ZWEITER AKT
Platz zwischen den Häusern von Lambertuccio und Lotteringhi
Nr. 8 - Introduktion
BOCCACCIO, PIETRO und LEONETTO
Beim Liebchen, beim Liebchen, da ist man gern zu zwein,
Beim Weine, beim Weine, da sitzt sich's gut zu drei'n!
Doch mutterseelenallein, das soll der Mensch nicht sein.
Immer in undici, dodici, tredici, larala lau rataplau!
BOCCACCIO
Beim Singen - da klingen vier Stimmen voll und rein;
Was drüber mag lieber als Chorus stimmen ein;
Doch mutterseelenallein, das soll der Mensch nicht sein!
Immer in undici, dodici, tredici, larala lau rataplau! -
PIETRO
Im Wirthans da drüben, ist delikat der Wein;
Nur eines ist schade: die Flaschen sind zu klein.
Mit einer ganz allein lass' ich mich drum nicht ein.
Immer zu undici, dodici, usw.
LEONETTO
Je mehr, desto besser! Das gilt bei Rauferei'n.
Im Regen von Schlägen pflegt's lustig zu sein.
Ein einz'lner Hieb allein ist jedenfalls gemein.
Aber zu undici, dodici - usw.
BOCCACCIO
Der erste der Menschen war anfangs ganz allein;
Kaum hatt' er ein Weibchen, da blieb's nicht lang bei zwei'n.
Die weitsten Länderein, sie wurden bald zu klein!
Immer zu undiei, dodici, - usw.
PIETRO
Wie ist zu beneiden der Muselehemann
Der sich alle Sorten von Weibern halten kann.
Je nach dem Kurs allein kauft er am Markt sie ein.
Immer zu undici, dodici, -- usw.
LEONETTO
Ein Geizhals, der sammelt Dukaten gern sich ein;
Für ihn scheint das Zählen die höchste Lust zu sein.
So zwei und drei allein, das würd' ihn wenig freun!
Aber zu undici, dodici - usw.
BOCCACCIO
Des Abends beim Brunnen, pflegt's lebhaft sehr zu sein,
Wenn Weibchen und Mädchen dort Neues tauschen ein.
Welch süsse Melodei'n, wenn durcheinander sie schrein
Immer zu undici, dodiei, - usw.
PIETRO
Mein Liebchen schwor heilig:,, Dich lieb' ich nur allein!
Ein andrer zieht nimmer ins Herzenskämmerlein!"
Doch teilten bald sich drein recht zahlreich die Partei'n
Immer zu undici, dodici, - usw.
ALLE DREI
Wenn jetzt wir verstummen, so müssen Sie verzeihn:
Zu End' sind die Strophen, und uns fällt nichts mehr ein.
Fürs nächste Mal allein, richt'n wir uns besser ein:
Immer zu undici, dodici -- usw.
Nr. 9 - Serenade
BOCCACCIO
vor Fiamettas Fenster
Ein Stern zu sein, wie würd' mich das beglücken!
Mit hellstem Schein würd' stets nach dir ich blicken!
PIETRO
vor Isabellens Fenster
Dein Schuh zu sein - o welches Hochentzücken!
Du solltest schrein - so wollt' ich dann dich drücken!
LEONETTO
vor Peronellas Fenster
Zum Fensterlein will ich recht gerne blicken,
Zu dir hinein - möcht' ich 'nen andern schicken!
ALLE DREI
O hör', was Liebe spricht, lass hier umsonst mich flehen nicht!
BOCCACCIO
zu Fiametta, die am Balkon erscheint
Wenn mein Sang zum Ohr dir dringt, dir im Herzen widerklingt,
Gib, o gib ein Zeichen mir, ob ich mich darf nahen dir!
PIETRO
zu Isabella, die am Fenster erscheint
's ist romantisch unbedingt, wenn bei Nacht man Ständchen bringt;
Du im Haus - ich vor der Tür - das gibt zwei Kapitel mir!
LEONETTO
zu Peronella, die am Fenster sichtbar wird
Wenn mein Sang zum Ohr dir dringt,
Fühlst du dich vielleicht verjüngt
Das könnt' gar nicht schaden dir -
wär' recht angenehm auch mir!
