ERSTER AKT
1. Szene: Moses Berufung
MOSES
Einziger, ewiger, allgegenwärtiger,
unsichtbarer und unvorstellbarer Gott…!
DIE STIMME AUS DEM DORNBUSCH
(Chor; 6 Solostimmen)
Lege die Schuhe ab;
bist weit genug gegangen;
du stehst auf heiligem Boden;
nun verkünde!
MOSES
Gott meiner Väter, Gott Abrahams,
Isaaks und Jakobs, der du ihren Gedanken
in mir wiedererweckt hast, mein Gott,
nötige mich nicht, ihn zu verkünden.
Ich bin alt;
laß mich in Ruhe meine Schafe weiden…!
DIE STIMME
Du hast die Greuel gesehn,
die Wahrheit erkannt:
so kannst du nicht anders mehr:
Du mußt dein Volk daraus befrein!
MOSES
Wer bin ich, mich der Macht der Blindheit
entgegenzustellen?
DIE STIMME
Dem einzigen Gott verbunden,
mit dir einig:
mit Pharao entzweit!
MOSES
Was bezeugt dem Volk meinen Auftrag?
DIE STIMME
Des Einzigen Name!
Der Ewige will es befrein, daß es nicht
mehr Vergänglichem diene.
MOSES
Niemand wird mir glauben!
DIE STIMME
Vor ihren Ohren wirst du Wunder tun
ihre Augen werden sie anerkennen:
von deinem Stab werden sie hören
deine Klugheit bewundern;
von deiner Hand
an deine Kraft glauben,
vom Wasser des Nil
fühlen, was ihrem Blut befohlen.
MOSES
Meine Zunge ist ungelenk:
ich kann denken,
aber nicht reden.
DIE STIMME
Wie aus diesem Dornbusch,
finster, eh das Licht
der Wahrheit auf ihn fiel,
so vernimmst du meine Stimme
aus jedem Ding.
Aron will ich erleuchten,
er soll dein Mund sein!
Aus ihm soll deine Stimme sprechen,
wie aus dir die meine!
Und ihr werdet gesegnet sein.
Denn das gelobe ich dir:
Dieses Volk ist auserwählt
vor allen Völkern,
das Volk des einzigen Gottes zu sein,
daß es ihn erkenne
und sich ihm allein ganz widme;
daß es alle Prüfungen bestehe,
denen -- in Jahrtausenden --
der Gedanke ausgesetzt ist.
Und das verheiße ich dir:
Ich will euch dorthin führen,
wo ihr mit dem Ewigen einig
und allen Völkern ein Vorbild werdet.
Und nun gehe!
Aron triffst du in der Wüste.
Er kommt dir auf deinem Weg entgegen;
daran sollst du ihn erkennen.
Verkünde!
2. Szene: Moses begegnet Aron in der Wüste
ARON
Du Sohn meiner Väter,
schickt dich mir der große Gott?
MOSES
Du Sohn meines Vaters, Bruder des Geistes,
aus dem der Einzige sprechen will:
Vernimm mich und ihn; und sage,
was du verstehst!
ARON
Mein Bruder,
gab der Allmächtige mich dir als Gefäß,
auszuschütten über unsre Brüder
des Ewigen Gnade?
MOSES
Gnade schenkt er dir aus Erkenntnis.
ARON
Glückliches Volk, einem einzigen Gott
zu gehören, den zu bekämpfen kein andrer
Macht besitzt.
MOSES
Andre gibt es nur im Menschen,
nur in der Vorstellung.
In ihr hat der Allgegenwärtige nicht Raum.
ARON
Gebilde der höchsten Phantasie,
wie dankt sie dir's, daß du sie reizest zu bilden!
MOSES
Kein Bild kann dir ein Bild geben vom
Unvorstellbaren.
ARON
Nie wird Liebe ermüden, sich's vorzubilden.
Glückliches Volk, das so einen Gott liebt.
