ZWEITER AKT
(Das Innere von Plumketts Pächterwohnung)
Nr. 7 - Entre-Akt und Quartettino
▼PLUMKETT UND LYONEL▲
Nur näher, schöne Mädchen,
Wir sind an unserm Ziel !
▼LADY UND NANCY▲
O weh, wir armen Mädchen,
Wir büssen unser Spiel.
▼PLUMKETT UND LYONEL▲
Ihr seid in unserm Hause.
Jetzt ruht getrost euch aus!
▼LADY UND NANCY▲
Wir sind in ihrem Hause!
Ach, wären wir hinaus!
▼PLUMKETT UND LYONEL▲
Früh auf, wohl auf,
Dann schafft die Arbeit schon!
▼LADY UND NANCY▲
O weh! O weh!
Wer hilft uns nun davon?
Wie können wir entgehen
Den Ängsten, die uns drohn?
▼PLUMKETT UND LYONEL▲
Dann soll euch nicht entgehen
Der allerbeste Lohn.
▼LADY UND NANCY▲
Wie können wir entgehen
Den Ängsten, die uns drohn?
▼PLUMKETT▲
Mädels, dort ist eure Kammer.
▼LADY UND NANCY▲
(wollen gehen)
Gute Nacht!
▼PLUMKETT▲
Oho! Gefehlt!
Erst die Wirtschaft noch bestellt!
▼LADY UND NANCY▲
Ach! Wer hilft in unserm Jammer?
▼LYONEL▲
Sie sind müde, lass sie schlafen.
Willst du sie verziehen gleich?
▼NANCY▲
(beiseite)
Muss der Scherz so hart sich strafen?
▼PLUMKETT▲
Halt! Noch eins, wie nennt ihr euch?
▼LADY UND NANCY▲
Wir?
▼PLUMKETT▲
Nun freilich! Dumme Frage.
▼LADY▲
Martha heiss' ich.
▼LYONEL▲
(zärtlich)
Martha?
▼LADY▲
Ja.
▼PLUMKETT▲
(zu Nancy)
Na, und du?
▼NANCY▲
Was ich nur sage?
▼PLUMKETT▲
Weisst du's selbst nicht?
▼NANCY▲
(zögernd)
Ju-Ii-a!
▼PLUMKETT▲
Julia? Welch stolzer Name!
Julia, lass dich herab,
Julia, du grosse Dame,
Nimm mir Hut und Mantel ab.
(Er gibt ihr beides.)
▼NANCY▲
(wirft beides zu Boden)
Tut Ihr's selbst!
▼PLUMKETT▲
(wütend)
Ha! Alle Tausend!
▼LYONEL▲
Nicht so heftig, nicht so brausend!
Sprich doch sanft und mild wie ich,
Martha, nimm, ich bitte dich.
(Er versucht, ihr den Hut zu geben, sie sieht ihn stolz an, er weicht erschrocken zurück.)
▼LADY▲
Nein!
▼LYONEL UND PLUMKETT▲
Was soll ich dazu sagen?
Wie ist mir denn geschehn?
Nie hat man solch Betragen
Von einer Magd gesehn.
▼NANCY▲
Er weiss nicht, was zu sagen
Und bleibt verwundert stehn;
Hier gilt es nicht verzagen,
Sonst ist's um uns geschehn.
▼LADY▲
Er weiss nicht, was zu sagen
Und bleibt verwundert stehn;
Macht ihn mein Anblick zagen?
Erkennt er sein Vergehn?
(Die Männer hängen die Mäntel an die Wand.)
▼PLUMKETT▲
Na! Jetzt hurtig ohne Zaudern,
Holt das Spinnrad!
▼LADY▲
Spinnen, spinnen
▼NANCY▲
Spinnen wir
▼LYONEL▲
Nun ja, freilich!
▼PLUMKETT▲
Dienet ihr
In der Wirtschaft nur zum Plaudern?
▼LADY▲
(lachend)
Hahahaha! Spinnen!
▼NANCY▲
(ebenso)
Hahahaha! Spinnen!
▼PLUMKETT▲
(nachahmend)
Hahahaha! Spinnen! - Ei zum Blitz,
Seid ihr denn zu gar nichts nütz
Und wollt doch den Lohn gewinnen?
(derb)
Her die Räder!
▼LADY UND NANCY▲
(eingeschüchtert)
Ja, nur stille!
(Sie holen die Spinnräder.)
▼LYONEL▲
Sei doch sanft! - Du schreckst sie ja!
