DRITTER AKT
Erstes Bild
(Landstraße im Orient.Midas und Danae untereiner halb-dürrenPalmengruppe, wie erwachend)
▼DANAE▲
Geliebter! Freund!
▼MIDAS▲
Bei dir - bin ich!
▼DANAE▲
Wer - wer bist du?
▼MIDAS▲
Der dich liebt, Midas!
▼DANAE▲
Midas? Wo sind wir?
▼MIDAS▲
Auf einsamer Straße -
▼DANAE▲
Das goldne Gemach?
▼MIDAS▲
Verschwunden - alles!
▼DANAE▲
Neuer Zauber!
▼MIDAS▲
Welt, die wir erwählt.
▼DANAE▲
Wo ist das Kleid? Golden Gewand?
▼MIDAS▲
Vorbei das Kleid!
Armut nur!
▼DANAE▲
Was dort so leuchtet -
Ist es noch Gold?
▼MIDAS▲
Ein Stein, Danae -
Im Schein der Sonne!
▼DANAE▲
O Fluch des Fremden!
Erbarmungslosen!
(sie weint)
▼MIDAS▲
Zur fühllosen Säule
Warst du erstarrt -
▼DANAE▲
War es dein Kuß,
Der zur Säule mich machte?
▼MIDAS▲
Der Fluch war es,
Gabe des Goldes!
▼DANAE▲
(wie in tiefem Erinnern)
Chrysopher?
Bringer des Goldes!
Du -verflucht?
▼MIDAS▲
Fluch und Gold
Warf ich von mir!
▼DANAE▲
König dann
Von maßlosem Reichtum?
Ihm fast gleichend?
▼MIDAS▲
Höheres Glück
Tauschte ich ein!
Danae ist mir gefolgt!
▼DANAE▲
Liebe gab dir
Armut, Elend!
▼MIDAS▲
Doch Danae gab sie -
Freudiges Leben!
▼DANAE▲
Bleibt doch Geheimnis,
Wem ich gefolgt?
▼MIDAS▲
ln Syriens Glut
Trieb ein armer Junge
Den freuen Esel,
Sein einziges Gut!
Ein Alter im Burnus
Trot da zu mir:
Göttliches Auge
Bannte mich leuchtend,
Stimme umfing mich
Tief, voll Geheimnis:
Was an Reichtum nie
Ein Mensch besaß -
Midas, sei dein!
Dem Zauber lausche:
Was je du berührst -
Zur Lippe nur führst -
Hold oder unhold:
Werde zu Gold!
Dem König des Goldes
Bedang er das eine:
Tausch der Gestalt
Aufseinen Wink!
Seines Willens Geschöpf
An jedem Ort!
Bräch ich den Eid -
Zu Ende die Gabe!
So saß der Gott
An Midas Statt
Auf Lydiens Thron!
Erfaßt von deines
Bildes Zauber,
Sandt er den Werber,
Als Bringer des Goldes -
Als Chrysopher!
ln des Boten
Liebend Erinnern
Wob sich das Bild!
Herrlich erwuchs es
Zu deiner Schönheit,
Dein Blick erleuchtete
Meines Pfades Unheil!
Deines Auges Macht
Besiegte den Schwur!
Machte mich stark
Zu größtem Verzicht :
Stall Goldes Macht
Leuchtete Midas
Höherer Glanz:
Danaes Liebe!
▼DANAE▲
Als mit des Kleides
Glanz du gekommen -
Seltsam bewegt
Ward mein Herz -
Nicht vor der Gabe,
Nicht vor dem Reichtum -
Doch vor des Boten
Seligem Anblick!
▼MIDAS▲
(den Esel herbeiführend)
Hart ist der Weg,
Den wir nun wandeln!
▼DANAE▲
Gesegnet die Armut,
Die uns vereint!
Gesegnet das Schicksal,
Das wir erwählt!
▼MIDAS▲
Armselig reist Danae -
Von Liebe geführt.
(er hebt sie sanft auf den Esel)
▼BEIDE▲
So führ ich dich mit sanfter Hand
Ins neue, in der Liebe Land.
Nicht Gold ist's, was die Hand erfaßt,
Nur Sorge bleibt und Arbeitslast.
Nicht golden, irden ist der Krug -
Der Thron verschwunden, der uns trug -
Nicht Goldes Glanz den Weg erhellt:
Die Sonne leuchtet unserer Weh.
(Verwandlung)
Zweites Bild
(Wenn sich der Vorhang hebt, zeigt die Bühneeine südliche Waldlandschaft in den Bergen. Jupiter tritt auf, in tiefes Nachdenken versunken. Merkurhalb Gott, halb Spaßmacherder römischen Komödie, kommt aus denLüften herabgeflogen)
▼JUPITER▲
Du schon hier?
▼MERKUR▲
Pünktlich wie immer!
▼JUPITER▲
Zu Ende die Dienste!
Heimwärts kehr ich!
▼MERKUR▲
Danae wählte sich
Selbst den Gatten…
▼JUPITER▲
Wie? Ihr wißt schon?!
▼MERKUR▲
Bis zum Olymp
Ward dein Donner gehört! -
Als die Goldgewordene
Wählte - den Eseltreiber -:
Brach deines Donners Echo
Aus im hohen Olymp!
▼JUPITER▲
Neugierige,
Was habt ihr zu horchen?
▼MERKUR▲
Und erst zu loahen!
Es wälzte sich Ares!
Vulkan, im Trinken
Schallend verschluckt sich!
Es vergoß Ganymed
Lachend den Nektar -
Ja, aus deines
Wütens Gewitter
Schöpften diesmal
Statt wässrigen Regen -
Nektar die Menschen!
▼JUPITER▲
Frecher Spötter!
▼MERKUR▲
Ein feines lächeln
Stand um der Venus Mund!
▼JUPITER▲
Schweige! Doch sie -
Die Gattin - Juno?!
▼MERKUR▲
Ach, die würdige
Göttermutter -
Lachte am meisten!
Unter Tränen -
Tränen der Freude -
Schwor sie, denselben
Goldenen Tempel
Müsse sie haben:
Tempel der Treue,
Gottentreue!
▼JUPITER▲
Bittrer Hahn
Dem schwachenGotte!
▼MERKUR▲
Andern Gewitters Tosen
Im zerstörten Palast!
Verschwunden die Hoffnung
AufMidas!
Verschwunden die Werber!
Danae -entflohn!
▼JUPITER▲
So laß uns eilen!
Auf zum Olymp!
▼MERKUR▲
Geduld!
Aus dem wüsten Toben
Der Könige, Knechte -
Des ganzen Volkes
Der Insel Eos:
Sieh -vier schöne Frauen
Fanden den Weg zu dir!
▼JUPITER▲
Nicht mag ich sie sehen!
Neue Enttäuschung!
Fort, Merkur - faß mich!
▼MERKUR▲
(blickt durch die Bäume)
Ahnung lenkt sie!
Wie sie sich eilen!
Mit zarten Füßchen
Auf holprigen Wegen…
▼JUPITER▲
(unwillkürlich gleichfalls hinblickend)
Zarten Füßchen…?
