ERSTER AKT
Erstes Bild
(Thronsaal des Könis Pollux. Man erkennt früheren Reichtum, jetzt allesherunter gekommen,zerschlissen und verblaßt.Der Thron nur nochzum Teil aus Gold, zum Teil in grotesker Weisemit Holz gestützt. Gläubiger in Menge vor denoffenen Türen.Diener und Wachen halten siezurück,in den Saal einzudringen)
GLÄUBIGER
Der König, wo?
Wo birgt sich Pollux?
Laßt uns zum König ein!
Die Forderung in unsrer Hand,
Sie muß beglichen sein!
WACHE
Zurück! Zurück! Der König ist nicht hier!
GLÄUBIGER
Nicht hier?
Nicht hier?
Doch als er früh
Und spät von uns die Gelder lieh,
Da war er gleich zur Stelle!
WACHE
Zurück! Zurück!
Sonst setzt es Blut!
GLÄUBIGER
Wir kommen aus dem fernsten Land
Aus Persien, von Zypern her!
Aus Rhodos! Samos! Übers Meer!
Die Wechsel sind in unsrer Hand!
Jetzt kein Verzug!
Es ist genug!
Zehntausend uns
Für Wein! Für edle Stoffe
Doppelt soviel! Dreißigtausend
Für Perlen, Goldgeräte, Schmuck!
WACHE
Zurück, ihr Plünderer! Genug!
(Hier durchbrechen die Gläubiger dieReihe der Wachen undstürzen mitihren Papieren wild in den Saal undauf den wackeligen Thron los. ImAugenblick, wo sie dort angelangt sind,trittder König überraschend aus einem Vorhang schützend vor seinen Thron hin)
(Gläubiger stutzen einen Augenblick)
KÖNIG
Euer ist alles, was mein war!
Zurück! Zurück!
GLÄUBIGER
Nur Gold verlangen wir! Nur Geld!
KÖNIG
Geld ist nicht da!
So nehmt das Land!
GLÄUBIGER
Verpfändet!
Längst in andrer Hand!
Hier das Papier!
KÖNIG
Die Gruben nehmt, gefüllt zum Rand!
GLÄUBIGER
Verpfändet! Leer! In andrer Hand!
Sieh das Papier!
Nichts wallen wir als Geld, als Geld!
Nur bares Geld!
KÖNIG
Nehmt den Palast!
Nehmt alles, was er faßt!
GLÄUBIGER
Ist eitler Fadenschein!
Kein Nagel mehr ist dein!
KÖNIG
Nehmt Münze, Weiderechte,
Fischerei!
GLÄUBIGER
Verpfändet alles! Nichts dabei!
— O König Pollux, sag uns an:
Wo hast du alles hingetan?
Nimmunsern Fluch!
Nimm unsern Spott!
Die Insel Eos ist - bankrott!
(sie umlanzen und umspringen mit ihren Wechselnwild den König)
KÖNIG
O habt Geduld!
Noch ist ja Hoffnung!
GLÄUBIGER
(halten inne)
Hoffnung? Wie?
KÖNIG
Die Neffen hab ich ausgesandt,
Die Könige der Inseln!
GLÄUBIGER
Sind ebenso bankrott!
KÖNIG
Die Gatten meiner vier Nichten,
Der schönsten Fraun der Welt!
GLÄUBIGER
Ist anders nicht bestellt!
Kein Geld!
Und nirgend Geld!
KÖNIG
Alkmene, Semele, Europa, Leda -
GLÄUBIGER
Sind fremde Namen uns!
Kein Geld da!
KÖNIG
Sie reisen mit der Tochter Bild!
Bedenkt doch nur, mit meines Danae Bild!
Gnad kam die Botschaft an vom richtigen,
vom reichsten Mann: Midas von Lydien!
Was er nur berührt, wendelt er zu Gold!
GLÄUBIGER
(ironisch)
Danae! Die stolze Danae!
Die jeden Freier abgewehrt,
Den wir geboten, hochgeehrt!
