ZWEITER AKT
Küche in der Mühle
Im Hintergrund befindet sich die Eingangstür des Hauses; seitlich, einige Stufen höher, die Tür des Schlafzimmers. Im Kamin glimmen noch die Kohlen
ERSTE SZENE
Frasquita und Lukas beim Abendbrot
FRASQUITA
Aber sage mir, mein Lukas:
Dass er mich in allem Ernste
zu gewinnen hoffen sollte -
Nein, ich kann es gar nicht fassen!
Mich, Frasquita, deine Gattin!
deine, deine!
LUKAS
Und warum nicht?
Ist er doch für seine Jahre
noch ganz leidlich wohlerhalten;
und nach ungefährer Schätzung
wölbt sein Rücken sich nicht höher
als der meine.
FRASQUITA
Fehlgeschossen!
Denn bei dir, als einz'ger Makel,
eine Brücke zu uns andern
unvollkomm'nen Wesen bildet
dieser Rücken sanft gewölbt.
Doch bei ihm als letzter Tropfen,
macht er überfliessen schon
schlechter Eigenschaften Mass.
LUKAS
ihr über den Tisch die Hand reichend
Du Gute!
FRASQUITA
aufstehend und ihn umarmend
Du Lieber!
LUKAS und FRASQUITA
gleichzeitig
In solchen Abendfeierstunden,
wie fühl ich innig unser Glück!
Frasquita (mein Lukas), dich hab ich gefunden,
Welch seliges Geschick!
Der erste Blick an jedem Morgen,
er sagt mir gleich: sie (er) ist bei mir.
Der letzte nach des Tages Sorgen,
Er sagt: ich bin bei ihr (dir).
So fliesst die Zeit an allen Tagen
von Lieb zu Liebe selig hin.
Frasquita, Liebste, (Mein Lukas, Liebster,) lass dir sagen,
wie ich so glücklich, so selig bin.
es pocht an der Eingangstür
LUKAS
Horch, was war das?
FRASQUITA
Jetzt zu dieser Zeit?
aufstehend
Soll ich öffnen?
LUKAS
sie zurückhaltend
Bleib!
geht zur Tür
Wer ist da?
STIMME
draussen
Die Obrigkeit.
LUKAS
Welche Obrigkeit?
STIMME
Des Ortes.
Öffnet ohne Widerstand!
LUKAS
durch ein verstecktes Guckloch spähend
Dass ich nicht dem Trunkenbold
Tonuelo öffnen sollt'!
öffnet
ZWEITE SZENE
Die Vorigen. Tonuelo, betrunken aber nicht heiter
TONUELO
Ein geschriebener Befehl -
Guten Abend, Tio Lukas.
Mit Verlaub setzt sich
Ich und der Herr Bürgermeister Schlucken
Der Herr Bürgermeister - Schlucken
LUKAS
Lieber Alter, gib nur her;
denn ich sehe, einer deiner
schwermutsvollen, schweren Räusche
hat dich wieder. Trink noch eins!
TONUELO
Bruderseele, Ehrenmann!
Jetzt ist keine Zeit dazu!
Musst mir folgen und sogleich!
LUKAS
Ich dir folgen? Wie? Und dir?
Ich -? Frasquita, leuchte mir!
ergreift das Schriftstück
Frasquita, die sich indessen seitwärts mit einem Gegenstande beschäftigt hat, wirft denselben aus der Hand und ergreift das Licht. Lukas erkennt in dem Gegenstande seine Donnerbüchse und nimmt Frasquita zärtlich beim Kinn
Du goldner Herzensschatz!
FRASQUITA
Lass das Blatt mit dir mich lesen!
Frasquita und Lukas lesen zusammen in dem Schriftstück
TONUELO
Lieber Müller, sei gescheit,
brauchst vor uns nicht zu erschrecken,
denn es pflegt die Obrigkeit
nur die Schuld'gen einzustecken.
Ja, vertraue auf mein Wort,
ohne Sorge darfst du kommen.
Wirst als bravster Mann im Ort,
wirst als Zeuge nur vernommen.
LUKAS
Gut, so sage dem Alkalden,
dass ich morgen kommen will.
TONUELO
O Beileibe - morgen! Heute,
jetzt sofort, gleich auf der Stelle,
hat der Herr mir eingeschärft!
FRASQUITA
Nun, dein Herr ist wohl von Sinnen?
Bist du selber bei Vernunft?
TONUELO
Was Vernunft! Gehört Vernunft sich
denn auch für die Obrigkeit?