Die dort so nochhinkt
Ist sicher Leda,
Des Schwanes Braut…
Leda - stärker…
Die wacker sich' müht:
Alkmene, zärtlich,
Zu zärtlich… immer.
Europa -
Semele -
(die vier Königinnen stehen vor ihm)
▼KÖNIGINNEN▲
Willkommen, Jupiter!
Nicht: Jupiter-Midas!
Jupiter - immer!
Für immer - dein!
▼JUPITER▲
(mürrisch)
Was wollt ihr wieder?
Was stört ihr den Einsamen?
Wer verriet euch
Des Gottes Weg?
▼KÖNIGINNEN▲
Um den zerschmetterten Saal
Schlich Merkur.
Er verriet uns
Des Freundes Weg!
▼JUPITER▲
Meine Ahnung!
Lügender Knecht! -
Ihr aber: nach Hause!
Eilt euch, eilt euch -
Sonst seht ihr wieder
Meines Blitzes Strahl!
▼ZWEIDER KÖNIGINNEN▲
Wie sehr er scherzt,
Der göttliche Freund!
Der alles mit List
Zum besten gefügt,
Uns herbeschieden
Zum Stelldichein!
▼JUPITER▲
Ich - euch beschieden?
▼DIE ANDERN ZWEI▲
Ganz göttlich war's,
Auf Danae, goldlüstern,
Verdacht zu lenken!
Sie einzuspinnen
ln goldenen Zauber,
ln trügenden Regen!
▼ZU VIERT▲
Und dann die Eitle,
Die auf Gold gehofft -
Mit dem falschen König
Gebührend zu lohnen!
Ein Eseltreiber! Haha!
▼JUPITER▲
(besinnt sich, geschmeichelt)
So seht ihr ihn wieder
ln neuer Jugend Glanz?
▼ZWEI DER KÖNIGINNEN▲
Nur wer sich wunschlos
Dem Gotte naht,
Nur wer bescheiden
Harrt der Umarmung,
Dankbar, zu Füßen -
Nur der darf hoffen
Auf höchsten Glanz!
▼DIE BEIDEN ANDERN▲
Nur wer gehorsam
Merkurs Befehlen,
Nur wer zufrieden
Auch mit den Gatten,
Die er uns pries
An Jupiters Statt:
Nur der darf hoffen
Auf höchsten Glanz!
▼JUPITER▲
(versöhnt)
So bleibt, ihr Schmeichler!
Du aber, Merkur Bist einmal du da,
Frecher Kuppler:
Sorg und rühr dich, Rüste den Tisch!
(Eine reichlich goldgedeckte Tafel steigt aus dem Boden empor)
▼DIE VIER KÖNIGINNEN▲
(nehmen Platz)
Schmausenden Gattinnen
Kann Juno nicht zürnen,
Geborgen sind wir
An Freundes Seite!
Nur Danae sann Übles -
Entschuldigt sind wir,
Ganz außer Verdacht!
(sie heben die Becher)
Den Wiedergekehrten Begrüßen wir,
Nicht die und jene -
Nein, alle vier!
(man stößt an)
▼JUPITER▲
(erwidert)
Den Wiedergekehrten
Beglückt aufs neu
Gedenken der Tage,
für immer vorbei!
▼DIE VIER KÖNIGINNEN▲
(unwerben ihn)
Nicht so! Geliebter, nicht so!
Mir diesen Trank!Mir! Mir!
▼LEDA▲
Wie kühl ergläntzt
Am Gebirge die Bucht!
Wie tauche ich gern
Ermattete Glieder
Ins spiegelnde Blau!
Da wendet ein Schwan
Vorsichtig äugend
Zur tiefen Grotte!
Wie weich sein Gefieder!
Wie friedlich er kost -
Der göttliche Schwan!
▼JUPITER▲
Mit mächtigen Schlägen
Aufflattert der Schwan!
Leb wohl, Leda, leb wohl!
▼SEMELE▲
Wie neugierig lugt ich
Nach der nächtig-dunklen
Gewitterwolke
Vor Thebens Toren!
Siehe - die Wolke -
Sie neigt sich herab!
Der Freund entsteigt ihr!
O könnt ich ihnEinmal erblicken
In wahrer Gestalt!
▼JUPITER▲
Begehre es nie!
Verflüchtigt die Wolke -
Aufschlägt der Blitz!
Semele, leb wohl!
▼ALKMENE▲
Wenn aber der Gatte
In rüstiger Feldschlacht -
Kehrst du mir wieder?
Bei Öllämpchens Schein
Blitzt mir dein Panzer
Ganz: wie der seine -
Amphitryon gleich?
▼JUPITER▲
Dir bleibt der Gatte!
Der Gott verläßt dich,
Alkmene, leb wohl!
▼EUROPA▲
Wie leuchtet die Flur!
Wie wohlig weidet
Der mächtige Stier!
Freundlich läßt er
Zum Spiele sich nieder,
Läßt auf den breiten
Rücken mich steigen!
Furchtbares Schnauben!
Rosender Ritt
Zu seligem Glück!
▼JUPITER▲
Leb wohl, Europa!
Weitab deines Weges
Steigt jetzt, der dich trug,
Der göttliche Stier!
▼KÖNIGINNEN▲
O scherze nicht, Freund!
Junger Geliebter!
(durcheinander)
Göttlicher Schwan!
Himmlische Wolke!
Umfasse mich wieder!
Kehrst du aufs neu
Bei der Öllampe Schimmer?
Der Stier - der Stier
Unter fröhlichen Blumen!
(sie suchen alleJupiter zu fassen)
▼JUPITER▲
(erhebt sich)
Ihr seht nur stets
Die eine Gestalt!
So bleibe sie euch,
Die einst dem Gott
Freude gewährt
Einer glücklichen Stunde!
Erinnerung - wahrt euch
An Wolke und Schwan,
An Amphitryon, an den Stier!
Seid glücklich!
Er aber - der Gott
Erträgt nicht Enttäuschung
Der letzten Gestalt,
Wo der heiße Wunsch
Ihm Erneuerung bot
Der schönsten Verwandlung,
Der letzten Liebe!
So nimmt er denn
Abschied von euch,
Abschied von der Erde,
Die er geliebt
ln jeder Gestalt,
Am meisten geliebt -
Als goldener Regen…
Lebt, Freundinnen, wohl…!
(Es ist blitzschnell dunkel geworden. Nur die GestaltJupiters leuchtet, von Merkur umfaßt)
▼KÖNIG POLLUX▲
(hinter der Szene)
Halt - halt! Da ist er!
▼GLÄUBIGER▲
(ebenso)
Den Schwindler gefaßt!
(König, vier Könige, Gläubiger und Volk stürzen auf die Bühne)
▼KÖNIG▲
Der Midas sich nannte -
Entflohn aus dem Haus!
▼VIER KÖNIGE▲
Mit unseren Frauen!
Endlose Schmach!
▼KÖNIG▲
Das Haus entzündet,
Verbrannt der Palast!
▼VIER KÖNIGE▲
Leda! Alkmene!
Ihr Ungetreuen!
(sie stürzen sich auf sie)
▼KÖNIG▲
Danae - geraubt!