MOSES
Volk, auserwählt, den Unsichtbaren zu wissen,
den Unvorstellbaren zu denken.
ARON
Auserwähltes Volk,
einen einzigen Gott ewig zu lieben
mit tausendmal mehr der Liebe,
mit der alle andern Völker ihre vielen Götter lieben.
Unsichtbar, unvorstellbar?
Volk, auserwählt dem Einzigen, kannst du
lieben, was du dir nicht vorstellen darfst?
MOSES
Darfst? Unvorstellbar, weil unsichtbar;
weil unüberblickbar;
weil unendlich;
weil ewig;
weil allgegenwärtig;
weil allmächtig.
Nur einer ist allmächtig.
ARON
Unvorstellbarer Gott:
Du strafst die Sünden der Väter an den
Kindern und Kindeskindern!
MOSES
Strafst Du?
Sind wir fähig, zu verursachen, was dich
zu Folgen nötigt?
ARON
Gerechter Gott:
Du belohnst die,
die deinen Geboten gehorchen!
MOSES
Gerechter Gott! Du hast gerichtet,
wie alles geschehen soll:
Gebührt dem Lohn, der gern anders möchte?
Oder dem, der nichts andres vermag?
ARON
Gütiger Gott!
Du erhörst die Bitten der Armen,
nimmst an die Opfer der Guten!
MOSES
Allmächtiger Gott,
dich erkauften die Opfer der Armen,
die du arm gemacht hast?
Reinige dein Denken,
lös es von Wertlosem,
weihe es Wahrem:
kein andrer Gewinn dankt deinem Opfer.
ARON
Nur ein allmächtiger Gott konnte
solch ein schwaches, gedemütigtes Volk
auserwählen, seine Allmacht, seine Wunder
an ihm zu zeigen, es zu lehren,
an ihn allein zu glauben.
MOSES
Unerbittliches
Denkgesetz
zwingt zur
Erfüllung.
ARON
Allmächtiger!
Sei der Gott dieses Volkes!
Befrei es aus Pharaos
Knechtschaft!
3. Szene: Moses und Aron
verkünden dem Volk die Botschaft Gottes
JUNGES MÄDCHEN
Ich hab' ihn gesehn,
als eine feurige Flamme aufschlug,
die ihn rief!
Er warf sich auf die Knie
und verbarg sein Antlitz im Sand.
Dann zog er in die Wüste.
JUNGER MANN
Bei meinem Haus,
wie eine leuchtende Wolke,
kam er eben vorbei.
Er schwebte mehr, als er ging,
kaum berührt' sein Fuß den Weg,
und rasch schwand er dem Auge.
ANDRER MANN
Ich rief ihn,
aber er beachtet' mich nicht;
lief weiter, und dennoch hörte ich:
ein Gott habe ihm befohlen,
seinen Bruder Moses
in der Wüste zu treffen.
PRIESTER
Moses?
Der den Fronvogt erschlug?
CHOR
Moses!
Er flüchtete!
Uns ereilte die Rache Pharaos!
Kommt er wieder, Aufruhr zu stiften?
PRIESTER
Mit einem neuen Gott verbündet!
FRAUEN
Ein neuer Gott: Neue Opfer!
MANN
Er wird uns beschützen!
PRIESTER
Die alten Götter haben auch beschützt.
Tat's der eine nicht,
wandte man sich an den andern.
FRAUEN
Man kann von den Göttern auch
nichts Unmögliches verlangen.
JUNGER MANN
Wie er wohl
aussehn mag, der neue Gott?
Er schwebt wohl,
da auch Aron schwebte.
MANN
Der neue Gott,
vielleicht ist er stärker als Pharao?
Stärker als unsere Götter?
Die anderen Götter helfen
nur den Bedrücken.
Das ist der Gott, der uns hilft.