Nur befehlen und gehorchen
gibt es, darum keinen Streit.
vertraulicher
Macht euch nicht so viel daraus!
Folgt mir jetzt, wenn ich befehle,
denn es geht um Brot und Stelle,
komm ich ohne euch nach Haus!
LUKAS
Was ist da zu tun? Verdammt!
FRASQUITA
Schlimme Dinge ahn' ich da.
LUKAS
Pah, ich geh in Gottes Namen!
FRASQUITA
Gehst du fort, so geh ich mit!
TONUELO
Weibervolk, das fehlte noch!
Dieser geht mit mir, ihr verbleibet hier,
also steht's geschrieben da auf dem Papier.
FRASQUITA
zu Lukas ungestüm
Aber ich? Was soll ich tun?
LUKAS
Sieh mich an, Frasquita -
fasst sie bei den Händen und sieht ihr in die Augen
Bleib!
FRASQUITA
senkt unmutig den Kopf, dann fällt sie ihm um den Hals
Ach, mein Lukas, geh! Doch halt!
zieht ihm den Mantel über die Schultern
Hüll dich ein, die Nacht ist kalt.
Lukas und Tonuelo ab
DRITTE SZENE
FRASQUITA
allein
Wache will ich halten, bis der Morgen graut.
geht zum Kamin und macht Feuer an
Flackerschein, ich blase
aus der Asche dich heraus.
Sprühe, sprühe, liebe Flamme!
Leuchte traulich durch das Haus.
nimmt den Kessel und hängt ihn über das Feuer
Brodeltopf, du alter,
sollst mir auch Gefährte sein.
Summe, summe, lieber Alter,
singe meine Sorgen ein.
setzt sich mit dem Spinnrocken neben den Kamin; dann hält sie inne und lässt den Kopf sinken
Hätt ich ihn doch überredet,
hier bis morgen zu behalten
diesen alten Trunkenbold!
beginnt wieder zu spinnen
Schleichen die bösen Gedanken
drohend dir um das Haus,
schliesse Fenster und Türen,
blicke nicht spähend hinaus.
Pocht die Bettlerin Hoffnung
aber schüchtern ans Tor,
O, da bereite dich gastlich,
öffne dein Herz und dein Ohr.
starrt vor sich hin und seufzt einige Male auf
Wenn sie schnellen Schrittes gehn,
haben sie des Weges Hälfte
jetzt beinahe hinter sich.
beginnt wieder zu spinnen seufzt tief auf. Dann steht sie auf und wirft unmutig den Spinnrocken fort
Auf Zamora geht der Feldzug,
auf die feste Stadt Zamora!
Zahllos ist das Heer der Krieger,
wohlbedacht des Feldherrn Plan.
Unterm Himmel jagen Wolken,
Wolken hingepeitscht vom Sturm,
und im sternenlosen Dunkel
dumpf und schweigend ruht die Stadt.
Doch am Ufer des Duero
waffenklirrend -
STIMME
von aussen, schreiend
Hilfe, Hilfe!
Ich ertrinke! O, Frasquita!
FRASQUITA
entsetzt
Das ist Lukas! Ja, ich komme!
stürzt zur Tür und öffnet
VIERTE SZENE
FRASQUITA, der CORREGIDOR, von Wasser triefend, hustend und atemlos
CORREGIDOR
Gott verzeihe mir! Ich glaubte
schon mein letztes Stündchen nah!
FRASQUITA
zurückweichend, mit Entrüstung
Ihr? Ihr? Was soll des sein?
Um diese Zeit? Was wollt ihr hier?
CORREGIDOR
Stille! Alles sollst du wissen.
Ach, beinah wär ich ertrunken!
In den Bach bin ich gefallen.
FRASQUITA
mit äusserster Heftigkeit
Nichts braucht ihr mir zu erklären,
ich versteh euch nur zu gut!
Kümmert's mich, wenn ihr ertrinkt?
O, welch eine Schändlichkeit!
mit gerungenen Händen herumirrend
Deshalb also, Lukas, deshalb!
O Lukas, mein Gatte!
So hab ich mit Prahlen
geschaffen dir töricht
den schlimmsten Rivalen.
Ich lachte und scherzte -
und du musst das Spiel bezahlen.
CORREGIDOR
der indessen seinen roten Mantel abgelegt, seine Rockschösse ausgewunden und seine Haare geordnet hat
Hör mein Kind!
FRASQUITA
ungestüm
Ich höre nichts!