▼VIER KÖNIGE▲
Semele! Europa!
Rechtfertigt euch!
▼KÖNIG▲
Zerrissen, armselig,
Einen Esel reitend
Ward Danae gesehen!
▼CHOR▲
Einen Esel reitend!
▼KÖNIG▲
Rechtfertige dich, Midas -
Wer sonst du auch seist!
Haltet den Schwindler!
▼GLÄUBIGER▲
(hängen sich an Jupiter)
Midas, bezahlen!
Enttäuschungen, Qualen,
Leere Gespinste,
Entgangne Gewinnste -
Bezahlen, bezahlen!
▼VIER KÖNIGE▲
Untreue, schamlos -
Sollt ihr bezahlen!
(sie fassen die Königinnen, mit ihnenschnell ab)
▼GLÄUBIGER▲
Midas! Bezahlen!
Versprechungen,Qualen!
Zu hunderten Malen:
Bezahlen! Bezahlen!
▼JUPITER▲
(sehr bedrängt)
So hilf, Merkur!
▼MERKUR▲
Größter der Götter!
Hier hilft nur eines,
Was tausendmal
Deiner schönen Welt
Geholfen: Geld!
(Jupiter macht eine beschwörende Geste. Goldmünzen fallen klirrend und blinkend in die Menge)
▼CHOR▲
Schwere Tropfen!
Klinge, klopfen!
Was nie geschah -
Wär heute da?
Mühloser Segen:
Goldener Regen!
Dicht und dichter -
Blitzende Lichter!
Glücklicher Ort:
Regne so fort!
Herrlich erschallt:
Midas - bezahlt!
(nach dem ersten Erstaunen derer, die Münzen auffangen, bricht die Mengein immer größeren Jubel aus, derallmählich in eine heitere Balgereiausklingt, während alles dem sichim Hintergrunde verlierenden Goldregennachläuft)
▼MERKUR▲
Köstlicher Spaß!
Wie sie sich balgen
Aus der Luft fangen
Das gelbe Metall!
War einer glücklich:
Entreißt's ihm der andre:
Und dem der dritte!
Wie viel vermag
Der hohe Olymp!
Gewährt die Freuden
Benebelt die Sinne
Mit einem Wink!
Wie glücklich bist du, Jupiterl
▼JUPITER▲
(heftig)
Schweige, Merkur…
(weicher)
Was hier gelang -
Eines Mädchens Sinn
Beugt es mir nicht.
Liebt ich sie auch
Mit Jupiters Macht!
▼MERKUR▲
Wer weiß, wer weiß?
Was nicht gelang
Im Königspalaste -
Vielleicht gelingt's
Der nagenden Zeit
ln des Eseltreibers
Niedrem Stall?!
Nimm noch nicht Abschied
Von aller Hoffnung!
▼JUPITER▲
Danae -Danae -
Die ich geliebt -
Als letzte geliebt -
Find ich nicht wieder!
▼MERKUR▲
Warum verzweifeln?
Blüht doch die Welt
Schöner als je!
Warte, Jupiter, warte!
Niemals sah ich,
Wo Geld gefehlt,
Menschen völlig im Glücke!
Warte, Jupiter, warte!
Danae erstarrt
Bis an den Hals -
Verzichtete leicht
Auf noch mehr Gold!
Danae, geliebt
Vom jungen Midas,
Verzichtet leicht
Auf ältliche Herren!
Doch wie erscheint
Beides ganz anders -
Freier und Gold -
Wenn Danae in Not
Und Midas mit ihr!
Warte, Jupiter, warte!
Nicht Goldregen sei
In stolzen Palästen -
Sei Jupiter
In niederer Hütte -
Dann blüht ihr die Welt
Noch schöner als je!
(Jupiter reicht ihm versöhnt, lächelnd dieHand)
Drites Bild
(Das Innere der Esel treiberhütte,mit großer Bescheidenheit,aber ordentlich gehalten. Großes Lager, niederer Tisch mit Sitzen, viel bunte Tücher, in der Art des Orients. Alter Teppich als Türe. Durch das offene Fenster, durch den Vorhang, überallherdringt helle Sonne)
▼DANAE▲
(allein)
Wie umgibst du mich mit Frieden,
Labst mir immer neu den Blick,
Trauter Raum, der mir beschieden:
Midas Hütte, Danaes Glück!
Krug, der oft uns Labung spendet,
Lager, ruhevoll und weich -
Niemand mehr Verwirrung sendet
Midas Hütte, Danaes Reich! -
Rätselvoll naht einst ein Fremder
Meinem schwankenden Sinn
Meiner dunklen Sehnsucht…
Hoher Tempel der Verheißung!
Drohung, Zorn in seinem Abschied!
Aus dem Fluche sproß mir Segen,
Als zu Midas ich gefunden!
Menschenlos umfing mich tröstlich -
Menschenglück -und doch unendlich,
Hob mich auf zu neuem Leben,
Hoffen, Liebe - überreich
Dem Genügsamen gegeben:
Midas Hütte, Danaes Reich!
▼JUPITER▲
(ist leise durch den Vorhang getreten. Er ist in einen schwerenBurnus gehüllt, wie Midasihn beschrieben hat.Leise:)
Danae…
▼DANAE▲
(faßt ihn ruhig ins Auge)
Wer bist du, Fremder?
▼JUPITER▲
Ist das die Hütte
Midas, des Eseltreibers?
▼DANAE▲
Sie ist es Herr…
▼JUPITER▲
Befohlen hab' ich
Den Diener hierher.
▼DANAE▲
Ins ferne Ispara
Ritt er voraus,
Vorzubereiten
Die Ankunft des Herrn!
▼JUPITER▲
So heißt es für mich
Im glühenden Sande
Heimwärts zu schreiten! -
Leb wohl, du Frau…
(er wendet sich zu gehen)
▼DANAE▲
Bleibt, Herr…
Der Tag wird heiß.
ln wenig Stunden
Kommt Midas wieder…
▼JUPITER▲
(setzt sich seufzend)
Midas!
▼DANAE▲
Seltsame Stimme -
Seltsames Auge -
▼JUPITER▲
Was scheint dir seltsam,
Seltsam an mir?
▼DANAE▲
Auf Syriens Straßen -
Dunkle Stimme -
Leuchtend Auge -
Ein Alter im Burnus -
▼JUPITER▲
(für sich)
Ein Alter! Das Ende!
▼DANAE▲
Den Midas beschrieb,
Der uns geflucht -
Dir glich er - dir!
▼JUPITER▲
Mehr Pilger ziehen
Auf Syriens Straßen.
▼DANAE▲
Willst du dich laben,
Fremder Mann,
Mit bescheidenem Tranke
Midas, des Eseltreibers?
▼JUPITER▲
Es segne dir's
Der größte der Götter,
Der Herr des Geschaffnen -
Wenn glücklich du. -
Gerne erblickt er
Der Menschen Freude,
Doch kräftiger lockt ihn
Drängender Zwiespalt.
Unerfüllt Sehnen
Dir im Herzen
Zög ihn noch mehr
Herbei, dich zu segnen!