ALLE DREI
O hör', was Liebe spricht,
lass hier umsonst mich flehen nicht!
Nr. 10 - Fassbinderlied
LOTTERINGHI
Tagtäglich zankt mein Weib - das ist ihr Zeitvertreib.
Dann such' ich erst durch Singen zum Schweigen sie zu bringen:
Es zwingt mein Tralala zum Rückzug sie beinah!
Tralalala la la, oio ha, oio ha!
CHOR DER GESELLEN
Tralalala oio ha!
LOTTERINGHI
Keift sie dann weiter doch, hab' ich ein Mittel noch,
Das wirket ungleich besser: ich schlag' auf meine Fässer!
Wenn's da so hallt und knallt und schallt, weicht bald sie der Gewalt:
Bumti - rapata, bumti - rapata, bumti, bumti, bumpti, rapata!
GESELLEN mit LOTTERINGHI
Bumti rapata - usw.
Drum kann der Fassbinder nur allein ein glücklicher Eh'mann sein!
LOTTERINGHI
Triumph! Sie ist entfohn vor meines Hammers Ton!
Ich tat den Feind verjagen und in die Flucht ihn schlagen,
Drum klingt mein Tralala, jetzt wie Viktoria!
Tralalala la la, ob ha, oio ha!
GESELLEN
Tralala, la!
LOTTERINGHI
Schlag' ich da tüchtig drauf, kommt selbst mein Weib nicht auf.
Und wenn sie wiederkäme, mein Instrument ich nähme
Und musiziere fort, dann hör' ich gar kein Wort.
Bumti rapata, bumti rapata, bumti, bumti bumti, rapata!
GESELLEN und LOTTERINGHI
Bumti rapata - usw.
Drum kann der Fassbinder nur allein ein glücklicher Eh'mann sein.
Nr. 11 - Terzettino
FIAMETTA, ISABELLA und PERONELLA
jede für sich
Wie pocht mein Herz so ungestüm!
Das Briefehen hier, es kommt von ihm.
Will lesen nun hier ungesehn,
Was auf dem Blatt für mich mag stehn.
Walzer
ALLE DREI
Wonnevolle Kunde, neu belebend,
Bringen diese Zeilen, süss erhebend;
Unerwartet Glück! Geblendet ist der Blick!
Bald ist er hier - sagt dies Papier!
Heute noch will er verkleidet kommen;
Freudig klopft mein Herz und doch beklommen.
Darf's nicht zeigen - muss verschweigen,
Was die Brust erfüllt mit Lust!
Hier lese ich, dass er nur mich
Ewig will lieben; hier steht's geschrieben
Deutlich und klar, innig und wahr,
Hab' den Beweis ich schwarz auf weiss.
FIAMETTA
In leuchtendem Schein hell strahlen die Mienen;
Ist Glück Euch erschienen?
PERONELLA
Das könnte wohl sein!
ISABELLA
zu Fiametta
Auch Ihr, wie ich mein', seid freudig erregt
Und heftig beweget!
FIAMETTA
Das ist wohl nur Schein!
ISABELLA und PERONELLA
für sich
Es muss etwas sein!
FIAMETTA
für sich
Auf meiner Hut muss ich sein!
ISABELLA und PERONELLA
für sich
Nur vorsichtig sein!
ALLE DREI
Kaum berg' ich dies Glück für mich allein!
Wonnevolle Kunde, neu belebend,
Bringen diese Zeilen, süss erbebend! - usw.
Ja, die Stunde ist nah; sicher ist er bald da,
Er wird kommen ----- noch heut! Welche Seligkeit!
Nr. 12 - Couplet
PIETRO
Um die Spannung zu erhöhn, bleibt der Dichter der Novelle
Unvermutet gerne stehn bei der int'ressantsten Stelle.
Dieses oft gebrauchte Mittel --- abzubrechen ein Kapitel,
Darf auch mich nicht stören hier - gab sie's zu verstehn doch mir:
Die Fortsetzung folgt, ja, die Fortsetzung folgt.
Ein Roman fängt damit an, dass das Pärchen sich lernt kennen;
Kaum blickt er die Holde an, fühlt sie gleich ihr Herz entbrennen.
