Dritter Akt
Im Palais dar Hanna Glawari
Kurze Bühne, abgeschlossen von der Hinterbühne durch einen Gobelin. Links und rechts eine Karyatide im modernsten Sinn, nämlich je eine Dame in modernster Toilette, die in koketter Haltung den Saal zu stützen scheint.
Nr. 12b Zwischenspiel
ZETA
Also, also, also!
Wo sind die versprochenes Grisetten?
NJEGUS
Sie sind alle da, Exzellenz!
ZETA
Aber wo sind sie, wo?
NJEGUS
Pomali, Pomali, Excellenz.
Wie wir Pontevedriner zu sagen pflegen.
ZETA
Was ist denn das für eine Musik?
NJEGUS
Diese verführerischen Klänge erklingen aus dem Kabarett'l des Grisetterl, das ich hier im Palais der Frau Glawari mit Verlaub imitiert habe.
ZETA
Imitiert? Keine echten Grisettchen?
NJEGUS
Doch, alle echt, auch Frau Baronin…
ZETA
Meine Frau?
NJEGUS
Sie tut natürlich nur so!
ZETA
Ach so!
NJEGUS
Also los, Excellenz!
ZETA
Los!
Nr. 13 Tanz-Szene
Njegus drückt auf einen knopf; der Gobelin geht in die Höhe. Man sieht ein hochelegantes, übermodernes Cabaret-Restaurant. Tische, Sessel, intime Beleuchtungskörper auf den Tischen, mit verschiedenfarbigen Schirmen, in Gestellen Champagnerkübel. Rechts und links kleine logen. Im Fond läuft rechts und links Mitte eine breite Freitreppe, die vom l. Stock ins Parterre zu führen scheint. Zwischen diesen Treppen eine breite Loge, in welcher das Orchester plaziert ist. Rechts und links hinten je eine Tür mit Portieren.
Kromow, Pritschitsch, Bogdanowitsch an je einem Tisch mit je einer Dame; Kellner mit weißen Schürzen servieren. Her und Hin wie in einem derartigen Restaurant. Das auf der Bühne in der Loge unter der Treppe plazierte Orchester (5 Mann in roten Fräkken, einer dirigiert und geigt) spielt alle Nummern, mit Ausnhame des Duetts, mit Großer Cakewalk.
NJEGUS
Graf Danilowitsch…
DANILO
(erscheint auf der Galerie oben, überrascht)
Ja, was seh' ich?
Ja, wo bin ich denn hier?
(entzückt)
Ah!
(Er läßt sich von der Stimmung hinreißen, tanzt die Treppe hinunter und tanzt mit. Drei Damen kommen von rechts, drei von links hinten in feschesten Toiletten mit Hüten, dann ebenso Valencienne.)
Nr. 14 Chanson
VALENCIENNE, DIE GRISETTEN
Ja, wir sind es, die Grisetten,
von Pariser Kabaretten!
VALENCIENNE
(eine nach der anderen vorstellend)
Lolo! Dodo! Jou-jou! Frou-frou!
Clo-clo! Margot! Et moi!
Auf dem Boulevard am Abend,
Trippel-trapp und trippel-trapp,
da flanieren wir Grisetten
kokettierend auf und ab!
VALENCIENNE, DIE GRISETTEN
Trippel-trippel trippel trapp!
Trippel-trippel trippel-trapp!
Trippel-trippel trippel-trappel,
Trippel-trappel trippel-trapp!
VALENCIENNE
Und mit Goldlack-Halbstiefletten,
trippel-trippel trippel-trapp,
und mit Hüten, pschütt-koketten,
gehen wir dort auf und ab!
VALENCIENNE, DIE GRISETTEN
Ja, wir sind es, die Grisetten,
von Pariser Kabaretten!
VALENCIENNE
Lolo! Dodo! Jou-jou! Frou-frou!
Clo-clo! Margot! Et moi!
GRISETTEN
La, la, la…
VALENCIENNE
Ritantouri tantirette.
Eh voilà les belles grisettes!
Les grisettes de Paris.
Ritantouri tantiri!