▼DANAE▲
(sehr einfach)
Es trifft dein Segen
Friedlich Genügen,
Ruhige Herzen
In dieser Hütte -
Des Midas Glück.
▼JUPITER▲
(wiederholt sinnend)
Friedlich Genügen -
Des Midas Glück?
▼DANAE▲
Der Fremde im Burnus
Gab Midas Reichtum -
Gab ihm fluch!
Midas rettete
Uns in sein Glück!
▼JUPITER▲
Die Hütte seh ich
Des glücklichen Midas! -
Du erfüllst sie
Mit deinem Wesen,
Du mit Dasein,
Mit Atem des Glückes?
Doch Blühende du -
ln Armut, in Not…
▼DANAE▲
Dann sieh nur immer
ln diese Hütte!
Lobe dich fröhlich
An diesem Krug!
Sieh auch das einfache
Genügsame Lager -
Und sei getrost!
Siehe: Ich liebe!
▼JUPITER▲
(nicht stark, leise beschwörend)
Andre Nächte,
Längst vergangen…
Zarter Schimmer -
Flimmernd Leuchten!
War's nicht Glückes
Zärtlichste Ahnung,
Dies Umfassen,
Golden Leuchten!
Gedenke der Nächte, Danae!
▼DANAE▲
Jäh Erinnern!
Goldne Nächte…
Kühl Umfassen…
Wer war so mächtig,
Dies Sehnen zu regen?
▼JUPITER▲
Starker Arm,
ln Goldes Fall
Glühend Umarmen,
Mantels Schwung -
▼DANAE▲
(im dunklen Erinnern)
Goldener Blätterfall -
Selige Kühle,
Herrliches Zelt!
Starker Arm,
Aus größtem Leuchten
HerrlichesAug!
▼JUPITER▲
Trägt dich Erinnern,
Selige Danae:
Auge und Arm?
Dann auch ahnst du
Den, der dir nah…
▼DANAE▲
(nach kurzer Verwirrung)
Nein - nicht nah!
Weite Ferne schon!
Ein Freund schenkte -
Glück der Nächte,
Sehnen nach Gold!
Ein Gott versprach -
Göttliche Ehren,
Goldenen Tempel!
Ein Dämon -- schloß
Mit furchtbarem Fluch!
▼JUPITER▲
Nah das Auge!
Nah der Arm,
Wieder zu schenken
Goldes glückliche Last!
Dich fortzuheben
Aus niederer Hüte,
Zu heiterem Glanze,
Ewigem Glück!
▼DANAE▲
So bleibe der Ferne
Bei seinem Glanze,
Bei seinem Glück!
Siehe: Ich liebe!
▼JUPITER▲
(sehr bewegt)
Tief Geständnis!
Unverletzlich
Selbst dem Herrn
Goldenen Regens,
Selbst einem Gott!
ln seines Schaffens
Ewigem Übermaß
Ist er verschlossen! -
Doch sein ist Sehnen,
Hinab sich zu senken
Zu allem Geschaffnen,
Zu den Menschen!
Sich selbst zu vollenden,
Und auch ihr Glück!
▼DANAE▲
Ewige Pfade
Trennen sich - -
Trüber Nächte
Sehnsucht gestillt -
Der Unbekannte
Weitab von Menschen,
Von Danae, Midas:
Siehe: Ich liebe!
▼JUPITER▲
(sehr bewegt)
So ferne schon…
Du hörst mich nicht…
So lausche dem Auge,
Das du erkanntest,
Trotz trennender Pfade!
Dem Märchen lausche!
Der dir erglänzte -
Herr der Nächte -
(nach einer Pause ergriffenerErinnerung)
Maja - liebte er einst!
Die zarte, flüchtige;
Sie zu beschenken,
Sie zu beglücken,
Sie - zu gewinnen -
Ließ er sie… träumen
Von der Blumen herrlichen Pracht!
In des Traumes duftenden Zauber
Schenkte sie sich dem Gott!
Als in ihren Armen
Jupiter ruhte -
Übermächtig
Sproßte es da hervor
Aus der Erde Wüste:
Blumen und Blumen,
Ein bunter Teppich!
Dicht und dichter!
Mit des ersten Frühlings
Unendlichem Leuchten
Deckte sich da die Welt!
Aber sieh, du Frau:
Im holden Übermaß
Der duftenden Kelche -
Verschwand da Maya,
Geborgen von Blumen!
Arm blieb Jupiter,
ln des Geschenkes
Duftendem Reichtum!
Einsam zog er
Durch den blühenden Garten!
Jahr um Jahr,
Im Gedenken an Maja,
Blüht aufs neue
Die glückliche Erde -
Selig freut sich die Welt!
▼DANAE▲
Maja - war sein!
Jupiters Seligkeit!
Weiter blüht sie
In Schaffens Freude!
Weiterblüht
Maias Geschenk
Frühling um Frühling!
Was er Danae gespendet,
Gold blieb es,
Kaltes Gold!
Höher schien Danae
Süßes Verstehen,
Ewig Beglücken
Von Mensch zu Mensch!
Danae und Midas -
Siehe: sie lieben!
▼JUPITER▲
(zugleich. Aufgeregt)
Maja - war sein!
Des Gottes Seligkeit!
ln der Blumen Kelche
Schwand sie dem Gott,
Ließ ihn zurück,
Arm in Armut! -
Aber Danae
Erkannte den Gott,
Zurück wies sie
Strahlende Gabe!
O menschliches Glück!
Leicht wandelt ihr
Der Liebe Pfade,
Für Blumen und Gold
Tauscht menschliches Glück!
Arm nur der Gott!
(er wendet sich zu gehen)
▼DANAE▲
O wende dich nicht,
Gütiger Fremder,
Ohn ein Geschenk!
Sieh: die Spange!
In des Haares Tiefe
Barg sie sich heimlich!
Nimm denn Gold -
Von mir, von Danae!
Denn zum Glücke wurde
Des Mächtigen Flucht!
Betrachtend die Spange,
Gedenke der Spender,
Der Glücklichen beider,
Die - seine Liebe vereint!
Gedenke Danaes:
Dankbar preist sie
Der Götter Fügung,
Die aus der Nächte Dunkel
Zu der liebe Licht sie geführt!
▼JUPITER▲
(in die Betrachtung der Spangeversunken)
Auch dich schuf der Gott -
Dich auch schenkte der Gott -
Schmerzliche Gabe
Aus Menschenhand!
Menschenliebe: Göttergeschenk!
Menschenliebe:
Gefahr dem Gotte -
Nehm ich das Gold,
Das einst ihn verflocht
Mit Danaes und Midas Geschick?
Ist er gelöst
Aus eurem Kreise,
Wendet sich wieder
Zu himmlischen Höhen?
So wisse,Danae:
Mehr als dies Gold
Bindet den Gott
An eure Liebe!
Maja! Wie ihren holden Blumen
Unvergänglich ersprossen -
Bleibt ihr umfangen
Von der Erde Schönheit!