▼PLUMKETT▲
Schweig! - Jetzt spinnt!
Es ist mein Wille!
▼LADY▲
Kann's nicht!
▼NANCY▲
Kann's nicht!
▼LYONEL▲
(verwundert)
Wie?
▼PLUMKETT▲
(verblüfft)
Was? Ah!
(derb)
Setzt euch!
▼LADY UND NANCY▲
(erschrocken)
Jadoch!
(Sie setzen sich.)
▼PLUMKETT▲
Dreht das Rädchen! Schnurr, schnurr!
▼LADY UND NANCY▲
Will sich nicht drehn.
▼LYONEL▲
Zieht vom Flachs ein dünnes Fädchen!
Nur recht fein.
▼LADY UND NANCY▲
Es will nicht gehn.
▼LYONEL UND PLUMKETT▲
Drehet!
▼LADY UND NANCY▲
' s dreht nicht!
▼LYONEL UND PLUMKETT▲
Zieht!
▼LADY UND NANCY▲
Es geht nicht.
▼LYONEL UND PLUMKETT▲
Tretet!
▼LADY UND NANCY▲
Kann nicht!
▼LYONEL UND PLUMKETT▲
Geht's nicht?
▼LADY UND NANCY▲
Nein.
▼LYONEL UND PLUMKETT▲
(belehrend)
So! So!
▼LADY UND NANCY▲
Versteh's nicht.
▼LYONEL UND PLUMKETT▲
Ihr versteht's nicht?
▼LADY UND NANCY▲
Macht's uns vor!
▼LYONEL UND PLUMKETT▲
So muss es sein!
(Sie setzen sich an die Spinnräder.)
Immer munter dreht das Rädchen,
Auf und runter lasst das Brett.
Fein, ihr Mädchen, zieht das Fädchen,
Dass das Rädchen schnurrend dreht!
Schnurr, schnurr!
▼LADY UND NANCY▲
Nein, zu lustig, wie am Rädchen
Herkules bewegt das Brett.
Wie er zierlich zieht die Fädchen,
Dass im Schnurren fein sich's dreht.
▼LYONEL UND PLUMKETT▲
Seht ihr, seht ihr?
▼LADY UND NANCY▲
(lachend)
Ja doch, ja!
▼LYONEL UND PLUMKETT▲
Und versteht ihr?
▼LADY UND NANCY▲
Und versteht ihr?
▼ALLE VIER▲
(lachend)
Hahahaha!
▼LADY UND NANCY▲
Nein, zu lustig, wie am Rädchen … (usw.)
▼LYONEL UND PLUMKETT▲
Immer munter dreht das Rädchen … (usw.)
(Nancy wirft lachend Plumketts Spinnrad zu Boden; Plumkett springt drohend auf. Nancy läuft erschrocken hinaus, Plumkett folgt ihr.)
Nr. 8 - Duett und Volkslied
▼LADY▲
(Nancy nacheilend)
Nancy! Julia! Verweile! Wie? Sie lässt mich hier allein?
▼LYONEL▲
Bleib doch, Martha, so, in Eile? Ist dir bang?
▼LADY▲
Vor Euch? O nein!
(beiseite)
Blickt sein Auge doch so ehrlich,
Sein Betragen war so fein,
Dennoch scheint es mir gefährlich,
Hier mit ihm so ganz allein.
▼LYONEL▲
Mein' ich's doch so treu und ehrlich,
Lauter ist mein Herz und rein.
Dennoch klopft es unaufhörlich,
Bin ich mit ihr, mit ihr allein.
Nun! Ich will auch nimmer schelten,
Will nicht streng und herrisch sein.
Ja, dein Wille soll mir gelten.
▼LADY▲
(sich umsehend)
Ach, sie lässt mich hier allein.
▼LYONEL▲
Martha, lass mich dir's gestehen,
Seit dem ersten Augenblick,
Da ich, Holde, dich gesehen …
▼LADY▲
Und sie kommt auch nicht zurück.
▼LYONEL▲
Martha! Martha!
▼LADY▲
Er wird dreister.
▼LYONEL▲
Brav und redlich ist mein Sinn.
▼LADY▲
Ja, Ihr seid zu gut als Meister,
Ich zu schlecht zur Dienerin.
▼LYONEL▲
Du zu schlecht?
▼LADY▲
Nur müssig stehen,
Gaffen, singen mag ich gern.
Lasst die träge Magd drum gehen!
▼LYONEL▲
Nein, ich trüg's nicht, wärst du fern!