VALENCIENNE, DIE GRISETTEN
Ritantouri tantirette.
Eh voilà les belles grisettes!
Les grisettes de Paris.
Ritantouri tantiri!
VALENCIENNE
Wie die Spinnen in ihr Netzchen,
Zippel-zippel zippel-zapp!
Sich die kleinen Falter fangen,
fangen wir die Männer, schwapp!
VALENCIENNE, DIE GRISETTEN
Zippel-zippel zippel-zapp,
zippel-zippel zippel-zapp,
zippel-zippel zippel-zappel,
zippel-zappel zippel-zapp!
VALENCIENNE
Lassen sie gern zippeln zappeln,
trippel-trippel trippel-trapp,
und dann geh'n wir wieder weiter
kokettierend auf und ab!
VALENCIENNE, DIE GRISETTEN
Ja, wir sind es, die Grisetten,
von Pariser Kabaretten!
VALENCIENNE
Lolo! Dodo! Jou-jou! Frou-frou!
Clo-clo! Margot! Er moi!
GRISETTEN
La, la, la, la…
VALENCIENNE, DIE GRISETTEN
Ritantouri tantirette.
Eh voilà les belles grisettes!
Les grisettes de Paris.
Ritantouri tantiri!
ALLE
Ritantouri tantirette.
Eh voilà les belles grisettes!
Les grisettes de Paris.
Ritantouri tantiri!
(Der Refrain wird nun von allen auf dr Bühne und in den Logen mitgejohlt, mitgepfiffen, mitgetanzt; dabei turbulentes Her un Hin im Saal, viele tanzen in geschlossener Kette die Treppen und die Galerie. Währenddessen hat Hanna den Saal betreten. Die Grisetten verlassen das Kabaret; ein Diener tritt auf.)
EIN DIENER
Exzellenz, Excellenz, Graf, eine Expreßdepesche!
(ab)
DANILO
(liest)
Wenn Glawari-Millionen nichtim Land verbleiben, dann droht Staatsbankrott
ZETA
Graf Danilowitsch! Ich muß an Ihren Patriotismus appellieren! Sie müssen ihr Herz erobern!
DANILO
Nun gut, ich werde sondieren, aber das eine sage ich Ihnen, wenn Hanna trotzdem den Rosillon ehelicht, dann gehe ich in ein Kloster!
ZETA
Bravo! Sie sind ein Patriot!
DANILO
In ein Nonnenkloster!
ZETA
Hahaha!
(Zeta zieht sich zurück; das Kabaret leert sich.)
DANILO
Gospodina!
HANNA
Ja!
DANILO
Ich und der Vaterland verbieten Ihnen,
daß Sie Rosillon heiraten!
HANNA
Ich heirate Herrn Rosillon…
DANILO
Wie?
HANNA
…nicht!
DANILO
Ja, aber das Rendezous im Pavillon!
HANNA
Ich habe kein Rendezvous mit Herrn Rosillon gehabt, sondern eine verheiratete Dame!
Um diese zu retten, habe ich mich vorgeschoben!
So ist's einmal und fertig!
DANILO
(ausser sich vor Freude)
Eine andere Dame! -
Und das sagen Sie mir erst jetzt?
HANNA
Und warum nicht jetzt erst?
DANILO
(will ehrlich sein)
Ja weil ich - weil…
(bricht ab)
HANNA
So machen Sie doch den Mund auf, oder fühlen Sie sich nur wohl, wenn Sie Grisetten um sich haben?
DANILO
Aber dort bin ich zu Hause…
HANNA
O, Sie sind…
DANILO
Was bin ich?…
O, du bist…
HANNA
Was bin ich?
DANILO
Sie sind…
Lippen schweigen,
's flüstern Geigen,
hab' mich lieb!
All die Schritte
sagen: bitte,
hab' mich lieb!
Jeder Druck der Hände
deutlich mir's beschrieb.
Er sagt klar: 's ist wahr, 's ist wahr,
Du hast mich lieb!
HANNA
Bei jedem Walzerschritt,
tanzt auch die Seele mit,
da hüpft des Herzchen klein,
es klopft und pocht: Sei mein, Sei mein!