Will von euch auch gar nichts hören!
Fort von hier und sogleich!
Sonst mit eignen Händen wieder
werfe in den Bach ich euch!
CORREGIDOR
schmeichelnd
Nur um deinen braven Mann,
den der Bürgermeister fälschlich
eingezogen, zu befrei'n,
kam ich her.
FRASQUITA
sich die Ohren zuhaltend
Ich will nichts hören!
Geht und lasst mich hier allein!
CORREGIDOR
Hören willst du nicht, Frasquita?
O, das kann dein Ernst nicht sein;
denn - war's heut nicht in der Laube,
dass du dort mich angelacht,
bis ein süsser Liebesglaube
mir im Herzen ward entfacht;
bis mich alten Mann gebunden
du an dich mit See!' und Leib,
bis geschlagen tiefe Wunden
du! - Und nur Zeitvertreib
war dir's? Spass, den du gemacht?
FRASQUITA
betreten
Unrecht war's und unbedacht!
CORREGIDOR
Darum sei gescheit, Frasquita,
setz ans Feuer dich zu mir,
denn mich friert bis in das Mark.
Frasquita in ihrer abweisenden Stellung verharrend
Willst nicht? O, ich weiss ein Mittel
dich zu locken, - sieh nur her!
Die Ernennung deines Neffen -
nun, was sagst du?
FRASQUITA
aufspringend und ihm das Blatt entreissend
Heil'ger Gott!
Die Ernennung meines Neffen
hat er wirklich mitgebracht!
O, was hat dies Ungeheuer,
dieser Tropf von mir gedacht!
CORREGIDOR
würdevoll
Du vergisst dich, gute Frau.
Ich bin der Corregidor!
FRASQUITA
Und wenn ihr der König wärt!
Schlechter Heuchler, Frevler, hört:
In die Stadt find ich hinein,
dort zum Bischof will ich - nein,
will zu eurer Gattin gehn!
CORREGIDOR
heftig
Nichts von alldem wird geschehn!
Denn ich werde dich erschiessen,
wenn du länger widerstehst.
Ja, bei Gott! Das werd ich tun.
zieht eine Taschenpistole
FRASQUITA
hat indessen rasch die Donnerbüchse hervorgeholt
Herr Corregidor, nicht übel!
Das Pistol in einer Hand,
In der andern die Ernennung -
Ei, das nenn ich doch galant.
die Büchse anlegend
Nun, wie denken euer Gnaden:
Ein Duell, wenn's euch gefällt?
CORREGIDOR
erschrocken hinter den Tisch flüchtend
Halt! Ich hab ja nicht geladen!
Halt! Um alles in der Welt!
Was könntest du im Zorn
für Unheil nicht verschulden!
Mein Drohn war ja nur Scherz,
und die Ernennung schenk ich
dir ganz umsonst, mein Herz.
FRASQUITA
Tragt sie nur wieder hübsch nach Haus;
für solche Gaben dank ich sehr.
Doch Zeit ist's, dass ihr euch entfernt,
denn länger duld ich euch nicht mehr.
CORREGIDOR
wankt und sinkt mit geschlossenen Augen zu Boden
Ach, die Nässe! Ach, der Schrecken!
Gott, ich sterbe! O, Frasquita!
Ruf Repela, rufe, rufe!
FRASQUITA
ihn an der Schulter rüttelnd
Solchen Flausen glaub ich nicht.
Herr im Himmel, das ist Wahrheit!
Welchen Satan hat der Alte denn Im Leibe!
läuft zur Tür und ruft hinaus
Höre mich, Repela hör'!
wieder zurückkommend
Und ich habe hirnverblendet
ihm selbst aufgemacht!
Wenn er nun hier sterben sollte,
wie stünd' ich dann vor den Leuten,
wie vor Lukas schimpflich da!
sprengt dem Corregidor Wasser ins Gesicht
FÜNFTE SZENE
Die Vorigen, Repela
FRASQUITA
auf den Corregidor zeigend
Da Repela, Spiessgeselle,
Helfershelfer solcher Strolche,
trage deinen Anteil hier.
REPELA
Stieg die Liebe ihm zu Kopfe?
Ist's ein Herzschlag, der ihn traf?
FRASQUITA
Schon mit einem Fuss im Grabe,
musst' er noch auf Liebe sinnen!
Hilf ihm! In die Stadt zum Arzte
will indess' ich eilends gehn.
geht beiseite und bindet ein Tuch über die Schultern
CORREGIDOR
zu sich kommend
Ach, Repela! Ach, ich sterbe!