Mit erfrischendem Atem
Leuchten euch Morgen,
Seliger Wind
Spielt in euren Gärten,
Den nie verwelkenden -
Bis der strahlendeMittag
Auch noch die fernsten
Herrlich emporruft
ln ewiger Zeugung -
Aber in weiter Ferne zieht
Der große Ruhelose
ln den Abschied des Abends,
Er sieht noch einmal
Aus scheidender Wolke
Die er schuf, die Gärten -
Die er liebt, die Menschen --
Und des Gottes Auge
Leuchte euch milde,
Leuchte sein Segen,
sein Dank.
(Er geht rasch ab. Danae blickt ihm lange nach. Endlich wendet sie sich und geht langsam dem Herde zu. Da er tönt im Orchester die Weise des heimkehrenden Midas.Danaeruft freudig seinen Namen und eiltihmentgegen)
DRITTER AKT
Erstes Bild
(Landstraße im Orient.Midas und Danae untereiner halb-dürrenPalmengruppe, wie erwachend)
DANAE
Geliebter! Freund!
MIDAS
Bei dir - bin ich!
DANAE
Wer - wer bist du?
MIDAS
Der dich liebt, Midas!
DANAE
Midas? Wo sind wir?
MIDAS
Auf einsamer Straße -
DANAE
Das goldne Gemach?
MIDAS
Verschwunden - alles!
DANAE
Neuer Zauber!
MIDAS
Welt, die wir erwählt.
DANAE
Wo ist das Kleid? Golden Gewand?
MIDAS
Vorbei das Kleid!
Armut nur!
DANAE
Was dort so leuchtet -
Ist es noch Gold?
MIDAS
Ein Stein, Danae -
Im Schein der Sonne!
DANAE
O Fluch des Fremden!
Erbarmungslosen!
(sie weint)
MIDAS
Zur fühllosen Säule
Warst du erstarrt -
DANAE
War es dein Kuß,
Der zur Säule mich machte?
MIDAS
Der Fluch war es,
Gabe des Goldes!
DANAE
(wie in tiefem Erinnern)
Chrysopher?
Bringer des Goldes!
Du -verflucht?
MIDAS
Fluch und Gold
Warf ich von mir!
DANAE
König dann
Von maßlosem Reichtum?
Ihm fast gleichend?
MIDAS
Höheres Glück
Tauschte ich ein!
Danae ist mir gefolgt!
DANAE
Liebe gab dir
Armut, Elend!
MIDAS
Doch Danae gab sie -
Freudiges Leben!
DANAE
Bleibt doch Geheimnis,
Wem ich gefolgt?
MIDAS
ln Syriens Glut
Trieb ein armer Junge
Den freuen Esel,
Sein einziges Gut!
Ein Alter im Burnus
Trot da zu mir:
Göttliches Auge
Bannte mich leuchtend,
Stimme umfing mich
Tief, voll Geheimnis:
Was an Reichtum nie
Ein Mensch besaß -
Midas, sei dein!
Dem Zauber lausche:
Was je du berührst -
Zur Lippe nur führst -
Hold oder unhold:
Werde zu Gold!
Dem König des Goldes
Bedang er das eine:
Tausch der Gestalt
Aufseinen Wink!
Seines Willens Geschöpf
An jedem Ort!
Bräch ich den Eid -
Zu Ende die Gabe!
So saß der Gott
An Midas Statt
Auf Lydiens Thron!
Erfaßt von deines
Bildes Zauber,
Sandt er den Werber,
Als Bringer des Goldes -
Als Chrysopher!
ln des Boten
Liebend Erinnern
Wob sich das Bild!
Herrlich erwuchs es
Zu deiner Schönheit,
Dein Blick erleuchtete
Meines Pfades Unheil!
Deines Auges Macht
Besiegte den Schwur!
Machte mich stark
Zu größtem Verzicht :
Stall Goldes Macht
Leuchtete Midas
Höherer Glanz:
Danaes Liebe!
DANAE
Als mit des Kleides
Glanz du gekommen -
Seltsam bewegt
Ward mein Herz -
Nicht vor der Gabe,
Nicht vor dem Reichtum -
Doch vor des Boten
Seligem Anblick!
MIDAS
(den Esel herbeiführend)
Hart ist der Weg,
Den wir nun wandeln!
DANAE
Gesegnet die Armut,
Die uns vereint!
Gesegnet das Schicksal,
Das wir erwählt!
MIDAS
Armselig reist Danae -
Von Liebe geführt.
(er hebt sie sanft auf den Esel)
BEIDE
So führ ich dich mit sanfter Hand
Ins neue, in der Liebe Land.
Nicht Gold ist's, was die Hand erfaßt,
Nur Sorge bleibt und Arbeitslast.
Nicht golden, irden ist der Krug -
Der Thron verschwunden, der uns trug -
Nicht Goldes Glanz den Weg erhellt:
Die Sonne leuchtet unserer Weh.
(Verwandlung)
Zweites Bild
(Wenn sich der Vorhang hebt, zeigt die Bühneeine südliche Waldlandschaft in den Bergen. Jupiter tritt auf, in tiefes Nachdenken versunken. Merkurhalb Gott, halb Spaßmacherder römischen Komödie, kommt aus denLüften herabgeflogen)
JUPITER
Du schon hier?
MERKUR
Pünktlich wie immer!
JUPITER
Zu Ende die Dienste!
Heimwärts kehr ich!
MERKUR
Danae wählte sich
Selbst den Gatten…
JUPITER
Wie? Ihr wißt schon?!
MERKUR
Bis zum Olymp
Ward dein Donner gehört! -
Als die Goldgewordene
Wählte - den Eseltreiber -:
Brach deines Donners Echo
Aus im hohen Olymp!
JUPITER
Neugierige,
Was habt ihr zu horchen?
MERKUR
Und erst zu loahen!
Es wälzte sich Ares!
Vulkan, im Trinken
Schallend verschluckt sich!
Es vergoß Ganymed
Lachend den Nektar -
Ja, aus deines
Wütens Gewitter
Schöpften diesmal
Statt wässrigen Regen -
Nektar die Menschen!
JUPITER
Frecher Spötter!
MERKUR
Ein feines lächeln
Stand um der Venus Mund!
JUPITER
Schweige! Doch sie -
Die Gattin - Juno?!
MERKUR
Ach, die würdige
Göttermutter -
Lachte am meisten!
Unter Tränen -
Tränen der Freude -
Schwor sie, denselben
Goldenen Tempel
Müsse sie haben:
Tempel der Treue,
Gottentreue!
JUPITER
Bittrer Hahn
Dem schwachenGotte!
MERKUR
Andern Gewitters Tosen
Im zerstörten Palast!
Verschwunden die Hoffnung
AufMidas!
Verschwunden die Werber!
Danae -entflohn!
JUPITER
So laß uns eilen!
Auf zum Olymp!
MERKUR
Geduld!
Aus dem wüsten Toben
Der Könige, Knechte -
Des ganzen Volkes
Der Insel Eos:
Sieh -vier schöne Frauen
Fanden den Weg zu dir!
JUPITER
Nicht mag ich sie sehen!
Neue Enttäuschung!
Fort, Merkur - faß mich!
MERKUR
(blickt durch die Bäume)
Ahnung lenkt sie!
Wie sie sich eilen!