MÄDCHEN
Ich glaube,
es muß ein lieblicher Gott sein,
jung und schön und glänzend,
da doch Aron so glänzte.
CHOR
Soll man ihn nach diesem Moses beurteilen,
so wird er Blutopfer fordern.
Der neue Gott wird uns auch nicht helfen!
Blutopfer! Blutopfer!
PRIESTER
Lästre nicht!
Es gibt Götter, die nur strafen
und solche, die nur belohnen.
Manche muß man öfter versöhnen,
andre kann man sich dauernd gewinnen.
CHOR
(in vielen kleinen Gruppen)
Blutopfer! Blutopfer!
MÄDCHEN
Wie macht er mich froh!
Wie schwellt das Glück mein Herz!
Jubel füllt meine Seele!
Anbetungswürdiger Gott,
zeige dich mir in deiner Schönheit:
Ich will in Liebe dir dienen.
JUNGER MANN
Du schwebender Gott,
hoch in den Höhen des Himmels,
höher als andre Götter:
Erhebst du uns zu dir,
neben dich: wie schwindet die Macht
der falschen, ohnmächtigen Abgötter.
MANN
Hilft er uns,
schützt er uns gegen die Knechte
Pharaos und gegen
seine falschen Götter:
soll er unser Gott sein,
Gott der Kinder Israels,
dem wir dienen, dem wir opfern.
CHOR
(in vielen Gruppen)
Ein lieblicher Gott!
Er zeigt sich in Schönheit!
Ein schwebender Gott!
Er hebt uns zu sich!
Ein rettender Gott!
Er wird uns befrein!
Vielleicht ist er stärker als Pharao!
Glaubt den Betrügern nicht!
Wir wollen ihm dienen!
Wir wollen ihm opfern!
Wir wollen ihn lieben!
CHOR
(Gruppe 1)
Glaubt nicht den Betrügern!
Die Götter lieben uns nicht!
Wer ist es, der stärker sein will als Pharaos Götter?
Laßt uns in Frieden!
Zurück zur Arbeit!
Sonst wird sie noch schwerer!
CHOR
(Gruppe 2)
Er wird uns befrein!
Wir wollen ihn lieben!
Wir wollen ihm opfern!
Wir wollen ihn lieben!
Wir wollen ihm dienen!
MÄDCHEN
Er wird uns befrein!
(Moses und Aron, in weiter Ferne auftauchend, kommen allmählich näher auf solche Weise, wie es die Chöre beschreiben)
CHOR
(in vielen Gruppen)
Seht Moses und Aron!
Moses' mächtiges Haupt!
Moses, den Stab in der Hand,
schreitet langsam, bedächtig,
scheint fast zu stehn,
bewegt sich kaum.
Steht Moses oder geht er?
Moses steht!
Nein, er schreitet langsam!
Er steht!
Nein, er geht!
Mächtig sein weißes Haupt,
gewaltig sein Arm!
Aron, gewiß nicht mehr jung,
eilt beschwingt leichten Schrittes
weit vor ihm her
und steht doch nah bei ihm!
Steht Aron jetzt bei Moses?
Nein, er eilt voran!
Geht Aron an Moses Seite?
Vor oder hinter ihm?
Sie bewegen sich nicht im Raum,
sind näher,
sind ferner,
sind tiefer,
sind höher
verschwinden gänzlich.
Seht Moses! Seht Aron!
Sie sind jetzt da!
4. Szene
CHOR
Bringt ihr Erhöhung,
Botschaft des neuen Gottes?
Schickt er als Führer
euch uns zu neuer Hoffnung?
Gern wollen wir ihm
Geld, Gut und Leben opfern!
Nehmt, fragt nicht lange:
Selbstliebe zwingt uns, drängt uns,
uns ihm zu geben,
Aussicht nicht nur auf Gnade;
Hingabe selbst ist
Wollust, ist höchste Gnade!