▼LADY▲
Herr!
▼LYONEL▲
Nein, nicht soll dich Arbeit quälen:
Singen sollst du, fröhlich sein,
Und zum Werk soll uns beseelen
Dein Gesang, so fromm und rein.
(bittend)
Sing ein Liedchen.
▼LADY▲
Ich weiss keins.
▼LYONEL▲
So ein Volkslied, recht für's Herz.
▼LADY▲
Kann's nicht!
▼LYONEL▲
(nimmt ihr den Strauss von der Brust)
Deinen Strauss, du Spröde, Für ein Lied!
▼LADY▲
So lasst den Scherz!
▼LYONEL▲
Nein! Ich will's!
▼LADY▲
Ihr wollt?
▼LYONEL▲
Ich bitte!
▼LADY▲
Nun - gehorchen ist ja Sitte!
Irisches Volkslied
▼LADY▲
Letzte Rose,
Wie magst du so einsam hier blühn?
Deine freundlichen Schwestern
Sind längst schon, längst dahin.
Keine Blüte haucht Balsam
Mit labendem Duft,
Keine Blättchen mehr flattern
In stürmischer Luft.
Warum blühst du so traurig
Im Garten allein?
Sollst im Tod mit den Schwestern
Vereinigt sein.
Drum pflück ich, o Rose,
Vom Stamme dich ab,
Sollst ruhn mir am Herzen
Und mit mir im Grab.
▼BEIDE▲
Sollst ruhn mir am Herzen
Und mit mir im Grab.
▼LYONEL▲
Martha!
▼LADY▲
Herr!
▼LYONEL▲
Lass mich dir sagen,
Was mit Zaubers Allgewalt
Vor dem Aug' ich sehe tagen,
Dass es bis zum Herzen strahlt!
Marthal
▼LADY▲
Lasst mich!
▼LYONEL▲
Seit der Stunde,
Da ich dich sah …
▼LADY▲
Lasst mich!
▼LYONEL▲
Martha!
▼LADY▲
Fort!
▼LYONEL▲
O bleib! Ach Martha, nimm zum frommen Bunde
Meine Hand. O sei mein Weib!
▼LADY▲
(beiseite)
Grosse Götter!
▼LYONEL▲
Dir zu Füssen!
▼LADY▲
(beiseite)
Fassung! Wie? Ihr kniet ja. Herr! -
Ach, da werd' ich lachen müssen! -
Ach, verzeiht! - Hahahaha!
▼LYONEL▲
Ich will dich zu mir erheben,
Will vergessen deinen Stand.
▼LADY▲
Mich erheben? Das ist's eben,
Was ich gar so lustig fand.
▼LYONEL▲
Sie lacht zu meinen Leiden,
Verhöhnt mein treues Herz.
Ihr Blick scheint sich zu weiden
An meinem heissen Schmerz.
Mein Los mit mir zu teilen,
Verschmäht ihr spröder Sinn.
Nichts kann die Wunde heilen -
Fahr hin, mein Glück, fahr hin!
▼LADY▲
(beiseite)
Wie jammert mich sein Leiden,
Ach, mich quält des Armen Schmerz.
Gar manche dürft' mich neiden
Um sein getreues Herz.
Sein Los mit mir zu teilen,
Erscheint ihm Hochgewinn.
Ach! Könnt' ich ihm enteilen,
Sonst ist sein Glück dahin.
▼LYONEL▲
Mein Los mit mir zu teilen … (usw.)
Nr. 9 - Szene und Notturno
(Die Vorigen, Plumkett, Nancy)
▼PLUMKETT▲
Warte nur! Das sollst du büssen.
Hält das Mädel sich versteckt
In der Küch', wo statt zu kochen
Sie mir Topf und Krug zerbrochen.
Suchen, tappen hab' ich müssen,
Bis ich sie zuletzt entdeckt.
▼NANCY▲
Lass mich los! Sonst werd' ich heftig,
Und hab' acht vor meiner Wut!
▼PLUMKETT▲
Alle Tausend, die scheint kräftig.
Bin dem Mädel wirklich gut.
▼NANCY▲
(zur Lady)
Martha!
▼PLUMKETT▲
Na, was fehlt euch beiden?
Steht ja so verhagelt dort.
Mag das Müssiggehn nicht leiden!
Marsch mit euch zur Ruhe - fort!
(Es schlägt Mitternacht.)
▼ALLE VIER▲
Mitternacht.
▼LYONEL▲
(zur Lady)
Schlafe wohl! Und mag dich reuen,
Was dein arger Hohn vollbracht!
