürchtet, dass ich dir gar nicht mehr gefallen werde.
dreht und wendet sich
So ohne Schleier und ohne Schmuck?

SCHERASMIN
Jetzt sieht man doch erst, was wirklich an dir dran ist, meine Liebe. Den schönen Mund, die weichen Wangen … die zarte Brust … und überhaupt … zum Anbeissen!
wird sehr zärtlich

FATIME
wehrt sich ein bisschen
Wenn jemand kommt …

SCHERASMIN
Was kann uns denn noch geschehen? Sklaven sind wir ja nun einmal!

FATIME
Du bist gar nicht mehr verzweifelt darüber?

SCHERASMIN
Warum? Unser schönes Schiff ist gescheitert … Das war ein Unglück. Dann wurden wir von einem anderen Schiff entdeckt und pudelnass aufgefischt. Das war ein Glück.

FATIME
Dann zeigte es sich, dass dieses Schiff ein Räuberschiff war …

SCHERASMIN
Das war ein Unglück. Aber liess man uns deshalb hungern und leiden? Nein. Nur fette Hühner und glänzende Fasane kann man gut verkaufen. Und also auch nur gut genährte Sklaven. Das war wieder ein Glück.

FATIME
Aber dann stellte man uns auf dem Sklavenmarkt von Tunis aus …

SCHERASMIN
Das war ein Unglück. Doch dann kaufte uns der Gärtner des Emirs …

FATIME
fällt rasch ein
Das war ein Glück.

SCHERASMIN
Falsch! Das war nur ein Zufall. Aber dass man uns dann beisammen liess und dass der Gärtner sich gerade auf ein Paar kaprizierte, dass wir beisammen blieben - siehst du, das war ein wirkliches Glück.
Sie küssen einander immer wieder

FATIME
macht sich frei
Aber dass wir jetzt weder das Horn Oberons noch den Becher haben … Das ist doch ein Unglück.

SCHERASMIN
Es nötigt uns, dass wir uns nur auf uns verlassen. Und das ist wieder ein Glück. Denn die Liebe macht erfinderisch, und darauf kommt es an. Auf das Finden und noch mehr auf das Suchen. Denn wenn sie auch Hüon und Rezia so aufgefischt haben wie uns, so werden die beiden sogleich einander suchen, wie sie es schon vorher getan haben. Und dann werden wir eines Tages wieder alle beisammen sein. Pass nur auf.

FATIME
Und dann geht es heimwärts.

SCHERASMIN
Nach Marseille, Fatime.

FATIME
Nein, nach meiner Heimat! Jetzt bist du doch schon so gut an die Hitze gewöhnt. Und auch an die Kost.

SCHERASMIN
Ohne Hammelbraten, darüber liesse sich noch reden. Aber ohne Wein, Fatime …

FATIME
Ist denn der Wein alles? Du weisst gar nicht, wie schön es in Arabien sein kann.

Arie

FATIME
Arabien, mein Heimatland,
Du Land, so teuer mir!
Ist's doch, als flög ich übers Meer,
Wär' wiederum in dir.
Und säh' dort meines Vaters Zelt
Dicht unterm Dattelbaum;
Und der Klang der Töne der Fröhlichkeit
Erschallt mir wie ein Traum.
Da hört' ich bei leisem Zitherschlag
Ein Mädchen singen einmal,
Von Zenab, die dem Serdar entfloh
Mit dem Jüngling ihrer Wahl.
aufstehend
Al, al, al …
Sei's auch finstere Nacht! Al, al, al …
Doch der Morgen für mich und für Jussuf erwacht!
Ob die Blumen des Gartens geschlossen sich auch,
Blüht doch Rose des Herzens im Liebeshauch.
Al, al, al … Bald vorbei die Gefahr!
Hinter uns Anderun und der harte Serdar.
Al al, al …
Al, al, al …
Horcht, es wiehert sein Ross! Al, al, al …
Beweise, mein Berber, dich treu dem Genoss'!
Durch die salzige Wüste geht's schnell wie ein Blick,
Es bleibet die Angst mit den Türmen zurück.
Al, al, al … Auf der Grenze wir nun!
Und wir lachen des Herrn und des Anderun.
Al, al, al …

SCHERASMIN
Oho! Glaubst du, nur bei euch geht es so lustig zu, du wirst die Augen aufreissen, wenn du erst einmal mit mir am Strande der Garonne spazieren gehst …

FATIME
Was werden da deine Freunde zu der dunkelhäutigen Frau sagen, die du mitgebracht hast?