Mit zarten Füßchen
Auf holprigen Wegen…
JUPITER
(unwillkürlich gleichfalls hinblickend)
Zarten Füßchen…?
Die dort so nochhinkt
Ist sicher Leda,
Des Schwanes Braut…
Leda - stärker…
Die wacker sich' müht:
Alkmene, zärtlich,
Zu zärtlich… immer.
Europa -
Semele -
(die vier Königinnen stehen vor ihm)
KÖNIGINNEN
Willkommen, Jupiter!
Nicht: Jupiter-Midas!
Jupiter - immer!
Für immer - dein!
JUPITER
(mürrisch)
Was wollt ihr wieder?
Was stört ihr den Einsamen?
Wer verriet euch
Des Gottes Weg?
KÖNIGINNEN
Um den zerschmetterten Saal
Schlich Merkur.
Er verriet uns
Des Freundes Weg!
JUPITER
Meine Ahnung!
Lügender Knecht! -
Ihr aber: nach Hause!
Eilt euch, eilt euch -
Sonst seht ihr wieder
Meines Blitzes Strahl!
ZWEIDER KÖNIGINNEN
Wie sehr er scherzt,
Der göttliche Freund!
Der alles mit List
Zum besten gefügt,
Uns herbeschieden
Zum Stelldichein!
JUPITER
Ich - euch beschieden?
DIE ANDERN ZWEI
Ganz göttlich war's,
Auf Danae, goldlüstern,
Verdacht zu lenken!
Sie einzuspinnen
ln goldenen Zauber,
ln trügenden Regen!
ZU VIERT
Und dann die Eitle,
Die auf Gold gehofft -
Mit dem falschen König
Gebührend zu lohnen!
Ein Eseltreiber! Haha!
JUPITER
(besinnt sich, geschmeichelt)
So seht ihr ihn wieder
ln neuer Jugend Glanz?
ZWEI DER KÖNIGINNEN
Nur wer sich wunschlos
Dem Gotte naht,
Nur wer bescheiden
Harrt der Umarmung,
Dankbar, zu Füßen -
Nur der darf hoffen
Auf höchsten Glanz!
DIE BEIDEN ANDERN
Nur wer gehorsam
Merkurs Befehlen,
Nur wer zufrieden
Auch mit den Gatten,
Die er uns pries
An Jupiters Statt:
Nur der darf hoffen
Auf höchsten Glanz!
JUPITER
(versöhnt)
So bleibt, ihr Schmeichler!
Du aber, Merkur Bist einmal du da,
Frecher Kuppler:
Sorg und rühr dich, Rüste den Tisch!
(Eine reichlich goldgedeckte Tafel steigt aus dem Boden empor)
DIE VIER KÖNIGINNEN
(nehmen Platz)
Schmausenden Gattinnen
Kann Juno nicht zürnen,
Geborgen sind wir
An Freundes Seite!
Nur Danae sann Übles -
Entschuldigt sind wir,
Ganz außer Verdacht!
(sie heben die Becher)
Den Wiedergekehrten Begrüßen wir,
Nicht die und jene -
Nein, alle vier!
(man stößt an)
JUPITER
(erwidert)
Den Wiedergekehrten
Beglückt aufs neu
Gedenken der Tage,
für immer vorbei!
DIE VIER KÖNIGINNEN
(unwerben ihn)
Nicht so! Geliebter, nicht so!
Mir diesen Trank!Mir! Mir!
LEDA
Wie kühl ergläntzt
Am Gebirge die Bucht!
Wie tauche ich gern
Ermattete Glieder
Ins spiegelnde Blau!
Da wendet ein Schwan
Vorsichtig äugend
Zur tiefen Grotte!
Wie weich sein Gefieder!
Wie friedlich er kost -
Der göttliche Schwan!
JUPITER
Mit mächtigen Schlägen
Aufflattert der Schwan!
Leb wohl, Leda, leb wohl!
SEMELE
Wie neugierig lugt ich
Nach der nächtig-dunklen
Gewitterwolke
Vor Thebens Toren!
Siehe - die Wolke -
Sie neigt sich herab!
Der Freund entsteigt ihr!
O könnt ich ihnEinmal erblicken
In wahrer Gestalt!
JUPITER
Begehre es nie!
Verflüchtigt die Wolke -
Aufschlägt der Blitz!
Semele, leb wohl!
ALKMENE
Wenn aber der Gatte
In rüstiger Feldschlacht -
Kehrst du mir wieder?
Bei Öllämpchens Schein
Blitzt mir dein Panzer
Ganz: wie der seine -
Amphitryon gleich?
JUPITER
Dir bleibt der Gatte!
Der Gott verläßt dich,
Alkmene, leb wohl!
EUROPA
Wie leuchtet die Flur!
Wie wohlig weidet
Der mächtige Stier!
Freundlich läßt er
Zum Spiele sich nieder,
Läßt auf den breiten
Rücken mich steigen!
Furchtbares Schnauben!
Rosender Ritt
Zu seligem Glück!
JUPITER
Leb wohl, Europa!
Weitab deines Weges
Steigt jetzt, der dich trug,
Der göttliche Stier!
KÖNIGINNEN
O scherze nicht, Freund!
Junger Geliebter!
(durcheinander)
Göttlicher Schwan!
Himmlische Wolke!
Umfasse mich wieder!
Kehrst du aufs neu
Bei der Öllampe Schimmer?
Der Stier - der Stier
Unter fröhlichen Blumen!
(sie suchen alleJupiter zu fassen)
JUPITER
(erhebt sich)
Ihr seht nur stets
Die eine Gestalt!
So bleibe sie euch,
Die einst dem Gott
Freude gewährt
Einer glücklichen Stunde!
Erinnerung - wahrt euch
An Wolke und Schwan,
An Amphitryon, an den Stier!
Seid glücklich!
Er aber - der Gott
Erträgt nicht Enttäuschung
Der letzten Gestalt,
Wo der heiße Wunsch
Ihm Erneuerung bot
Der schönsten Verwandlung,
Der letzten Liebe!
So nimmt er denn
Abschied von euch,
Abschied von der Erde,
Die er geliebt
ln jeder Gestalt,
Am meisten geliebt -
Als goldener Regen…
Lebt, Freundinnen, wohl…!
(Es ist blitzschnell dunkel geworden. Nur die GestaltJupiters leuchtet, von Merkur umfaßt)
KÖNIG POLLUX
(hinter der Szene)
Halt - halt! Da ist er!
GLÄUBIGER
(ebenso)
Den Schwindler gefaßt!
(König, vier Könige, Gläubiger und Volk stürzen auf die Bühne)
KÖNIG
Der Midas sich nannte -
Entflohn aus dem Haus!
VIER KÖNIGE
Mit unseren Frauen!
Endlose Schmach!
KÖNIG
Das Haus entzündet,
Verbrannt der Palast!
VIER KÖNIGE
Leda! Alkmene!
Ihr Ungetreuen!
(sie stürzen sich auf sie)
KÖNIG
Danae - geraubt!
VIER KÖNIGE
Semele! Europa!
Rechtfertigt euch!