O lass morgen mich erfreuen
Deiner Liebe - Gute Nacht!
▼NANCY▲
Bitter mussen wir bereuen,
Was im Leichtsinn wir vollbracht.
Ach! Wie sollte ich mich freuen,
Hiess es: Pachthof! Gute Nacht!
▼PLUMKETT▲
(zu Nancy)
Na, schlaf wohl! Und mag dich reuen,
Was du ungeschickt vollbracht!
Wer wird denn die Arbeit scheuen?
Wettermädel! - Gute Nacht!
▼LADY▲
Muss so bitter ich bereuen,
Was im Leichtsinn ich vollbracht?
Hier verletz' ich den Getreuen,
Dort die Sitte - Gute Nacht!
▼LYONEL▲
Schlafe wohl! Und mag dich reuen … usw.
(Plumkett schliesst die Mitteltür und geht mit Lyonel ab.)
Nr. 10 - Rezitativ, Terzettino und Finale
(Lady, Nancy, später Tristan)
▼LADY▲
Nancy!
▼NANCY▲
Lady!
▼LADY▲
Was nun weiter?
▼NANCY▲
Ja, was glaubt Ihr?
▼LADY▲
Was meinst du?
▼NANCY▲
Dunkle Nacht und kein Geleiter.
▼LADY▲
Und er schloss die Türe zu!
▼NANCY▲
Ach, ein Unglückstag war heute.
▼LADY▲
Und die Unglücksnacht brach an.
▼NANCY▲
Glücklich, dass so gut die Leute!
▼LADY▲
Fromm der Jüngling.
▼NANCY▲
Brav der Mann!
▼LADY▲
Wenn's die Fürstin jemals hört.
▼NANCY▲
Dann gibt's Sturm, den nichts beschwört.
▼LADY▲
Ach!
▼NANCY▲
Ja, ach!
(Tristan klopft von aussen an das Fenster.)
▼LADY▲
Was soll geschehn?
▼BEIDE▲
Grosse Götter!
▼LADY▲
(leise)
Hörst du - dort …
▼NANCY▲
Hören schwindet mir und Seh'n!
▼TRISTAN▲
(draussen)
Lady! Lady!
▼LADY▲
Tristan!
▼NANCY▲
Ach, der Lord!
(Sie öffnet das Fenster. Tristan steigt herein.)
▼LADY▲
(für sich)
Er wird schmähn, und ich
Verdiene seinen Zorn.
▼TRISTAN▲
Ha! Unerhört!
Lady, Lady und Cousine,
Ehrenfräulein!
▼NANCY▲
Ruhig! Stört Nicht die Schläfer in der Nähe!
▼LADY▲
Fort, ja, fort!
▼TRISTAN▲
Dass man uns nicht erspähe,
Liess ich meinen Wagen stehn
Fünfzig Schritte weit …
▼LADY▲
Lasst uns gehen.
▼ALLE DREI▲
Lasst uns gehn!
Fort von hinnen lasst uns eilen
Und entrinnen ohne Weilen,
Husch, husch, husch, sind wir hinaus.
Lebe wohl, du friedlich/niedres Haus.
(Tristan hilft den Damen zum Fenster hinaus. Man hört einen Wagen fortrollen. Plumkett und Lyonel kommen herein, später Knechte und Gesinde.)
▼PLUMKETT▲
Na, was soll das lange Schwärmen?
Könnt dann morgen nicht heraus.
Wagenrasseln? Welch ein Lärmen?
Ha! Das Fenster! Leute raus!
▼LYONEL▲
Sprich, was gibt's denn?
▼PLUMKETT▲
Diebe! Diebe!
(sich besinnend)
Halt! Die Mädchen!
(Er stürzt zur Kammer.)
Fort! - Entflohn!
▼LYONEL▲
Was, entflohn? Sie, die ich liebe?
▼PLUMKETT▲
Das ist meiner Sanftmut Lohn!
▼LYONEL▲
Fort, ihr nach! Es gilt mein Leben! Ihr nach!
(Er stürzt ab.)
▼PLUMKETT▲
Na! Mein Leben gilt's just nicht,
Doch ein Beispiel will ich geben,
Wie man straft verletzte Pflicht.
(Er läutet an der Glocke.)
He, ihr Leute! He! Ihr Leute!
▼EINIGE KNECHTE▲
(hereinstürzend)
Was bedeutet das Geläute?
▼PLUMKETT▲
Ein paar Mägde flohn ins Weite.