SCHERASMIN
Sie werden ihr fränkische Komplimente und schöne Augen machen. Aber mehr erlaube ich nicht, merk dir das …

Duett

SCHERASMIN
An dem Strande der Garonne
Mich im Lenz des Lebens freuend,
Als allein ich laufen konnte,
Knuff und Puff und Stoss nicht scheuend,
Arbeit meidend, liebend Spass,
Waffenfeind, kein Weinverächter,
Prügelnd jedes Nachbars Sohn
Und küssend alle Nachbarstöchter.

Fatime tritt böse und trotzig von Scherasmin fort

Oh wie floh'n die Tage schön,
Dort an jenes Flusses Höh'n!
Oh wie floh'n die Tage schön,
Dort an der Garonne Höh'n,
Dort an jenes Flusses Höh'n!

FATIME
An dem Strom des Bendemir
Sah zuerst das Licht ich glänzen;
Dort verlebt ich Jahr für Jahr
Bei der Wellen leichten Tänzen;
Wanderte mit meinem Stamm,
Wo der Dattelbaum sich neigte,
Oder grüner Weideplan
Für der Herde Schar sich zeigte.
Unbekannt war Kummer mir
An dem Strom des Bendemir.

SCHERASMIN
Sich geändert hat die Zeit!

FATIME
Ausgelöscht der Freude Flammen!
Wir sind Sklaven! Sklaven!

SCHERASMIN
Was kümmert das?
Sind wir Sklaven doch zusammen!
Darum fröhlich so wie treu
Lass uns jubeln, singen, lieben;
Graben erst und schnäbeln dann,
Wie's Adam schon und Eva trieben!

BEIDE
Also fröhlich so wie treu!
Lass uns jubeln, singen, lieben;
Graben erst und schnäbeln dann.
Wie's Adam schon und Eva trieben.

Von der Höhe senkt ich ein Blütenwagen nieder, in dem Droll Hüon in den Garten des Emir bringt und sorgsam auf die Erde bettet

DROLL
beugt sich voll Teilnahme über Hüon
Erwache Hüon! Und wenn du dich völlig verlassen findest, ohne Waffen und Horn, dann erwache erst recht zu dir selbst. Bewähre die Kraft deiner Liebe. Rette dich und Rezia - rette das Glück Oberons.

Er entschwindet auf dieselbe Art, wie er die Szene gelangt ist

HÜON
erwacht wenige Augenblicke später
Wo bin ich? Allein? Verlassen von allen?
ruft
Rezia! Ach, weiss Gott, wo sie ist …
Er läuft nach rückwärts
Kein Horn! Kein Oberon!

Dreht sich in der Mitte der Bühne um und kommt langsam nach vorne. Scherasmin kommt von der anderen Seite. Hüon bleibt, sobald er in erkennt, ganz starr vor Überraschung stehen

SCHERASMIN
hält es ebenso, Dann sagt er vor sich hin:
Ich wundere mich nicht! Nein, ich wundere mich nicht.

HÜON
Scherasmin! Lieber, treuer Scherasmin!

SCHERASMIN
eilt auf ihn zu. Umarmt ihn
Lieber, lieber Herr!

HÜON
Scherasmin als Gärtner! Wenn das die Leute an der Garonne wüssten …

SCHERASMIN
Sie würden sich wundern.

FATIME
kommt von links and entdeckt mit glücklichem Staunen Hüon bei Scherasmin
Unser lieber Herr …

SCHERASMIN
Ja, Fatime, gesund und kräftig! Wenn er gestern neben uns auf dem Sklavenmarkt gestanden wäre, der Gärtner hätte für uns zwei nicht den halben Preis bezahlt. Und wir wären heute noch dort zu haben, wie ein paar altbackene Semmeln.