Längre Zeit vergeblich streiten sie mit tausend Schwierigkeiten,
Endlich kriegt das Paar sich doch, und natürlich heisst's dann noch:
Die Fortsetzung folgt.
Nr. 13 - Lied
BOCCACCIO
im Tone eines Bauerntölpels
So oft man mich nach "Neuem" fragt,
Hab' stets 'ne Dummheit ich gesagt.
Was ich auch red' und zähle her,
's ist alles gar nichts Neues mehr;
Dass abends man zu Bette geht
Und morgens nicht gern früh aufsteht,
Doch dann gleich Hunger spüret sehr,
Das ist Euch doch nichts Neues mehr.
Dass Wasser sehr gesund mag sein,
Doch besser schmeckt ein Gläschen Wein -
Wird oft davon der Kopf auch schwer -
Das ist doch Euch nichts Neues mehr.
Dass Ehemänner werden oft
Von Frau'n betrogen unverhofft,
Kommt nur ein Jüngerer daher,
Das ist doch Euch nichts Neues mehr?
Dass man nach holden Mädchen blickt,
Und oft sich stellt recht ungeschickt,
Weil gern in ihrer Näh' man wär',
Das ist doch auch nichts Neues mehr!
Doch wenn zu Euch ich komme heut
Und Ihr nicht wie die andern schreit:
Wo kommt denn dieser Dummkopf her?
Wahrhaftig, das -- was Neues wär'!
Nr. 14 - Finale
BOCCACCIO
leise zu Fiametta
Benützen wir den Augenblick,
Ich halte fest mein süsses Glück!
FIAMETTA
Ihr seid zu kühn!
BOCCACCIO
Nahe bei dir zu weilen, in trauter Zärtlichkeit -
Ist jetzt die köstlichste Gelegenheit!
FIAMETTA
Schweigt! Lasst mich! Ihr geht zu weit!
LAMBERTUCCIO
auf dem Baume
Ha! Welch Mirakel! Hi, hi, hi!
Jetzt schlingt er seinen Arm um sie -
Den eignen Augen glaub' ich kaum, o du verhexter Zauberbaum!
LOTTERINGHI
zu Isabella, welche Wein bringt
Schenk' ein und lade den Kavalier zum Trinken ein.
Zu Pietro
Schenk uns die Gnade zu versuchen diesen Wein!
ISABELLA
Schau indessen nach dem Fass!
LOTTERINGHI
Gar nicht nötig! Gut ist das!
ISABELLA
Hie und da fehlt's noch an Pech!
LOTTERINGHI
's ist so dicht, als wär's von Blech -
Wenn's aber muss sein, kriech' ich nochmals hinein.
er kriecht ins Fass
PIETRO
zärtlich zu Isabella
Wir sind allein - allein zu zwei'n -
Das trifft sich herrlich, trifft sich gut!
ISABELLA
auf das Fass deutend
Seid auf der Hut!
PIETRO
Nektar wird dieser Tropfen - kredenzest du ihn mir!
Dein Rosenmund bürgt mir dafür!
ISABELLA
Wie fein, wie zart - mein Prinz, Ihr schmeichelt mir.
LAMBERTUCCIO
Jetzt seh' ich gar ein zweites Paar.
LOTTERINGHI
im Fass
Ich seh' im Fasse nichts fürwahr!
Ensemble
FIAMETTA
Ach, umsonst mein Bemühn, den Zauber zu fliehn!
Umsonst, dass ich's verschweige. - Drum gesteh' ich offen heut:
Mein Herz gehört Euch schon lange Zeit!
Da ihr flehet so heiss, nun so nehmt als Beweis einen Kuss
Weil's denn durchaus sein muss! -
BOCCACCIO
Lasst doch dies Mühn -- Ihr könntet fliehn?!
Könntet wollen jetzt, dass ich schweige?
Laut gesteh' ich es heut, ich liebe Euch schon lange Zeit -
Ich fleh' - so heiss, gebt als Beweis einen Kuss - -
Welch ein Hochgenuss!
ISABELLA
Ach umsonst - mein Bemühn - ob ich auch schweige,
Mein Herz gehöret Euch schon lange Zeit,
Nun denn - so sei's, nehmt als Beweis diesen Kuss - -
Weil's denn durchaus sein muss!