Ein Pfund Sterling, wer sie bringt.
▼DIE KNECHTE▲
Ein Pfund Sterling, wer sie bringt.
(Sie eilen ab.)
▼PLUMKETT▲
He! Ihr Leute! He! Ihr Leute!
▼ANDERE KNECHTE▲
Was bedeutet das Geläute?
▼PLUMKETT▲
Ein paar Mägde flohn ins Weite.
Zwei Pfund, wer zurück sie zwingt.
▼KNECHTE▲
Zwei Pfund, wer zurück sie zwingt.
(Sie stürmen davon.)
▼PLUMKETT▲
Ruhet nicht, bis sie gefunden!
Ihnen nach auf Feld und Flur!
Fang' ich sie, wird sie gebunden.
Hätt' ich sie fürs erste nur!
▼GESINDE▲
Ruhet nicht, bis sie gefunden!
Ihnen nach auf Feld und Flur!
Suchet sie, die hier verschwunden,
Suchet der Enteilten Spur.
ZWEITER AKT
Das Innere von Plumketts Pächterwohnung
Nr. 7 - Entre-Akt und Quartettino
PLUMKETT UND LYONEL
Nur näher, schöne Mädchen,
Wir sind an unserm Ziel !
LADY UND NANCY
O weh, wir armen Mädchen,
Wir büssen unser Spiel.
PLUMKETT UND LYONEL
Ihr seid in unserm Hause.
Jetzt ruht getrost euch aus!
LADY UND NANCY
Wir sind in ihrem Hause!
Ach, wären wir hinaus!
PLUMKETT UND LYONEL
Früh auf, wohl auf,
Dann schafft die Arbeit schon!
LADY UND NANCY
O weh! O weh!
Wer hilft uns nun davon?
Wie können wir entgehen
Den Ängsten, die uns drohn?
PLUMKETT UND LYONEL
Dann soll euch nicht entgehen
Der allerbeste Lohn.
LADY UND NANCY
Wie können wir entgehen
Den Ängsten, die uns drohn?
PLUMKETT
Mädels, dort ist eure Kammer.
LADY UND NANCY
wollen gehen
Gute Nacht!
PLUMKETT
Oho! Gefehlt!
Erst die Wirtschaft noch bestellt!
LADY UND NANCY
Ach! Wer hilft in unserm Jammer?
LYONEL
Sie sind müde, lass sie schlafen.
Willst du sie verziehen gleich?
NANCY
beiseite
Muss der Scherz so hart sich strafen?
PLUMKETT
Halt! Noch eins, wie nennt ihr euch?
LADY UND NANCY
Wir?
PLUMKETT
Nun freilich! Dumme Frage.
LADY
Martha heiss' ich.
LYONEL
zärtlich
Martha?
LADY
Ja.
PLUMKETT
zu Nancy
Na, und du?
NANCY
Was ich nur sage?
PLUMKETT
Weisst du's selbst nicht?
NANCY
zögernd
Ju-Ii-a!
PLUMKETT
Julia? Welch stolzer Name!
Julia, lass dich herab,
Julia, du grosse Dame,
Nimm mir Hut und Mantel ab.
Er gibt ihr beides.
NANCY
wirft beides zu Boden
Tut Ihr's selbst!
PLUMKETT
wütend
Ha! Alle Tausend!
LYONEL
Nicht so heftig, nicht so brausend!
Sprich doch sanft und mild wie ich,
Martha, nimm, ich bitte dich.
Er versucht, ihr den Hut zu geben, sie sieht ihn stolz an, er weicht erschrocken zurück.
LADY
Nein!
LYONEL UND PLUMKETT
Was soll ich dazu sagen?
Wie ist mir denn geschehn?
Nie hat man solch Betragen
Von einer Magd gesehn.
NANCY
Er weiss nicht, was zu sagen
Und bleibt verwundert stehn;
Hier gilt es nicht verzagen,
Sonst ist's um uns geschehn.
LADY
Er weiss nicht, was zu sagen
Und bleibt verwundert stehn;
Macht ihn mein Anblick zagen?
Erkennt er sein Vergehn?
Die Männer hängen die Mäntel an die Wand.
PLUMKETT
Na! Jetzt hurtig ohne Zaudern,
Holt das Spinnrad!
LADY
Spinnen, spinnen
NANCY
Spinnen wir
LYONEL
Nun ja, freilich!
PLUMKETT
Dienet ihr
In der Wirtschaft nur zum Plaudern?