REPELA
Ei, ihr werdet ja lebendig.
FRASQUITA
Ich entfliehe diesem Hause.
CORREGIDOR
In ein Bette bring mich schnell!
REPELA
in das Bette der Frasquita
kommt ihr also - ist's euch recht?
gibt doch Gott am liebsten Kuchen
dem, der nichts mehr essen kann!
CORREGIDOR
Trockne Wäsche, warme Tücher
mache mir sogleich zurecht.
Soll ich jemals noch genesen,
tüchtig schwitzen muss ich dann.
FRASQUITA
Zuflucht suche ich bei Lukas,
suche dort mein gutes Recht.
Sein Gefängnis teil ich gerne,
wenn ich glücklich hier entrann.
ab
SECHSTE SZENE
Die Vorigen, ohne Frasquita
CORREGIDOR
sich seines Oberrocks und seiner Weste entledigend
Vor dem Feue breit' indessen
meine Kleider aus.
REPELA
Herr, verzeiht, setzt euch die Liebe
denn so sehr in Schweiss?
CORREGIDOR
Lass die Spässe sein!
tu, wie ich dich heiss'!
In den Bach bin Ich gefallen,
ausgeglitten auf dem Steg.
Hörtest nicht mein Hilferufen?
REPELA
dem Corregidor die Schuhe ausziehend
Eine Kriegslist, dacht ich, wärs,
Kriegslist für die Müllerin.
CORREGIDOR
sich nach Frasquita umsehend
Wo versteckte sich Frasquita?
REPELA
Einen Arzt zu holen,
ging sie, glaub' ich, in die Stadt.
CORREGIDOR
aufspringend
Höll' und Teufel! Woher weisst du's?
REPELA
Herr, aus ihrem eignen Mund.
CORREGIDOR
Eile, lauf, Repela, fliege!
Nicht zum Arzt - zu meiner Frau
ist sie in die Stadt gegangen.
Gott, mein Gott, ich bin verloren'
Meine Ehre, meine Würde!
Eile, lauf, Repela, fliege!
Hol sie ein, komm ihr zuvor!
REPELA
mit einem prüfenden Blick auf seine Waden
Herr! Ihr seid ein Kenner. Haben
diese Wadenmuskeln Aussicht,
jene der Frasquita siegreich
auf der Rennbahn zu bestehn?
ab
CORREGIDOR
während er sich noch beim Feuer wärmt
"Herz, verzage nicht geschwind,
weil die Weiber Weiber sind!
Argwohn lehre dich sie kennen,
die sich lichte Sterne nennen
und wie Feuerfunken brennen.
Drum verzage nicht geschwind,
weil die Weiber Weiber sind.
Lass dir nicht den Sinn verwirren,
wenn sie süsse Weisen girren,
möchten dich mit Listen kirren,
machen dich mit Ränken blind,
weil die Weiber Weiber sind.
Sind einander stets im Bunde,
fechten tapfer mit dem Munde,
Wünschen, was versagt die Stunde,
bauen Schlösser in den Wind -
weil die Weiber Weiber sind.
Und so ist ihr Sinn verschroben,
dass sie, lobst du, was zu loben,
mit dem Mund dagegen toben,
ob ihr Herz auch Gleiches sinnt,
weil die Weiber Weiber sind."
nimmt das Licht vom Tisch und geht in das Schlafzimmer
Verwandlung - Zwischenspiel
Ein Zimmer im Hause des Alkalden Juan Lopez
SIEBENTE SZENE
Der ALKALDE Juan Lopez, PEDRO, sein Schreiber, die Magd MANUELA
ALKALDE
Manuela, Manuela, zum Henker!
Es ruft der gnädige Herr!
Manuela kommt
Was stehst und gaffst du an der Tür?
Siehst nicht? Die Gläser sind leer!
Du wirst im Dienst des Alkalden
ja täglich dümmer als dumm!
Schenk ein! Sonst mach ich dir Beine!
Ich schlage dich bucklig und krumm.
PEDRO
Schenk ein, du Blume von Castilien!
Schenk ein und sei gemütlich!
Schätzbar allein sind nicht nur Lilien,
auch braun ist appetitlich.
MANUELA
sich erwehrend
Ja, schenk ein! Du alter Weinschlauch!
Nicht ein Tropfen blieb im Krug,
und den Kellerschlüssel nahm
die Señora mit ins Bett.