PIETRO
Lasst doch dies Mühn! Ihr dürfet mir nicht entfliehn,
Dieses Herz gehört Euch schon lange Zeit.
Ich fleh' -- so heiss - gebt als Beweis einen Kuss - -
Oh, welch ein Hochgenuss!
LAMBERTUCCIO
Ein Hexenspuck ist das fürwahr,
Geherzt, geküsst wird Paar um Paar!
LOTTERINGHI
Nicht die kleinste Öffnung find' ich - nicht da - nicht dort,
Füllen kann man es sofort.
ISABELLA
Fast zuviel ist schon riskiert.
LOTTERINGHI
Alles fest, solid und dicht!
PIETRO
zu Lotteringhi
Alles gut mit Pech verschmieret?
LOTTERINGHI
Ich bemerke gar kein Licht!
Leonetto tritt auf
PERONELLA
Ihr wollt fliehen?
LEONETTO
Ich muss eilen!
PERONELLA
Ach, was kommt Euch in den Sinn?
LEONETTO
Kann nicht mehr weiten!
PERONELLA
Diese Eile ist auf Ehr' -- recht kurios!
LEONETTO
Bald kehr' ich wieder.
PERONELLA
Mein geliebter Freund, so kommst du mir nicht los!
LEONETTO
Lebt wohl für heut!
PERONELLA
Noch kurze Zeit!
LEONETTO
Mich ruft die Pflicht.
PERONELLA
Das glaub' ich nicht!
LAMBERTUCCIO
Das ist mein Weib! Mich täuscht kein Traum,
O du verflixter Teufelsbaum!
PERONELLA
Leonetto festhaltend
Dageblieben - Geliebter!
Ensemble
FIAMETTA
Ach, umsonst mein Bemühn -
Diesen Zauber zu fliehn - usw.
BOCCACCIO
Lasst doch dies Mühn,
Könntet wirklich Ihr fliehn - usw.
PERONELLA
Nein, ich lass' Euch noch nicht fort, Ihr dürft nicht fliehn,
Ach, zerstöret nicht die süssen Sympathien,
Wenn auch noch mit Schüchternheit,
Muss ich doch gestehen heut, dass mich rührt die Zärtlichkeit -
Nein, Ihr dürft mir nicht entfliehen -
Nein, ich lasse Euch nicht ziehen --- uns vereinen Sympathien
Oh, welche Seelenharmonien -!
Euch blüht dafür ein süsser Lohn durch diesen Kuss -
O süsser Hochgenuss!
LEONETTO
Welch Geschick! - Welch ein unverdientes Glück! -
Kann der Alten nicht entfliehn!
O welche Ironie - das nennt sie Sympathie!
Nun droht sie mir noch gar mit einem Kuss -
O süsser Hochgenuss!
ISABELLA
Ach, umsonst mein Bemühn, diesen Zauber zu fliehn - usw.
PIETRO
Ach, wie bin ich so froh! Die Novelle macht sich comme il faut!
's ist scharmant und int'ressant, zum Dichter wird man so!
Als Honorar empfang' ich bar einen Kuss -
O süsser Hochgenuss!
LOTTERINGHI
im Fass
Nicht eine Spalte und nicht einen Riss -
Solide Arbeit ist's gewiss! - Ich finde noch kein einzig Loch!
's gut verpicht, ringsum ist dicht der Verschluss! -
LAMBERTUCCIO
auf dem Baum
Ha, wie sie schnäbeln und girren süss!
G'rad wie das Pärchen im Paradies!
Mir scheint, der Baum ward okuliert,
Von dem der Sündenfall datiert - o Verdruss!
Ein Hexenspiel ist das fürwahr: jetzt küssen alle sich sogar!
FIAMETTA, ISABELLA, BOCCACCIO und PIETRO
Lebt wohl - da für heut zum Scheiden Zeit! Lebt wohl!
PERONELLA
Lebt wohl - kurze Zeit nur währt' die Freud'! - Lebt wohl!
LEONETTO
Lebt wohl, 's tut mir leid, doch jetzt wird's Zeit - lebt wohl!