LADY
lachend
Hahahaha! Spinnen!
NANCY
ebenso
Hahahaha! Spinnen!
PLUMKETT
nachahmend
Hahahaha! Spinnen! - Ei zum Blitz,
Seid ihr denn zu gar nichts nütz
Und wollt doch den Lohn gewinnen?
derb
Her die Räder!
LADY UND NANCY
eingeschüchtert
Ja, nur stille!
Sie holen die Spinnräder.
LYONEL
Sei doch sanft! - Du schreckst sie ja!
PLUMKETT
Schweig! - Jetzt spinnt!
Es ist mein Wille!
LADY
Kann's nicht!
NANCY
Kann's nicht!
LYONEL
verwundert
Wie?
PLUMKETT
verblüfft
Was? Ah!
derb
Setzt euch!
LADY UND NANCY
erschrocken
Jadoch!
Sie setzen sich.
PLUMKETT
Dreht das Rädchen! Schnurr, schnurr!
LADY UND NANCY
Will sich nicht drehn.
LYONEL
Zieht vom Flachs ein dünnes Fädchen!
Nur recht fein.
LADY UND NANCY
Es will nicht gehn.
LYONEL UND PLUMKETT
Drehet!
LADY UND NANCY
' s dreht nicht!
LYONEL UND PLUMKETT
Zieht!
LADY UND NANCY
Es geht nicht.
LYONEL UND PLUMKETT
Tretet!
LADY UND NANCY
Kann nicht!
LYONEL UND PLUMKETT
Geht's nicht?
LADY UND NANCY
Nein.
LYONEL UND PLUMKETT
belehrend
So! So!
LADY UND NANCY
Versteh's nicht.
LYONEL UND PLUMKETT
Ihr versteht's nicht?
LADY UND NANCY
Macht's uns vor!
LYONEL UND PLUMKETT
So muss es sein!
Sie setzen sich an die Spinnräder.
Immer munter dreht das Rädchen,
Auf und runter lasst das Brett.
Fein, ihr Mädchen, zieht das Fädchen,
Dass das Rädchen schnurrend dreht!
Schnurr, schnurr!
LADY UND NANCY
Nein, zu lustig, wie am Rädchen
Herkules bewegt das Brett.
Wie er zierlich zieht die Fädchen,
Dass im Schnurren fein sich's dreht.
LYONEL UND PLUMKETT
Seht ihr, seht ihr?
LADY UND NANCY
lachend
Ja doch, ja!
LYONEL UND PLUMKETT
Und versteht ihr?
LADY UND NANCY
Und versteht ihr?
ALLE VIER
lachend
Hahahaha!
LADY UND NANCY
Nein, zu lustig, wie am Rädchen … usw.
LYONEL UND PLUMKETT
Immer munter dreht das Rädchen … usw.
Nancy wirft lachend Plumketts Spinnrad zu Boden; Plumkett springt drohend auf. Nancy läuft erschrocken hinaus, Plumkett folgt ihr.
Nr. 8 - Duett und Volkslied
LADY
Nancy nacheilend
Nancy! Julia! Verweile! Wie? Sie lässt mich hier allein?
LYONEL
Bleib doch, Martha, so, in Eile? Ist dir bang?
LADY
Vor Euch? O nein!
beiseite
Blickt sein Auge doch so ehrlich,
Sein Betragen war so fein,
Dennoch scheint es mir gefährlich,
Hier mit ihm so ganz allein.
LYONEL
Mein' ich's doch so treu und ehrlich,
Lauter ist mein Herz und rein.
Dennoch klopft es unaufhörlich,
Bin ich mit ihr, mit ihr allein.
Nun! Ich will auch nimmer schelten,
Will nicht streng und herrisch sein.
Ja, dein Wille soll mir gelten.
LADY
sich umsehend
Ach, sie lässt mich hier allein.
LYONEL
Martha, lass mich dir's gestehen,
Seit dem ersten Augenblick,
Da ich, Holde, dich gesehen …
LADY
Und sie kommt auch nicht zurück.
LYONEL
Martha! Martha!
LADY
Er wird dreister.
LYONEL
Brav und redlich ist mein Sinn.
LADY
Ja, Ihr seid zu gut als Meister,
Ich zu schlecht zur Dienerin.
LYONEL
Du zu schlecht?
LADY
Nur müssig stehen,
Gaffen, singen mag ich gern.
Lasst die träge Magd drum gehen!
LYONEL
Nein, ich trüg's nicht, wärst du fern!
LADY
Herr!