(Wie bei ihrem Auftritt in dieser Szene, so ändern auch im weiteren Verlauf Moses und Aron für das Auge des Zuschauers ihre gegenseitige Stellung. Hier steht anfangs Moses im Vordergrund, Aron seitlich zurücktretend, hinter ihm)
MOSES
Der Einzige, Ewige, Allmächtige,
Allgegenwärtige, Unsichtbare,
Unvorstellbare…
ARON
Er hat euch vor allen Völkern auserwählt…
MOSES
(Hier beginnt Moses zurückzuweichen und Aron erscheint allmählich im Vordergrund)
… verlangt kein Opfer von euch:
ARON
… und will euch allein…
MOSES
… er will nicht den Teil,
er fordert das Ganze.
(Moses ist weit entfernt im Hintergrund ganz allein; Aron groß im Vordergrund)
ARON
… seine ganze Gnade schenken,
Werft euch nieder, ihn anzubeten!
CHOR
Anbeten? Wen? Wo ist er?
Ich sehe ihn nicht!
Wo ist er?
Sieht er gut oder böse aus?
Sollen wir ihn lieben oder fürchten?
Wo ist er?
Zeig ihn uns! So wollen wir knien,
so wollen wir Vieh herschleppen
und Gold und Getreide und Wein!
Alles soll euer Gott bekommen,
wenn wir sein Volk sind,
wenn er unser Gott ist,
wenn er uns beschützt!
Aber wo ist er?
Zeig ihn uns!
ARON
(hier zum erstenmal feierlich; Moses ist wieder näher)
Schliesset die Augen,
verstopfet die Ohren!
So nur könnt ihr ihn sehn
und hören!
Kein Lebender sieht und hört
ihn anders!
CHOR
Ist er niemals zu sehn?
Ist er ewig unsichtbar?
(Moses immer näher dem Vordergrund)
FRAUEN
Wie? Dein allmächtiger Gott
kann sich uns nicht sichtbar machen?
(Aron weicht zurück, näher zu Moses; beide im Vordergrund, beide deutlich außerhalb der Volksmenge)
ARON
Der Gerechte sieht ihn.
(Das Mädchen, der junge Mann und der Mann haben sich durch die Volksmenge hervorgearbeitet und stehen nun Moses und Aron gegenüber)
MÄDCHEN
Ich sah seinen Glanz!
JUNGER MANN
Du schwebender Gott!
MANN
Er ist unser Gott!
(Aron weicht zurück gegen den Hintergrund, näher zu Moses)
PRIESTER
Dann braucht ihn der Mörder nicht
zu fürchten!
ARON
Wer ihn nicht sieht, ist verloren!
MÄNNER
So sind wir alle verloren,
denn wir sehen ihn nicht!
(lachen)
CHOR
Bleib uns fern mit deinem Gott,
mit dem Allmächtigen!
Wir wollen durch ihn nicht befreit sein!
Bleib uns so fern wie dein Gott,
der Allgegenwärtige!
Wir fürchten und lieben ihn nicht!
So wenig als er uns belohnt und bestraft.
(Chor in Bewegung; ein Teil drängt gegen Moses und Aron vor, ein anderer im Abgehen)
MOSES
Allmächtiger, meine Kraft ist zu Ende:
Mein Gedanke ist machtlos in Arons Wort!
(Moses immer weiter im Hintergrund; Aron mit erhobenen Armen und geballten Fäusten, geht drohend auf Moses zu)
ARON
Schweige!
6 SOLOSTIMMEN
Aron!
ARON
(entreißt Moses den Stab)
Das Wort bin ich und die Tat!
CHOR
Aron, was tust du?
ARON
Dieser Stab führt euch:
(wirft den Stab zu Boden)
Seht, die Schlange!
CHOR
Flieht! Die Schlange wächst;
sie dreht sich,
sie wendet sich gegen alle!
ARON
In Moses' Hand ein starrer Stab:
Das Gesetz;
in meiner Hand die bewegliche Schlange:
die Klugheit.