KÖNIG
Zerrissen, armselig,
Einen Esel reitend
Ward Danae gesehen!
CHOR
Einen Esel reitend!
KÖNIG
Rechtfertige dich, Midas -
Wer sonst du auch seist!
Haltet den Schwindler!
GLÄUBIGER
(hängen sich an Jupiter)
Midas, bezahlen!
Enttäuschungen, Qualen,
Leere Gespinste,
Entgangne Gewinnste -
Bezahlen, bezahlen!
VIER KÖNIGE
Untreue, schamlos -
Sollt ihr bezahlen!
(sie fassen die Königinnen, mit ihnenschnell ab)
GLÄUBIGER
Midas! Bezahlen!
Versprechungen,Qualen!
Zu hunderten Malen:
Bezahlen! Bezahlen!
JUPITER
(sehr bedrängt)
So hilf, Merkur!
MERKUR
Größter der Götter!
Hier hilft nur eines,
Was tausendmal
Deiner schönen Welt
Geholfen: Geld!
(Jupiter macht eine beschwörende Geste. Goldmünzen fallen klirrend und blinkend in die Menge)
CHOR
Schwere Tropfen!
Klinge, klopfen!
Was nie geschah -
Wär heute da?
Mühloser Segen:
Goldener Regen!
Dicht und dichter -
Blitzende Lichter!
Glücklicher Ort:
Regne so fort!
Herrlich erschallt:
Midas - bezahlt!
(nach dem ersten Erstaunen derer, die Münzen auffangen, bricht die Mengein immer größeren Jubel aus, derallmählich in eine heitere Balgereiausklingt, während alles dem sichim Hintergrunde verlierenden Goldregennachläuft)
MERKUR
Köstlicher Spaß!
Wie sie sich balgen
Aus der Luft fangen
Das gelbe Metall!
War einer glücklich:
Entreißt's ihm der andre:
Und dem der dritte!
Wie viel vermag
Der hohe Olymp!
Gewährt die Freuden
Benebelt die Sinne
Mit einem Wink!
Wie glücklich bist du, Jupiterl
JUPITER
(heftig)
Schweige, Merkur…
(weicher)
Was hier gelang -
Eines Mädchens Sinn
Beugt es mir nicht.
Liebt ich sie auch
Mit Jupiters Macht!
MERKUR
Wer weiß, wer weiß?
Was nicht gelang
Im Königspalaste -
Vielleicht gelingt's
Der nagenden Zeit
ln des Eseltreibers
Niedrem Stall?!
Nimm noch nicht Abschied
Von aller Hoffnung!
JUPITER
Danae -Danae -
Die ich geliebt -
Als letzte geliebt -
Find ich nicht wieder!
MERKUR
Warum verzweifeln?
Blüht doch die Welt
Schöner als je!
Warte, Jupiter, warte!
Niemals sah ich,
Wo Geld gefehlt,
Menschen völlig im Glücke!
Warte, Jupiter, warte!
Danae erstarrt
Bis an den Hals -
Verzichtete leicht
Auf noch mehr Gold!
Danae, geliebt
Vom jungen Midas,
Verzichtet leicht
Auf ältliche Herren!
Doch wie erscheint
Beides ganz anders -
Freier und Gold -
Wenn Danae in Not
Und Midas mit ihr!
Warte, Jupiter, warte!
Nicht Goldregen sei
In stolzen Palästen -
Sei Jupiter
In niederer Hütte -
Dann blüht ihr die Welt
Noch schöner als je!
(Jupiter reicht ihm versöhnt, lächelnd dieHand)
Drites Bild
(Das Innere der Esel treiberhütte,mit großer Bescheidenheit,aber ordentlich gehalten. Großes Lager, niederer Tisch mit Sitzen, viel bunte Tücher, in der Art des Orients. Alter Teppich als Türe. Durch das offene Fenster, durch den Vorhang, überallherdringt helle Sonne)
DANAE
(allein)
Wie umgibst du mich mit Frieden,
Labst mir immer neu den Blick,
Trauter Raum, der mir beschieden:
Midas Hütte, Danaes Glück!
Krug, der oft uns Labung spendet,
Lager, ruhevoll und weich -
Niemand mehr Verwirrung sendet
Midas Hütte, Danaes Reich! -
Rätselvoll naht einst ein Fremder
Meinem schwankenden Sinn
Meiner dunklen Sehnsucht…
Hoher Tempel der Verheißung!
Drohung, Zorn in seinem Abschied!
Aus dem Fluche sproß mir Segen,
Als zu Midas ich gefunden!
Menschenlos umfing mich tröstlich -
Menschenglück -und doch unendlich,
Hob mich auf zu neuem Leben,
Hoffen, Liebe - überreich
Dem Genügsamen gegeben:
Midas Hütte, Danaes Reich!
JUPITER
(ist leise durch den Vorhang getreten. Er ist in einen schwerenBurnus gehüllt, wie Midasihn beschrieben hat.Leise:)
Danae…
DANAE
(faßt ihn ruhig ins Auge)
Wer bist du, Fremder?
JUPITER
Ist das die Hütte
Midas, des Eseltreibers?
DANAE
Sie ist es Herr…
JUPITER
Befohlen hab' ich
Den Diener hierher.
DANAE
Ins ferne Ispara
Ritt er voraus,
Vorzubereiten
Die Ankunft des Herrn!
JUPITER
So heißt es für mich
Im glühenden Sande
Heimwärts zu schreiten! -
Leb wohl, du Frau…
(er wendet sich zu gehen)
DANAE
Bleibt, Herr…
Der Tag wird heiß.
ln wenig Stunden
Kommt Midas wieder…
JUPITER
(setzt sich seufzend)
Midas!
DANAE
Seltsame Stimme -
Seltsames Auge -
JUPITER
Was scheint dir seltsam,
Seltsam an mir?
DANAE
Auf Syriens Straßen -
Dunkle Stimme -
Leuchtend Auge -
Ein Alter im Burnus -
JUPITER
(für sich)
Ein Alter! Das Ende!
DANAE
Den Midas beschrieb,
Der uns geflucht -
Dir glich er - dir!
JUPITER
Mehr Pilger ziehen
Auf Syriens Straßen.
DANAE
Willst du dich laben,
Fremder Mann,
Mit bescheidenem Tranke
Midas, des Eseltreibers?
JUPITER
Es segne dir's
Der größte der Götter,
Der Herr des Geschaffnen -
Wenn glücklich du. -
Gerne erblickt er
Der Menschen Freude,
Doch kräftiger lockt ihn
Drängender Zwiespalt.
Unerfüllt Sehnen
Dir im Herzen
Zög ihn noch mehr
Herbei, dich zu segnen!
DANAE
(sehr einfach)
Es trifft dein Segen
Friedlich Genügen,
Ruhige Herzen
In dieser Hütte -
Des Midas Glück.
JUPITER
(wiederholt sinnend)
Friedlich Genügen -
Des Midas Glück?
DANAE
Der Fremde im Burnus
Gab Midas Reichtum -
Gab ihm fluch!
Midas rettete
Uns in sein Glück!