LYONEL
Nein, nicht soll dich Arbeit quälen:
Singen sollst du, fröhlich sein,
Und zum Werk soll uns beseelen
Dein Gesang, so fromm und rein.
bittend
Sing ein Liedchen.
LADY
Ich weiss keins.
LYONEL
So ein Volkslied, recht für's Herz.
LADY
Kann's nicht!
LYONEL
nimmt ihr den Strauss von der Brust
Deinen Strauss, du Spröde, Für ein Lied!
LADY
So lasst den Scherz!
LYONEL
Nein! Ich will's!
LADY
Ihr wollt?
LYONEL
Ich bitte!
LADY
Nun - gehorchen ist ja Sitte!
Irisches Volkslied
LADY
Letzte Rose,
Wie magst du so einsam hier blühn?
Deine freundlichen Schwestern
Sind längst schon, längst dahin.
Keine Blüte haucht Balsam
Mit labendem Duft,
Keine Blättchen mehr flattern
In stürmischer Luft.
Warum blühst du so traurig
Im Garten allein?
Sollst im Tod mit den Schwestern
Vereinigt sein.
Drum pflück ich, o Rose,
Vom Stamme dich ab,
Sollst ruhn mir am Herzen
Und mit mir im Grab.
BEIDE
Sollst ruhn mir am Herzen
Und mit mir im Grab.
LYONEL
Martha!
LADY
Herr!
LYONEL
Lass mich dir sagen,
Was mit Zaubers Allgewalt
Vor dem Aug' ich sehe tagen,
Dass es bis zum Herzen strahlt!
Marthal
LADY
Lasst mich!
LYONEL
Seit der Stunde,
Da ich dich sah …
LADY
Lasst mich!
LYONEL
Martha!
LADY
Fort!
LYONEL
O bleib! Ach Martha, nimm zum frommen Bunde
Meine Hand. O sei mein Weib!
LADY
beiseite
Grosse Götter!
LYONEL
Dir zu Füssen!
LADY
beiseite
Fassung! Wie? Ihr kniet ja. Herr! -
Ach, da werd' ich lachen müssen! -
Ach, verzeiht! - Hahahaha!
LYONEL
Ich will dich zu mir erheben,
Will vergessen deinen Stand.
LADY
Mich erheben? Das ist's eben,
Was ich gar so lustig fand.
LYONEL
Sie lacht zu meinen Leiden,
Verhöhnt mein treues Herz.
Ihr Blick scheint sich zu weiden
An meinem heissen Schmerz.
Mein Los mit mir zu teilen,
Verschmäht ihr spröder Sinn.
Nichts kann die Wunde heilen -
Fahr hin, mein Glück, fahr hin!
LADY
beiseite
Wie jammert mich sein Leiden,
Ach, mich quält des Armen Schmerz.
Gar manche dürft' mich neiden
Um sein getreues Herz.
Sein Los mit mir zu teilen,
Erscheint ihm Hochgewinn.
Ach! Könnt' ich ihm enteilen,
Sonst ist sein Glück dahin.
LYONEL
Mein Los mit mir zu teilen … usw.
Nr. 9 - Szene und Notturno
Die Vorigen, Plumkett, Nancy
PLUMKETT
Warte nur! Das sollst du büssen.
Hält das Mädel sich versteckt
In der Küch', wo statt zu kochen
Sie mir Topf und Krug zerbrochen.
Suchen, tappen hab' ich müssen,
Bis ich sie zuletzt entdeckt.
NANCY
Lass mich los! Sonst werd' ich heftig,
Und hab' acht vor meiner Wut!
PLUMKETT
Alle Tausend, die scheint kräftig.
Bin dem Mädel wirklich gut.
NANCY
zur Lady
Martha!
PLUMKETT
Na, was fehlt euch beiden?
Steht ja so verhagelt dort.
Mag das Müssiggehn nicht leiden!
Marsch mit euch zur Ruhe - fort!
Es schlägt Mitternacht.
ALLE VIER
Mitternacht.
LYONEL
zur Lady
Schlafe wohl! Und mag dich reuen,
Was dein arger Hohn vollbracht!
O lass morgen mich erfreuen
Deiner Liebe - Gute Nacht!
NANCY
Bitter mussen wir bereuen,
Was im Leichtsinn wir vollbracht.
Ach! Wie sollte ich mich freuen,
Hiess es: Pachthof! Gute Nacht!
PLUMKETT
zu Nancy
Na, schlaf wohl! Und mag dich reuen,
Was du ungeschickt vollbracht!