Stellt euch so, wie sie euch zwingt!
CHOR
Weicht, zieht euch zurück!
Kommt hierher, geht dorthin!
Verteilt euch besser!
Vergebens, sie hält uns im Bann!
ARON
(nimmt die Schlange beim Schwanz, legt sie als Stab wieder in Moses Hand)
Erkennet die Macht,
die dieser Stab
dem Führer verleiht!
FRAUEN
(sprechen)
Ein Wunder erfüllt uns mit Schrecken:
Der Stab, der sich wandelt zur Schlange,
zeigt Aron als Herrn dieses Volkes.
Wie groß ist die Macht dieses Aron!
Ist Aron der Knecht dieses Moses,
und Moses der Knecht seines Gottes,
durch den Stab, den sein Gott ihm gegeben,
ist mächtiger Moses als Aron,
so muß es ein mächtiger Gott sein,
der Starke zu zwingen vermag!
Wie groß ist die Macht dieses Gottes,
da mächtige Knechte ihm dienen!
Ist Aron der Knecht dieses Moses
und Moses der Knecht seines Gottes,
so muß es ein mächtiger Gott sein,
da mächtige Knechte ihm dienen!
MÄNNER
(singend)
Ist Aron der Knecht dieses Moses,
und Moses der Knecht seines Gottes,
so muß es ein mächtiger Gott sein,
da mächtige Knechte ihm dienen!
MÄDCHEN
Er wird uns befrein!
JUNGER MANN
Wir wollen ihm dienen!
MANN
Wir wollen ihm opfern!
PRIESTER
Dein Stab zwingt uns,
doch Pharao zwingt er nicht,
uns freizulassen!
ARON
Euer Mut ist gebrochen;
euer Stolz geschwunden;
ohne Hoffnung dient ihr
und glaubt nicht an euch,
noch an Gott.
Euer Herz ist krank!
So zwingt ihr Pharao nicht!
CHOR
Stark ist Pharao!
Schwach sind wir!
ARON
Seht Moses' Hand:
gesund ist sie und stark.
Aber Moses' Herz gleicht eurem jetzt,
weil er euch schwach weiß und mutlos.
Führt er die Hand an dies Herz,
das krank ist, wie eures,
seht!
CHOR
Aussatz! Flieht!
Weicht ihm aus!
Berührt ihn nicht!
Ihr werdet krank!
Aussatz!
ARON
Erkennt euch darin:
Mutlos, krank, verachtet,
geknechtet, gepeinigt!
Jetzt aber wohnt in Moses' Busen
der Geist des starken Gottes,
der Pharao zwingt,
den Frondienst aufzuheben.
Seht!
6 SOLOSTIMMEN
Seht!
ARON
Führt Moses nun an dies starke Herz
die aussätzige kranke Hand…
CHOR
Wunder! Seht! Wunder!
Gesund ist die Hand und stark!
ARON
Erkennet euch auch darin:
Euer Mut wird Pharao besiegen!
MÄNNER
(sprechend)
Ein Wunder führt Aron vor Augen:
Die Hand die gesund oder krank wird,
ist Zeichen vom Wesen des Gottes,
der nicht sich uns selbst will zeigen!
Durch Aron läßt Moses uns sehen,
wie er seinen Gott selbst erschaut hat:
aussätzig die Hand des Ungläub'gen,
gesund dessen Herz, der dem Gott traut:
so wird dieser Gott uns vorstellbar.
Das Sinnbild erweitert zum Abbild sich,
das Herz glaubt voll Mut einem Gotte,
den sichtbare Wunder bezeugen.
Durch Aron läßt Moses uns sehen,
wie er seinen Gott selbst erschaut hat,
so wird dieser Gott uns vorstellbar,
den sichtbare Wunder bezeugen.