LOTTERINGHI
Soviel ich mag spähen - kein Fehler zu sehen.
LAMBERTUCCIO
O du verhexter Teufelsbaum!
SCALZA
von aussen
Lambertuccio! Lotteringhi!
Hört, was Neues ich entdeckt': nur schnell heraus -
Boccaccio steckt in Eurem Haus!
ISABELLA
zu Pietro
Entfliehet! Leicht könnt' man Euch entdecken.
FIAMETTA
zu Boccaccio
Entfliehet! Ihr müsst Euch jetzt verstecken!
BOCCACCIO und PIETRO
Wo soll ich hin?
PERONELLA
zu Leonetto
O eilet!
LEONETTO
Wohin denn?
PERONELLA
Entflieht von diesem Ort!
LEONETTO
So komm' ich endlich fort!
SCALZA
von aussen
Lotteringhi! Lambertuccio! Wo steckt ihr!
LAMBERTUCCIO
herabsteigend
Hoch auf dem Baume hier!
LOTTERINGHI
herauskriechend
Ich tief im Fasse hier!
SCALZA
Lotteringhi! Lambertuccio! Macht doch auf!
LOTTERINGHI und LAMBERTUCCIO
öffnend
Wir sind schon beide da, -
Sprecht, o sprecht, was ist geschehn?
SCALZA
Unerhört! doch geschenkt wird ihm das nicht.
LOTTERINGHI und LAMBERTUCCIO
Ist's denn Wahrheit? Irrt Ihr nicht?
SCALZA
Denkt - Boccaccio, dieser Bube, steckt verkleidet hier im Haus,
Die Studenten in der Schenke schwatzten die Geschichte aus.
Selber hab' ich's dort vernommen und lief gleich zu euch hinaus.
LOTTERINGHI
's war vielleicht der Offizier!
SCALZA
Wahrscheinlich!
LAMBERTUCCIO
Jener Bauerntölpel hier!
SCALZA
Natürlich!
LOTTERINGHI
Ha, jetzt wird mir manches klar -
LAMBERTUCCIO
Alles wird mir offenbar!
LOTTERINGHI und LAMBERTUCCIO
Zu foppen wagte uns der Wicht -
Doch triumphieren soll er nicht!
SCALZA
Umzingelt ist das Haus heut kommt er uns nicht aus.
MÄNNERCHOR
hinter der Szene
Diesmal soll er sicher nicht entkommen!
LOTTERINGHI und LAMBERTUCCIO
aufhorchend
Was verkündet der Ton?
SCALZA
's sind unsre Freunde draussen; sie hielten gute Wacht!
MÄNNERCHOR
Packt ihn! Keine Rücksicht wird genommen!
LOTTERINGHI, LAMBERTUCCIO und SCALZA
Ja, sie haben ihn schon!
LAMBERTUCCIO
Die Rache triumphiert, er wird zurückgebracht!
CHOR
Vorwärts, dieses Sträuben kann nicht frommen!
LOTTERINGHI, LAMBERTUCCIO und SCALZA
Bringt ihn her, den Patron,
Er hat auf unsre Kosten jetzt lang genug gelacht!
MÄNNERCHOR
eintretend
Wart' nur, wir lehren dich erzählen,
Dein Lohn soll dir nicht fehlen,
Mit Püffen und Schlägen bezahlen wir dich!
UNBEKANNTER
So hört! Lasst ab! 'S ist nicht für mich!
LOTTERINGHI, SCALZA und CHOR
Nimm das, nimm das!
Für deinen Spinelloccio, schau' her!
Für deinen Zeppa und dergleichen mehr
Nimm hier nun bar dein wohlverdientes Honorar!
Für Buffalmacco, Calandrin, Torello. Carisendi, Saladin
Für jedes einz'ge Exemplar empfange blank und bar dein Honorar!
UNBEKANNTER
So wartet doch und schenket mir Gehör,
Ich darf nicht akzeptieren solche Ehr'!
Hört mich! Bemüht euch nicht!
Ihr werten Herren, glaubet mir,
Es herrscht ein Missverständnis hier!
Höret mich! Es ist nicht wahr!
Im Irrtum seid ihr ganz und gar -
Ich danke für solch Honorar!