HÜON
Der Gärtner hätte schlecht gekauft. Was nützte ihm ein Unglücklicher, den keine menschliche Macht wieder zu m Menschen machen kann, der er einmal war?

FATIME
mischt sich ein
Das kann bald anders werden, Herr Hüon.

HÜON
traurig
Unmöglich, gute Fatime. Nur Rezia könnte mich trösten. Und Rezia ist geraubt und verschleppt.

FATIME
Jetzt werdet ihr aber staunen!

SCHERASMIN
Ich wundere mich nicht. Nein, ich wundere mich über nichts.

HÜON
aufschreiend
Du weisst etwas von Rezia?

FATIME
Alle Schiffe, die nach dem Scheitern des unseren auf dem Meer kreuzten, waren Räuberschiffe. So ist auch Rezia gewiss von Räubern ergriffen worden.

HÜON
fällt ein
Ja! Korsaren haben sie vor meinen Augen fortgeschleppt.

FATIME
Dann ist richtig, was alle hier flüstern, Die Korsaren hätten eine arabische Prinzessin vor den Emir gebracht, und der Emir hätte sie in den schönsten Pavillon gesperrt.

HÜON
Ich bin der Glücklichste und zugleich …

SCHERASMIN
fällt ein
Ich weiss … zugleich der Unglücklichste. Das ist in der Liebe nun einmal so.

HÜON
Rezia ist nur hundert Schritte von mir, und ich bin schwach und ohnmächtig.
ringt die Hände
Was ist da zu tun?

SCHERASMIN
Das ist doch klar!
Zuerst werden wir mit dem Gärtner sprechen. Er wird dich hier behalten und arbeiten lassen. Und dann werden wir uns neu auf unser Abenteuer einstellen und wo es nottut, blitzschnell umstellen. Und niemand wird uns eine Falle stellen, weil wir uns selbst so rasch und gut verstellen …

Terzett

HÜON
So muss ich mich verstellen?

SCHERASMIN
Dies führt zum Ziel allein.

HÜON
Doch zittern mög' der Freche,
Der Rache will ich ihn weih'n!

Er tritt mit Scherasmin beratend einige Schritte nach hinten

FATIME
vorne
Unsichtbarer, voll Macht und Licht,
Der du die Tugend belohnest durch Glück:
Oh sende dem Bravsten der Ritter nun
Die Schönste der Schönen auch bald zurück!

Hüon und Scherasmin treten vor

HÜON
Geist, hoch verehrt, steh uns bei,
Schütze mein Schwert und mein Herz so treu!

SCHERASMIN UND FATIME
Geist, hoch verehrt, steh uns bei,
Schütze sein Schwert und sein Herz so treu!


ZWEITE SZENE
Säulenhalle im Palast des Emirs Almansor zu Tunis. Rezia auf einem Ruhelager im Vordergrund

Kavatine

REZIA
Trauere, mein Herz, um verschwundenes Glück!
Tränen, entströmt für das Hoffen, das floh!
Kummer ist jetzt noch mein einziges Gut,
Wie Peris vom Tau leb' von Tränen ich so;
Und sei auch für andre wohl trübe ihr Quell,
Mir ist er wie Himmelsgewässer so hell.
Ihr, die ihr sonnt euch im Strahle der Lust,
Segler auf goldener Hoffnungen Flut,
Ein Wölkchen kann euch nahn, die Woge euch droh'n,
Die Zukunft euch bringen voll Dunkel und Grau'n!
Doch die Geissel der Wüste traf mein Herz, ach, so schwer;
Abgestorb'ner Baum scheut den gift'gen Hauch nicht mehr!

ALMANSOR
tritt durch die erste Seitentür rechts ein, geht auf Rezia zu und sagt schmeichlerisch:
Wie kann man nur so traurig sein, wenn man so schön ist wie du, Rezia? Du brauchst doch bloss mit dem Finger zu winken und hast alles, worum man nur eine Frau beneidet …

REZIA
Mich könnte nur eines frohmachen. Und das vermagst du nicht! Kein Mensch kann Tote erwecken.