FRAUEN
(singend)
Durch Aron läßt Moses uns sehen,
Wie er seinen Gott selbst erschaut hat,
so wird dieser Gott uns vorstellbar;
den sichtbare Wunder bezeugen.
CHOR
Allmächtiger Gott!
MANN UND CHOR (MÄNNER)
Alles für die Freiheit!
Laßt uns die Ketten zerbrechen!
Erschlagt die Fronvögte!
Erschlagt sie!
Erschlagt ihre Priester!
Erschlagt sie!
Zerschlagt ihre Götter!
Zerschlagt sie!
Auf in die Wüste!
FRAUEN
Auf in die Wüste!
(Während die Chöre hier in großer Bewegung waren, sind Moses und Aron ganz in den Vordergrund gelangt)
PRIESTER
Wahnsinnige!
Wovon soll euch die Wüste nähren?
MOSES
In der Wüste wird euch die Reinheit
des Denkens nähren, erhalten und entwickeln…
ARON
… und der Ewige läßt euch sehn
ein Abbild eures leiblichen Glücks
in jedem geistigen Wunder.
Der Allwissende weiß, daß ihr ein Volk
von Kindern seid
und erwartet von Kindern nicht,
was Großen schwierig.
Er rechnet damit, daß alle Kinder reifen
und alle Greise weise werden.
Er gibt euch Frist, euer Leben in Freude
der Vorbereitung auf die Weisheit des
Alters zu widmen.
Er wird es euch auch in der Wüste an Speise
nicht fehlen lassen.
Der Allmächtige verwandelt
Sand in Frucht,
Frucht in Gold,
Gold in Wonne,
Wonne in Geist.
Wer speist den Nil,
der dies Land ernährt?
Er, der den Stab in die Schlange,
Gesundheit in Aussatz verwandelt.
Seht des Niles Wasser
in diesem Krug!
(gießt es aus)
Nein: Ihr irrt euch nicht:
Was ihr jetzt seht, ist Blut!
Versteht ihr das?
Es ist euer Blut, das dies Land ernährt,
wie das Wasser des Nil.
Fett macht ihr die Knechte der Lüge,
der falschen Götter.
Doch der Allmächtige befreit
euch und euer Blut.
6 SOLO STIMMEN
Auserwählt, auserwählt!
ARON
Er hat euch auserwählt vor allen Völkern,
das Volk des einzigen Gott’s zu sein;
ihm allein zu dienen,
keines andern Knecht!
Ihr werdet frei sein
von Fron und Plage!
Das gelobt er euch:
Er wird euch führen in das Land,
wo Milch und Honig fließt;
und ihr sollt genießen leiblich,
was euren Vätern verheißen geistig.
Doch was Pharao bleibt,
seht her, ist wieder das
klare Wasser des Nil.
Und darin wird er untergehn!
CHOR
Er hat uns auserwählt vor allen Völkern,
das Volk des einz'gen Gottes zu sein;
ihm allein zu dienen,
keines andern Knecht:
Wir werden frei sein
von Fron und Plage!
Das gelobt er uns:
Er wird uns führen in das Land,
wo Milch und Honig fließt;
und wir soll'n genießen,
was er unsern Vätern verheißen.
Allmächt'ger, du bist stärker
als Ägyptens Götter,
Pharao und seine Knechte schlägst du nieder.
Von der Fron befrein uns Moses und Aron.
Ewiger Gott, wir dienen dir;
weihn dir unsere Opfer
und unser Liebe:
Du hast uns auserwählt,
führst uns ins gelobte Land.
Wir werden frei sein!
Zwischenspiel
(Vor dem Vorhang ist ein kleinerer Chor, im Finstern unsichtbar)
CHOR
Wo ist Moses?
Wo ist der Führer?
Wo ist er?
Lange schon hat ihn keiner gesehn!
Nie kehrt er wieder!
Verlassen sind wir!
Wo ist sein Gott?
Wo ist der Ewige?