FIAMETTA, ISABELLA, BEATRICE und PERONELLA
aus den Häusern kommend
Ha - ein Fremder ist's - ja, für Boccaccio hält man ihn;
Nun wird uns alles klar.
O haltet ein, ein Irrtum waltet hier fürwahr -
Boccaccio ist das nicht! -
Lasst ab, lasst ab, es ist nicht wahr!
LAMBERTUCCIO
erkennend
Haltet! 's ist ein Irrtum - seid bedacht!
Dieser Mann - schon halb geprügelt
Hat das Kostgeld mir - versiegelt -
Für Fiametta stets gebracht.
LOTTERINGHI, SCALZA und MÄNNERCHOR
Also nicht Boccaccio?
UNBEKANNTER
So heiss' ich nicht!
LOTTERINGHI, SCALZA und MÄNNERCHOR
Überhaupt kein Dichter?
UNBEKANNTER
Das weiss ich nicht!
LOTTERINGHI, SCALZA und MÄNNERCHOR
Nicht von dem Gelichter!
PERONELLA, BEATRICE, ISABELLA, STUDENTEN und FRAUEN
So endet doch die Fragerei!
Was führt Euch her? Gestehet frei!
ALLE
Gestehet es freit
UNBEKANNTER
ich bin hier nicht von ungefähr,
Mich führt ein höh'rer Auftrag her.
ALLE
ausser Fiametta
Höh'rer Auftrag! Das dachten wir uns gleich!
UNBEKANNTER
Fiametta, Euer Pflegekind,
Muss fort ich führen jetzt geschwind.
FIAMETTA
O mein Himmel! Vor Schrecken werd' ich bleich!
UNBEKANNTER
Die Sänfte ist für Euch bereit,
Sagt Lebewohl, es drängt die Zeit.
zu Lambertuccio
Ihr wisst, von wem ich abgesandt,
Drum denket nicht an Widerstand!
ALLE
Sie/Ich soll fort, von diesem Ort, und sogleich?
Ensemble
FIAMETTA
Wie, so plötzlich soll ich scheiden,
Soll noch heute die Heimat meiden?
Verlassen soll ich plötzlich hier, was teuer mir, --
Die Eltern, die Freunde - sie alle, und ihn, den Teuren,
Dem dies Herz für immer angehört,
Ihn wiedersehen ist mir auch verwehrt.
BEATRICE, ISABELLA, PERONELLA, LOTTERINGHI, LAMBERTUCCIO, SCALZA und CHOR
Wie, so schnell soll sie jetzt scheiden,
Was ihr lieb war, soll sie meiden?
Soll verlassen alle hier - die teuer ihr?
Das kam unerwartet, keiner hätte das gedacht.
Eltern, Freunde soll sie fliehen, heute noch, in dunkler Nacht
Muss sie fort von hier nun ziehen? Ei, wer hätte das gedacht?
BOCCACCIO, LEONETTO und PIETRO
Diesem Hause zu entfliehn,
Muss uns helfen jetzt die List.
Lasset uns versuchen kühn, ob das Glück uns günstig ist!
Fertig ist bereits der Plan, zu benützen ihren Wahn,
Fährt der Teufel hier heraus, fasst sie alle Schreck und Graus!
BOCCACCIO
Nur Fiametta soll zuvor vernehmen noch des Freundes Wort!
LEONETTO und PIETRO
Sei behutsam, sieh dich vor
Dass unerkannt wir kommen fort,
Sehr gefährlich ist der Ort, o wär'n wir fort!
BOCCACCIO
Bald helf' uns allen fort. - Nur noch ein Wort.
Seid nur bereit, bald ist es Zeit, nützt mit Geschick den Augenblick.
ALLE
So lebe wohl!
FIAMETTA
Lebt alle wohl!
BOCCACCIO
Bald hilft uns hier aus diesem Haus
Der Teufel in Person heraus!
FIAMETTA
Alle, alle lebet wohl!
ALLE ANDEREN
Alles sagt dir Lebewohl.
UNBEKANNTER
Die Sänfte vor und steiget ein,
Wir sollten längst schon ferne sein.