ALMANSOR
Dann halte dich doch an das Leben.

REZIA
Hüon hält mich fest …

ALMANSOR
Versuch erst, ob ich nicht stärker hin?
Er fasst sie an, Rezia wehrt sich

ABDALLAH
kommt von links und tritt zu dem Emir
Sollen wir sie wieder auf das Schiff bringen und in Sizilien verkaufen? Ich tausch' sie dir gern gegen eine andere, die nicht so starrköpfig ist.

ALMANSOR
Du bist ein grober Klotz, Abdallah. Hast du nicht gesehen, wie viel Leidenschaft in ihr steckt? Ich bin zufrieden. Heute habe ich das erstemal einen Vorgeschmack bekommen, wie sie lieben kann. Man muss Geduld haben …

geht ab

DROLL
Weit weniger geduldig verhält sich in unserem Liebesreigen Almansors Frau, Roschana. Sie hat im Palastgarten den schönen Sklaven Hüon bei der Arbeit beobachtet und ist in heftige Leidenschaft zu ihm verfallen, Abdallah, von ihr geschickt, flüstert Hüon heimlich zu, dass ihn eine schöne Frau von Geblüt zu sehen wünscht, und bezeichnet ihm, wie er von dem Garten, ohne dass es auffällt, in Roschanas Garten gelangen kann. In dem Glauben, dass dies ein Zeichen von Rezia sei, eilt Hüon in den Palast. Doch nicht auf Rezia trifft er, sondern auf Roschana, die ihm ihre Liebe gesteht. Als Hüon beteuert, dass er nur eine Frau auf der Welt liebt, Rezia, und dass nichts ihn verführen kann, versucht Roschana, ihn zu umgarnen …

Chor, Solo und Ballett

CHOR
der tanzenden Mädchen und Sklaven
Für dich hat Schönheit sich geschmücket,
Die Lust den Becher voll ergossen;
O schlürf ihn aus! Die Blume gepflücket,
Eh die Rose welkt, eh der Wein vergossen! -

HÜON
Fort! Fort! Den Blumen, die ihr preist,
Gift in den Kelchen kreist,
Und des Bechers Purpurflut
Scheint gerötet mir von Blut.

Er macht sich frei. Roschana umschlingt ihn und hält ihn zurück

CHOR
Wenn Frauenaugen liebend glüh'n,
Kannst du scheu'n dies Zauberlicht?
Hast du noch das Herz zu flieh'n,
Wenn dich ein weisser Arm umflicht?
Kannst du flieh'n, ja, kannst du flieh'n,
Wenn dich ein weisser Arm umflicht?

HÜON
Kein Frauenauge besel'gend grüsst,
Das der Sinnlichkeit glüh'nde Flamme schiesst;
Dem Aug' des Toten gleicht es so,
Wenn die Seel', die's belegt, daraus entfloh.
Nie spendet Glück und nie Liebeshuld
Der Versuch'rin Hand, die voll Schmach ist und Schuld.
Über mein Herz hast du nicht Gewalt;
Drum weiche zurück! Deine Hand ist kalt.

Er reisst sich von Roschana los. Die tanzenden Mädchen kommen ihm zuvor und gruppieren sich so, dass er nicht entfliehen kann

CHOR
O wende dich nicht von dem Mahle der Lust!
Verlier nicht Momente, nur Sel'gen bewusst.
Des Weisen gedenk', der von dem Mahle schrieb:
»Wie froh wär' das Sein, wenn ein Schatten nur blieb’!«
Drum, Sterblicher, freu dich! Sei glücklich! Verlach den, der sieht,
Dass Leben ein Schatten, und harrt bis es flieht.
Für dich hat Schönheit sich geschmückt,
Die Lust den Becher voll ergossen:
O schlürf ihn aus! Die Blum' gepflückt,
Eh die Ros' verblüht und der Wein vergossen!
O schlürf ihn aus! Die Blum' gepflückt!