ALKALDE
Zum Henker! Mit ins Bett?
Dann geh und hol ihn nur,
sonst - hol ich ihn mir selbst.
macht eine gebieterische Gebärde; Manuela geht verschüchtert ab
PEDRO
Ich und mein holdselig's Weibchen
trallalalira, trallala la,
Wir leben wie zärtliche Täubchen,
trallalalira, trallala la,
verbunden in seliger Harmonie,
wir küssen uns nur, wir prügeln uns nie,
trallalalira, trallala la!
ALKALDE
Hast schon ermittelt, welcher Bär
dem Müller aufzubinden wär?
PEDRO
Auf einen solchen breiten Rücken
ist leicht ein Bär hinaufzuschicken.
ACHTE SZENE
Die Vorigen, Lukas und Tonuelo
ALKALDE
sich hinter den Ohren kratzend
Guten Abend, wackrer Müller!
Wie geht's euch, und wie Frasquita?
Ist sie immer noch so schön?
Setzt euch nieder, ruht euch aus,
denn wir haben keine Eile.
LUKAS
Ja verflucht, wenn ich sie hätte!
es sich bequem machend
Dennoch möcht ich wissen gern,
was ihr wünscht, Senor Alkalde,
da ihr mich um diese Zeit
habt von Hause holen lassen.
TONUELO
gleichzeitig
Ja, er möchte wissen gern,
was ihr wünscht, Señor Alkalde.
Und mir scheint, um diese Zeit
ist nicht gut mit ihm zu spassen.
Manuela kommt mit dem Weinkrug
ALKALDE
Pedro, Sekretär, was war es?
Herr, wir haben euch benötigt
in Erfüllung unsrer Pflicht!
Trinkt ein Gläschen, Tio Lukas!
Da ihr hier seid, eilt es nicht.
PEDRO
gleichzeitig
Eifer habt ihr brav bestätigt
in Erfüllung eurer Pflicht!
Trinkt ein Gläschen, Tio Lukas!
Alles andere eilet nicht!
LUKAS
beiseite, gleichzeitig
Meine Ahnung ist bestätigt.
O, ich kenne eure Pflicht!
Doch ihr habt den Tio Lukas,
werte Herrn, noch lange nicht!
Gut denn, gebet mir ein Glas!
Herr Alkalde, euer Wohl!
nippt an dem Glas und reicht es dem Alkalden
ALKALDE
Auf das eure, werter Freund!
leert das Glas
Sage deiner Frau Manuela,
dass ein Bett für unsern Gast
in der Kammer -
LUKAS
ihn unterbrechend
Gott bewahre!
Sorget meinetwegen nicht.
Ich schlaf auch hier
wie ein Murmeltier.
ALKALDE
Nun, wie's euch beliebt.
LUKAS
Soll ich vorher ein Lied euch lehren,
wie man's in meiner Heimat singt?
Da aber heisst es trinken, trinken,
wie nur ein Navarrese trinkt.
ALKALDE
Lehr uns, wackrer Müller, lehre!
PEDRO
Heraus mit eurem Lied!
LUKAS
Manuela, flink, schenk ein!
Manuela macht ihm Zeichen, die er nicht beachtet
Und befolgt genau die Regel:
Bei dem Worte "spanischer Wein"
muss stets ausgetrunken sein!
ALKALDE, PEDRO und TONUELO
wiederholen
Bei dem Worte "spanischer Wein"
muss stets ausgetrunken sein!
LUKAS
Ich hab dich zum Beistand erwählt,
o, du guter, edler spanischer Wein!
In jeder Drangsal, die mich gequält,
o, du guter, edler spanischer. Wein!
Ist die Gesellschaft auch noch so schlecht,
o, du guter, du edler spanischer Wein!
Du tröstest mich, du bist ja echt,
o, du guter, du edler spanischer Wein!
Bist echt und stark, und deine Macht,
o, du guter, du edler, du süsser spanischer Wein!
Hat oft schon Narren zu Fall gebracht,
o, du guter, edler, süsser -
TONUELO
ihn unterbrechend
Schwerenot! Wieviele Zeilen,
Tio Lukas, hat das Lied?
LUKAS
Schwache bringen's nur auf dreizehn,
stärkere auf fünfundzwanzig!
ALKALDE
Tonuelo, Schwachkopf, schweige!
Unter fünfundzwanzig, Müller,
tuen wir's um keinen Preis.