FIAMETTA
(sich weigernd)
Ach, kaum erträgt mein Herz
Der Trennung bittern Schmerz.
Nein, nein, ich kann nicht gehn!
für sich Ich soll so plötzlich gehn, ihn niemals wiedersehn.
laut Weh mir, was soll geschehn? O welch Geschick!
UNBEKANNTER
Nun folgt und fügt Euch dem Geschick,
Euch erwartet hohes Glück!
ALLE ANDEREN
Nur Mut! Denk' oft an uns zurück!
Leb' wohl, es blühe stets dein Glück!
BOCCACCIO
herangeschlichen
"Verzage nicht und habe acht:
Dein Freund ist nah - die Liebe wacht.
Wohin es immer sei - ich folge dir getreu!"
FIAMETTA
(für sich)
Was hör' ich? Er ist es!
Walzer
FIAMETTA
Wonnevolle Kunde, neu belebend,
Bringen diese Töne, süss erhebend.
Unerwartet Glück erhellet meinen Blick;
Ins Herz hinein - drang Sonnenschein!
FIAMETTA, BEATRICE, ISABELLA, PERONELLA
Süsser Trost ist plötzlich mir/ihr gekommen,
Freudig pocht das Herz und doch beklommen,
Darf's nicht zeigen. muss verschweigen,
Was die Brust erfüllt mit Lust!
Ein Augenblick hat mir/ihr das Glück -
Hat mir/ihr das Leben wiedergegeben!
Die Trauer flieht jetzt mein/ihr Gemüt!
Und Freude folgt dem Leide!
Gleich der Sonne strahlet Wonne, banges Leid fliehet weit.
Es lacht Seligkeit!
Noch hat das Leben mir/dir Freuden zu geben,
Es lacht frohes Hoffen nun heut erneut.
SOLISTEN und CHOR
Seht doch, hell strahlt ihr Aug' in Freude;
Fort mit dem Leide! - Glücklich, fröhlich sollst du sein!
Ein Augenblick hat ihr das Glück ----
Hat ihr das Leben wiedergegeben!
Die Trauer flieht, Tröstung durchzieht jetzt ihr Gemüt!
Und Freude folgt dem Leide! Gleich der Sonne strahlet Wonne,
Banges Leid fliehet weit, es lacht die Seligkeit!
Noch hat das Leben dir Freuden zu geben:
Es lacht frohes Hoffen nun heut erneut!
BOCCACCIO, LEONETTO und PIETRO
Habt acht! Bald soll's gesehehnl
Wartet noch, bis sie gehn! - Dann fort! -- Habt acht!
Mut gefasst! - Aufgepasst! - Nicht gezagt, frisch gewagt.
Es gelingt unbedingt! - Schrecken soll sie wecken!
Auf den Wahn ist gebaut unser Plan!
Schreien wir zu dreien immer dämonisch, doch möglichst harmonisch,
Das wird sie erschüttern mit Zagen und Zittern,
Sie werden 's nicht fassen, erblassen - und ziehen uns lassen.
Zählt auf die Feigheit, benützet mit Keckheit
Die Torheit, die gläubige Dummheit - seid Freunde bereit!
Boccaccio tritt in der Teufelsmaske in den Hof
BOCCACCIO, LEONETTO und PIETRO
Nieder mit euch! Aus dem Wege sogleich!
LOTTERINGHI, LAMBERTUCCIO, SCALZA, BEATRICE. ISABELLA, PERONELLA und CHOR
Der Satan! Erbarmen!
BOCCACCIO, LEONETTO und PIETRO
Sonst müsst zur Höll'
Allesamt ihr zur Stell'!
LOTTERINGHI, LAMBERTUCCIO, SCALZA, BEATRICE. ISABELLA, PERONELLA und CHOR
Verschonet die Armen!
BOCCACCIO, LEONETTO und PIETRO
Aus diesem Haus fährt der Teufel jetzt aus!
LOTTERINGHI, LAMBERTUCCIO, SCALZA, BEATRICE. ISABELLA, PERONELLA und CHOR
Ihr Heil'gen, o stehet uns bei!
Sie stürzen zu Boden
BOCCACCIO, LEONETTO, PIETRO und STUDENTEN
entfliehend
Juchhei!