Wer wird denn die Arbeit scheuen?
Wettermädel! - Gute Nacht!
LADY
Muss so bitter ich bereuen,
Was im Leichtsinn ich vollbracht?
Hier verletz' ich den Getreuen,
Dort die Sitte - Gute Nacht!
LYONEL
Schlafe wohl! Und mag dich reuen … usw.
Plumkett schliesst die Mitteltür und geht mit Lyonel ab.
Nr. 10 - Rezitativ, Terzettino und Finale
Lady, Nancy, später Tristan
LADY
Nancy!
NANCY
Lady!
LADY
Was nun weiter?
NANCY
Ja, was glaubt Ihr?
LADY
Was meinst du?
NANCY
Dunkle Nacht und kein Geleiter.
LADY
Und er schloss die Türe zu!
NANCY
Ach, ein Unglückstag war heute.
LADY
Und die Unglücksnacht brach an.
NANCY
Glücklich, dass so gut die Leute!
LADY
Fromm der Jüngling.
NANCY
Brav der Mann!
LADY
Wenn's die Fürstin jemals hört.
NANCY
Dann gibt's Sturm, den nichts beschwört.
LADY
Ach!
NANCY
Ja, ach!
Tristan klopft von aussen an das Fenster.
LADY
Was soll geschehn?
BEIDE
Grosse Götter!
LADY
leise
Hörst du - dort …
NANCY
Hören schwindet mir und Seh'n!
TRISTAN
draussen
Lady! Lady!
LADY
Tristan!
NANCY
Ach, der Lord!
Sie öffnet das Fenster. Tristan steigt herein.
LADY
für sich
Er wird schmähn, und ich
Verdiene seinen Zorn.
TRISTAN
Ha! Unerhört!
Lady, Lady und Cousine,
Ehrenfräulein!
NANCY
Ruhig! Stört Nicht die Schläfer in der Nähe!
LADY
Fort, ja, fort!
TRISTAN
Dass man uns nicht erspähe,
Liess ich meinen Wagen stehn
Fünfzig Schritte weit …
LADY
Lasst uns gehen.
ALLE DREI
Lasst uns gehn!
Fort von hinnen lasst uns eilen
Und entrinnen ohne Weilen,
Husch, husch, husch, sind wir hinaus.
Lebe wohl, du friedlich/niedres Haus.
Tristan hilft den Damen zum Fenster hinaus. Man hört einen Wagen fortrollen. Plumkett und Lyonel kommen herein, später Knechte und Gesinde.
PLUMKETT
Na, was soll das lange Schwärmen?
Könnt dann morgen nicht heraus.
Wagenrasseln? Welch ein Lärmen?
Ha! Das Fenster! Leute raus!
LYONEL
Sprich, was gibt's denn?
PLUMKETT
Diebe! Diebe!
sich besinnend
Halt! Die Mädchen!
Er stürzt zur Kammer.
Fort! - Entflohn!
LYONEL
Was, entflohn? Sie, die ich liebe?
PLUMKETT
Das ist meiner Sanftmut Lohn!
LYONEL
Fort, ihr nach! Es gilt mein Leben! Ihr nach!
Er stürzt ab.
PLUMKETT
Na! Mein Leben gilt's just nicht,
Doch ein Beispiel will ich geben,
Wie man straft verletzte Pflicht.
Er läutet an der Glocke.
He, ihr Leute! He! Ihr Leute!
EINIGE KNECHTE
hereinstürzend
Was bedeutet das Geläute?
PLUMKETT
Ein paar Mägde flohn ins Weite.
Ein Pfund Sterling, wer sie bringt.
DIE KNECHTE
Ein Pfund Sterling, wer sie bringt.
Sie eilen ab.
PLUMKETT
He! Ihr Leute! He! Ihr Leute!
ANDERE KNECHTE
Was bedeutet das Geläute?
PLUMKETT
Ein paar Mägde flohn ins Weite.
Zwei Pfund, wer zurück sie zwingt.
KNECHTE
Zwei Pfund, wer zurück sie zwingt.
Sie stürmen davon.
PLUMKETT
Ruhet nicht, bis sie gefunden!
Ihnen nach auf Feld und Flur!
Fang' ich sie, wird sie gebunden.
Hätt' ich sie fürs erste nur!
GESINDE
Ruhet nicht, bis sie gefunden!
Ihnen nach auf Feld und Flur!
Suchet sie, die hier verschwunden,
Suchet der Enteilten Spur.