Und der Mund, er spricht kein Wort,
doch tönt es fort und immerfort:
Ich hab' dich ja so lieb…
Ich hab' dich lieb!
HANNA, DANILO
Jeder Druck der Hände
deutlich mir's beschrieb.
Er sagt klar: 's ist wahr, 's ist wahr,
Du hast mich lieb!
(Hanna geht ab. Zeta, Kromow, Bodganowitsch, Pritschitsch, Valencienne mit den Grisetten, Njegus, Damen und Herren kommen zurück.)
ZETA
(zu Valencienne)
Valencienne, unsere lustige Witwe heiratet Herrn Rosillon nicht!
VALENCIENNE
Gott sei Dank!
ZETA
Denn er hat gar nicht mit ihr das
Rendezvous gehabt!
VALENCIENNE
Ah!
ZETA
Sie hat sich vorgeschoben für eine andere!
Aber für wen, Graf?
DANILO
Ja, für wen?
NJEGUS
(hält den Fächer in der Hand)
Exzellenz, Exzellenz, diesen Fächer,
man hat gefunden in Pavillon!
VALENCIENNE
(erschrickt für sich)
Da ist ja mein Fächer!
ZETA
Ah!
(zum Grafen)
Diesen Fächer habe ich ja
Ihnen gegeben, Graf!
DANILO
(sich betastend)
Ja, ja, ich habe ihn verloren…
ZETA
(lächelnd, vielsagend)
Im Pavillon!
Die Schrift meiner Frau…!
Ich liebe Dich.
VALENCIENNE
(für sich)
Ich bin verloren!
ZETA
Ah, jetzt ist mir alles klar!
Es war doch meine Frau!
(zu Valencienne)
Madame, ich lasse mich scheiden!
Bin schon geschieden!
HANNA
Meine Herren, da sind Sie ja!
ZETA
(auf Hanna zutretend)
Ah, Gospodina, ich bin frei! Ledig! Geschieden.
Und ich erlaub mir im Namen meines Vaterlandes, um Ihre Hand anzuhalten!
DANILO
(für sich)
Das ist ein sarkes Stück.
HANNA
Ihr Antrag ehrt mich - aber, ich muß Ihnen sagen, daß ich laut Testament meines seligen Mannes im Falle einer Wiederverheiratung das ganze Vermögen verliere -
ZETA
Verliere? Ich ziehe meinen Antrag wieder zurück.
DANILO
(aufjubelnd)
Hanna! Du hast dann kein Geld mehr?
HANNA
Nein, nix!
DANILO
Hanna, Ich liebe Dich, Sie!
Ich liebe Sie, Dich!
HANNA
Endlich!
ZETA
Er nimmt sie ohne Geld?
HANNA
(lächelnd)
Nicht so ganz! Denn im Testament meines Seligen Gatten heißt es, daß ich das Geld verliere, weil es in den Besitz meines Gatten übergehen muß!
DANILO
Was?
HANNA
So ist's einmal und fertig!
DANILO
Ich würde Dich jetzt auch heiraten, wenn Du doppelt viele Millionen hättest!
ZETA
(wütend)
Aber dieser Fächer! Valencienne!
VALENCIENNE
Lies doch, was ich darauf geschrieben habe!
ZETA
(liest)
Ich bin eine anständige Frau!
(zu Valencienne)
Verzeih', das hab' ich nicht gewußt!
(küsst ihre Hand)
Nr. 16 Schlußgesang
HANNA
Ja, das Studium der Weiber isf schwer.
KROMOW, BOGDANOWITSCH, PRITSCHITSCH UND HERREN
Ach die Weiber, diese Weiber!
ZETA
Nimmt uns Männer verteufelt auch her!
DANILO
Niemals kennt doch an Seele und Leib
man das Weib -
ALLE
Weib, Weib, Weib, Weib!
Mädchen zart, Gretchenart, blondes Haar,
mit dem treuesten Blauäugleinpaar!
Ob sie schwarz oder rot oder blond sind gefärbt,
's ist egal, man wird doch gegerbt.