DROLL
Hüon reisst sich von Roschana los und will entfliehen - doch zu spät: Almansor entdeckt ihn! Sklaven ergreifen ihn, und der Emir bestimmt seinen Tod: Er soll auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden! Hüons Schicksal scheint besiegelt. Auf dem Markplatz von Tunis wird ein grosser Holzstoss errichtet. Eine schaulustige Menge, unter ihnen Scherasmin und Fatime, strömt zusammen, der Emir mit seinem Gefolge - neben ihm die verschleierte Rezia - haben auf einem Schaugerüst Platz genommen. Da drängt sich Abdallah durch die Menge …


DRITTE SZENE
Platz in Tunis

ABDALLAH
Erhabener Herr! Ich muss mit dir sprechen. Nur ein Wort!

ALMANSOR
Jedes Wort eines Herrschers bedeutet eine Tat. Und wünsche dir lieber nicht, Abdallah, dass ich jetzt handle. Das könnte schlimm für dich ausgehen.

ABDALLAH
Handeln! Gerade das ist es, was ich jetzt will, erhabener Fürst.
Wir müssen etwas aushandeln.

ALMANSOR
Nicht hier und nicht jetzt.

ABDALLAH
Gerade hier und gerade jetzt. Du kommst nie mehr so billig davon, Emir.
winkt den Korsaren, die mit ihm gekommen sind. Die Korsaren stellen drei grosse Kisten vor dem Emir ab
Diese drei Kisten wurden heute von der Flut an den Strand geworfen.

ALMANSOR
zeigt sich sogleich habgierig
Alles, was das Meer an den Strand wirft, gehört mir.
beugt sich über die zweite und dritte Kiste
Schmuck! In beiden Kisten! Armer Abdallah! Was sollst du und deine Matrosen mit Schmuck anfangen? Du kannst dir doch nicht die Ohren stechen lassen und Ringe in ihnen tragen.
sucht weiter
Aber, da schau her! Da ist etwas für dich, Abdallah.
Er hebt das Horn Oberons, das in der Kiste liegt, auf
Ein herrliches Kunstwerk.

ABDALLAH
zornig
Eine Kindertrompete!

ALMANSOR
heuchlerisch
Wie gut du dich verstellst. Ein Weltmann und Kunstkenner wie du! Du kommst doch auf alle grossen Märkte. Nach Sizilien, nach Rom und Griechenland. Du weisst ganz genau, dass das ein unschätzbares Stück ist. Du kannst es überall gegen ganze Berge von Gold eintauschen.
wirft ihm das Horn zu
Nimm das Horn, Abdallah, und geh, ehe mich dieser Vergleich reut.

ABDALLAH
wütend
Willst du, dass ich darauf gleich ein Lied zu deinem Ruhme blase?

ALMANSOR
drohend
Das halte wie du willst. Du musst nur gut aufpassen, dass du lange genug den Kopf auf den Schultern behältst, um so zu musizieren …

ABDALLAH
Ich verstehe, grosser Emir, Und ich gehe.
Er geht durch die Menge. Als er bei Scherasmin vorbeigeht, folgt er einer plötzlichen Laune und wirft es Scherasmin zu
Da hast du den armseligen Bettel.

SCHERASMIN
fängt es geschickt auf
Wertloses Zeug! Aber ich nehm's.

FATIME
Das ist doch … das Zauberhorn.

SCHERASMIN
Verstellung, Fatime, Verstellung …

ALMANSOR
steht von seinem Stuhl auf und befiehlt:
Bringt den Sklaven, den ich zum Tod verurteilt habe. Und bindet ihn auf dem Scheiterhaufen fest.

Palastwächter bringen den gebundenen Hüon nach vorne. Als sie ihn an dem Gerüst vorbeiführen, springt Rezia auf und wendet sich flehend an den Emir

REZIA
Almansor!

ALMANSOR
dreht ich zu ihr
Was willst du, Rezia?

REZIA
auf Hüon deutend
Gnade - für diesen Mann.

ALMANSOR
Er ist in meinen Harem eingedrungen und büsst seine Leidenschaft für Roschana. Was hast du mit ihm zu schaffen?

REZIA
Er ist Hüon, mein Gemahl.
Er darf nicht sterben!