JUPITER
Die Hütte seh ich
Des glücklichen Midas! -
Du erfüllst sie
Mit deinem Wesen,
Du mit Dasein,
Mit Atem des Glückes?
Doch Blühende du -
ln Armut, in Not…
DANAE
Dann sieh nur immer
ln diese Hütte!
Lobe dich fröhlich
An diesem Krug!
Sieh auch das einfache
Genügsame Lager -
Und sei getrost!
Siehe: Ich liebe!
JUPITER
(nicht stark, leise beschwörend)
Andre Nächte,
Längst vergangen…
Zarter Schimmer -
Flimmernd Leuchten!
War's nicht Glückes
Zärtlichste Ahnung,
Dies Umfassen,
Golden Leuchten!
Gedenke der Nächte, Danae!
DANAE
Jäh Erinnern!
Goldne Nächte…
Kühl Umfassen…
Wer war so mächtig,
Dies Sehnen zu regen?
JUPITER
Starker Arm,
ln Goldes Fall
Glühend Umarmen,
Mantels Schwung -
DANAE
(im dunklen Erinnern)
Goldener Blätterfall -
Selige Kühle,
Herrliches Zelt!
Starker Arm,
Aus größtem Leuchten
HerrlichesAug!
JUPITER
Trägt dich Erinnern,
Selige Danae:
Auge und Arm?
Dann auch ahnst du
Den, der dir nah…
DANAE
(nach kurzer Verwirrung)
Nein - nicht nah!
Weite Ferne schon!
Ein Freund schenkte -
Glück der Nächte,
Sehnen nach Gold!
Ein Gott versprach -
Göttliche Ehren,
Goldenen Tempel!
Ein Dämon -- schloß
Mit furchtbarem Fluch!
JUPITER
Nah das Auge!
Nah der Arm,
Wieder zu schenken
Goldes glückliche Last!
Dich fortzuheben
Aus niederer Hüte,
Zu heiterem Glanze,
Ewigem Glück!
DANAE
So bleibe der Ferne
Bei seinem Glanze,
Bei seinem Glück!
Siehe: Ich liebe!
JUPITER
(sehr bewegt)
Tief Geständnis!
Unverletzlich
Selbst dem Herrn
Goldenen Regens,
Selbst einem Gott!
ln seines Schaffens
Ewigem Übermaß
Ist er verschlossen! -
Doch sein ist Sehnen,
Hinab sich zu senken
Zu allem Geschaffnen,
Zu den Menschen!
Sich selbst zu vollenden,
Und auch ihr Glück!
DANAE
Ewige Pfade
Trennen sich - -
Trüber Nächte
Sehnsucht gestillt -
Der Unbekannte
Weitab von Menschen,
Von Danae, Midas:
Siehe: Ich liebe!
JUPITER
(sehr bewegt)
So ferne schon…
Du hörst mich nicht…
So lausche dem Auge,
Das du erkanntest,
Trotz trennender Pfade!
Dem Märchen lausche!
Der dir erglänzte -
Herr der Nächte -
(nach einer Pause ergriffenerErinnerung)
Maja - liebte er einst!
Die zarte, flüchtige;
Sie zu beschenken,
Sie zu beglücken,
Sie - zu gewinnen -
Ließ er sie… träumen
Von der Blumen herrlichen Pracht!
In des Traumes duftenden Zauber
Schenkte sie sich dem Gott!
Als in ihren Armen
Jupiter ruhte -
Übermächtig
Sproßte es da hervor
Aus der Erde Wüste:
Blumen und Blumen,
Ein bunter Teppich!
Dicht und dichter!
Mit des ersten Frühlings
Unendlichem Leuchten
Deckte sich da die Welt!
Aber sieh, du Frau:
Im holden Übermaß
Der duftenden Kelche -
Verschwand da Maya,
Geborgen von Blumen!
Arm blieb Jupiter,
ln des Geschenkes
Duftendem Reichtum!
Einsam zog er
Durch den blühenden Garten!
Jahr um Jahr,
Im Gedenken an Maja,
Blüht aufs neue
Die glückliche Erde -
Selig freut sich die Welt!
DANAE
Maja - war sein!
Jupiters Seligkeit!
Weiter blüht sie
In Schaffens Freude!
Weiterblüht
Maias Geschenk
Frühling um Frühling!
Was er Danae gespendet,
Gold blieb es,
Kaltes Gold!
Höher schien Danae
Süßes Verstehen,
Ewig Beglücken
Von Mensch zu Mensch!
Danae und Midas -
Siehe: sie lieben!
JUPITER
(zugleich. Aufgeregt)
Maja - war sein!
Des Gottes Seligkeit!
ln der Blumen Kelche
Schwand sie dem Gott,
Ließ ihn zurück,
Arm in Armut! -
Aber Danae
Erkannte den Gott,
Zurück wies sie
Strahlende Gabe!
O menschliches Glück!
Leicht wandelt ihr
Der Liebe Pfade,
Für Blumen und Gold
Tauscht menschliches Glück!
Arm nur der Gott!
(er wendet sich zu gehen)
DANAE
O wende dich nicht,
Gütiger Fremder,
Ohn ein Geschenk!
Sieh: die Spange!
In des Haares Tiefe
Barg sie sich heimlich!
Nimm denn Gold -
Von mir, von Danae!
Denn zum Glücke wurde
Des Mächtigen Flucht!
Betrachtend die Spange,
Gedenke der Spender,
Der Glücklichen beider,
Die - seine Liebe vereint!
Gedenke Danaes:
Dankbar preist sie
Der Götter Fügung,
Die aus der Nächte Dunkel
Zu der liebe Licht sie geführt!
JUPITER
(in die Betrachtung der Spangeversunken)
Auch dich schuf der Gott -
Dich auch schenkte der Gott -
Schmerzliche Gabe
Aus Menschenhand!
Menschenliebe: Göttergeschenk!
Menschenliebe:
Gefahr dem Gotte -
Nehm ich das Gold,
Das einst ihn verflocht
Mit Danaes und Midas Geschick?
Ist er gelöst
Aus eurem Kreise,
Wendet sich wieder
Zu himmlischen Höhen?
So wisse,Danae:
Mehr als dies Gold
Bindet den Gott
An eure Liebe!
Maja! Wie ihren holden Blumen
Unvergänglich ersprossen -
Bleibt ihr umfangen
Von der Erde Schönheit!
Mit erfrischendem Atem
Leuchten euch Morgen,
Seliger Wind
Spielt in euren Gärten,
Den nie verwelkenden -
Bis der strahlendeMittag
Auch noch die fernsten
Herrlich emporruft
ln ewiger Zeugung -
Aber in weiter Ferne zieht
Der große Ruhelose
ln den Abschied des Abends,
Er sieht noch einmal
Aus scheidender Wolke
Die er schuf, die Gärten -
Die er liebt, die Menschen --
Und des Gottes Auge
Leuchte euch milde,
Leuchte sein Segen,
sein Dank.
(Er geht rasch ab. Danae blickt ihm lange nach. Endlich wendet sie sich und geht langsam dem Herde zu. Da er tönt im Orchester die Weise des heimkehrenden Midas.Danaeruft freudig seinen Namen und eiltihmentgegen)