LUKAS
Dann geb ich mich überwunden!
fürchterlich gähnend
Darf ich jetzt mich niederlegen?
ALKALDE
Zugestanden! Legt euch nieder,
überwundner Navarrese!
Canon
PEDRO, ALKALDE, MANUELA, TONUELO
Don Rodrigo, Don Rodrigo
geht um sieben Uhr zur Ruh.
Don Rodrigo, Don Rodrigo
deckt bis über's Ohr sich zu.
Don Rodrigo, Don Rodrigo
streckt sich aus und schnarcht im Nu.
Don Rodrigo, Don Rodrigo -
Gute Nacht, Schlafmütze Du!
Manuela hat wieder dem Lukas Zeichen gemacht, die dieser verächtlich nicht bemerken will. Alle ab
NEUNTE SZENE
LUKAS
allein
Sind sie gegangen? Sind sie nun fort?
Ha, die Schurken! Der verdammte,
angetrunkne alte Schuft!
Nächtlich her mich zu bescheiden,
um mit Wein mich zu bewirten.
O, es kann nichts klarer sein!
Indes ich ferne bin,
schleicht sich der Alte ein.
Frasquita - aber nein!
Dennoch, dennoch!
Gott mag wissen,
welche List die Liebestollheit
dem Corregidor verlieh!
Er lauscht
Alles ruhig!
schleicht vorsichtig zum Fenster, öffnet es behutsam und sieht hinaus
Bis zum Boden sieben Schuh,
Herr Alkalde, gute Ruh!
springt hinab; die Bühne bleibt einige Augenblicke leer
ZEHNTE SZENE
MANUELA
sich in der Dunkelheit vorwärtstastend
Tio Lukas, auf ein Wort!
Wenn ihr mir versprechen wollt,
mich in euren Dienst zu nehmen,
könnt' ich wicht'gen Wink euch geben.
In diesem Haus, o begreift,
wie bin ich Ärmste gefoltert!
Die Herrin schmälet und keift,
der Herr, er prügelt und poltert.
hat sich indessen der Bank genähert
Tio Lukas, hört ihr mich?
Tio Lukas!
tastet auf die Bank
Heil'ger Gott! Tio Lukas!
Er ist fort!
läuft zur Tür und ruft hinaus
Pedro, Tonuelo, Pedro!
Tio Lukas ist entsprungen.
zurückkommend
Mögen sie's dem Herrn berichten.
Backenstreiche, Rippenstösse
setzt es wieder ab!
ELFTE SZENE
Die Vorige, Pedro und Tonuelo
PEDRO
noch aus der Ferne, weinselig
Wenn dich einer küssen will,
liebes Schätzchen, bleibe still.
Schreie nicht durch's ganze Haus
dein Geheimnis eilig aus.
erscheint auf der Szene
Liebes Schätzchen, schweige still,
wenn dich einer küssen will.
Schreie nicht -
MANUELA
ihn unterbrechend
Du verliebter Esel, höre:
Tio Lukas, er ist fort!
PEDRO und TONUELO
einander erstaunt ansehend
Er ist fort?
PEDRO
Dieser Casus ist verdriesslich!
TONUELO
Hol ihn dieser oder jener,
diesen Casus Tio Lukas!
MANUELA
Also auf, ihr beiden Helden!
Setzt dem Flüchtling schleunig nach!
Doch es erst dem Herrn zu melden,
geht hinauf ins Schlafgemach.
PEDRO
Diese Nachricht soll ich melden?
Gott bewahr mich armen Mann!
Das ist eine Tat für Helden,
Tonuelo, geh voran!
TONUELO
gleichzeitig
Diese Nachricht soil ich melden?
Gott bewahr mich armen Mann!
Das ist eine Tat für Helden,
tapfrer Pedro, geh voran!
MANUELA
gleichzeitig
Also auf, ihr beiden Helden!.
Tonuelo, sei ein Mann!
Diese Nachricht sollt ihr melden!
Tapfrer Pedro, geh voran!
PEDRO und TONUELO
Diese Nachricht soll ich melden?
Gott bewahr mich armen Mann!
Das ist eine Tat für Helden,
Manuela, geh voran!
MANUELA
gleichzeitig
Auf, ihr Helden! Auf, zu melden!
Geht voran! Ich folge dann!
GESINDE
des Alkalden, das sich inzwischen eingefunden hat
Auf, ihr Helden! Auf, zu melden!
Geht voran! Wir folgen dann!
während sie sich gegenseitig vorzuschieben suchen, fällt der Vorhang