ALMANSOR
Willst du sein Schicksal teilen, obwohl er dich betrogen hat?

REZIA
Tausendmal lieber sterbe ich mit ihm, als dass ich ohne ihn lebe.

ALMANSOR
Du wirst gleich hören, wie wenig er diese törichte Treue verdient.
Er winkt ihn zu sich
Komm her, Sklave!

HÜON
wendet sich ihm zu
Sprichst du mit mir, Emir von Tunis?

ALMANSOR
Höre gut zu, Sklave. Ich lasse dich frei! Abdallah wird dich irgendwo an der Küste deiner Heimat absetzen. Und Rezia bleibt bei mir. Du wirst als freier Mann zurückkehren und kannst heiraten, wen du willst.

HÜON
Ich habe nie eine andere als Rezia geliebt, und ich sterbe mit ihr glückselig, wenn es mir nicht vergönnt ist, glücklich mit ihr zu leben.

Er springt auf das Gerüst und umarmt Rezia.

REZIA
ruft jubelnd
Wir sind ein einziges Stück aus der Hand des Schöpfers. Nichts kann uns trennen!

ALMANSOR
in grossem Zorn
Das probt nur gleich im Feuer aus. Auf den Scheiterhaufen mit beiden!

Als Almansor diese Worte ausgerufen hat, setzt der listige Scherasmin das Zauberhorn an die Lippen, und mit dem ersten Ton fangen alle an zu tanzen

Finale

SKLAVENCHOR
Horch! Welch Wunderklingen!
Horch! Woher kommt der Ton?
Horch! Jeder Fuss muss springen
Im lust'gen Tanz hier schon. Horch! Horch!

HÜON, REZIA, SCHERASMIN, FATIME
O Dank! O Dank für des Hornes Macht!
Sie tanzen im Hof und dort im Palast,
Sie tanzen im Garten, sie tanzen im Saal,
Was das Meer begrenzt, was die Stadt umfasst.
Es bringet ein zweiter, stärk'rer Hauch,
Den Elfenkönig nun selbst wohl auch.

Scherasmin bläst stärker ins Horn. Lilien und Palmen zeigen sich von unten, von oben und von den Seiten; in langsamer Bewegung erhebt sich auf einem grossen Globus inmitten dieses Blütenpalastes Titania in den Armen Oberons

OBERON
Heil, treues Paar! Vorbei die Leiden!
Es danket Oberon euch beiden;
Durch euch ward ihm des Siegs Gewinn,
Und neu umarmt er seine Königin.
Schnell wie der Blitz entflieht,
Bring ich dich, Kampfgenoss', hin in Frankens beglückt' Gebiet,
In des Kaisers hohes Schloss.
Wirf dich vor ihm hin mit der schwererrung'nen Braut!
Preis tönet dir durch die Welt, voll und laut.
Sieh, der Zauber endet hier!
Lebe wohl! Mein Dank bleibt ewig dir!
Lebe wohl! Lebe wohl!

Der Blütenpalast Oberons verschwindet nach oben. Szenenwechsel. Man sieht den Thronsaal Kaisers Karl des Grossen. Feierlicher Aufzug der Hofleute. Hüon und Rezia zur Rechten des Thrones

SCHERASMIN
Nun aber rasch auf ein Schiff, bevor die Narren noch einmal auf uns losgehen! Und dann, zum Thron unseres Kaisers!

Marsch

Rezitativ

HÜON
O Herr! Seinem geschworenen Eid getreu,
Kniet Hüon vor deinem Thron aufs neu;
Durch Himmels Beistand hat er nun vollbracht
Was du gebot'st: hat sich aus Bagdad gebracht
Die holde Maid, der nicht vorm Tod gegraut,
Die Erbin seines Throns und jetzt Vasallenbraut.

CHOR
Heil sei dem Helden und seinem Schwert,
Das vom Sarazenen ihm hat die schöne Braut gewährt.
Heil sei der Jungfrau, die über's Meer
Gefolgt ist dem Ritter getreu hierher!
In Bardengesängen die Mär soll erblühn,
Von Rezia der Schönen und Hüon kühn.


最終更新:2010年12月04日 00:12