KÖNIG
Geduld! Grad kam mir Botschaft an
Vom richtigen,
vom reichstenMann:
Midas von Lydien!
Was er berührt,
Wandelt er zu Gold!
GLÄUBIGER
Nicht mehr geprahlt!
Wann wird gezahlt?
KÖNIG
Alles zahltMidas!
GLÄUBIGER
Midas - ist fern!
Eine Wolke! Ein Stern!
Die Wechsel - ja
Die sind dir nah!
(sie drohen dem König mit ihrenPapieren)
KÖNIG
Die Neffen kommen
Aus Midas Land!
Habt noch Geduld,
Noch einen einzigen Tag!
GLÄUBIGER
(lassen von ihm ab und erblickenden Thron)
Dort am Thron
Glänzt deiner Macht
Goldene Zier!
Wie blitzt und lacht
Beschlag, Behang
Und Wappentier!
(stürzen sich auf den Thron;durcheinander)
Was nützt der Tand
Dem Schuldner - dir?
Das Wappentier!
Die Krone - mir!
(zusammen mit den Stücken deszerstörten Thrones)
Du Schwindelkönig, sag uns an,
Wo hast du alles hingetan?
Immergeprahlt, nie gezahlt!
So fassen wir als letzten Lihn
Das Stückchen Gold am leeren Thron!
Das Wappentier!
Die Krone - mir!
Mir! Mir!
KÖNIG
Alles zahlt Midas,
Midas von Lydien!
GLÄUBIGER
(vertreiben den König und reißen in wildem Handgemenge den Thron gänzlich in Stücke)
Mir!Mir!Mir!
Zeites Bild
Zwischenspiel: Der Goldregen
(Vorhang: Schlafzimmer der Danae, dunkel.Ihre Gestaltwirdsichtbar. Xanthe zu ihren Füßen)
DANAE
(erwachend)
O Gold! O süßes Gold!
(Der Goldregen hat aufgehört, statt dessen fahles graues Morgenlicht)
XANTHE
(richtet sich auf)
Danae - du riefst?
DANAE
Wo bist du, Gold?
So üppig hold?
XANTHE
Auch du - suchst Gold?
Ich sehe keines!
DANAE
Flirrender Klang!
Goldes Gesang!
Umgeben ganz
Von deinem Glanz!
XANTHE
Gold - bei unsrer Not?
DANAE
Freundliche Kühle
An Gliedern und Wangen!
Glitzernde Schwere
Auf Schultern und Armen!
Des Goldes Kuß
Auf meinen Lippen!
XANTHE
Ich schaudre!
Nichts seh ich, Danae!
Es ist ja Nacht!
DANAE
Es ist nicht Nacht!
Ein großes leuchten von überall -
Goldener Blätter
Schimmernder Fall!
Ein goldener Baum
Stolz über mir
Im Sternenglanz hoch ausgeweitet!
Ein Wundermantel,
Tausend kühle umfassende Arme
Um mich gebreiteit!
XANTHE
Träume, Danae!
Nirgends ist Gold!
Glühende Wünsche
ln unserer Not!
DANAE
(heftig)
Kein Traum,
Keine Not!
Ein leuchtend Bild
Neigt sich zu mir,
Umfaßt mich mild!
Ersehntes Gold,
Erlösend hold,
Senkt sich herab
Auf das Lager, auf mich!
XANTHE
Ja, wenn wir's fänden,
Was dich beglückte!
Leer ist ja alles,
Dunkel und leer!
DANAE
Was Himmels Regen
Der Erde gibt,
Das war das Gold mir,
Das ich geliebt!
Kühlend Umfangen,
Heißem Verlangen,
Befruchtend Hangen
An Lippen und Wangen,
Wie dürre Erde
Entgegen ihm glüht,
Im goldenen Regen
Bin ich erblüht!
XANTHE
Im goldenen Regen
Bist du erblüht?
Ein Traum hat dich beglückt?
Ein Traum hat dich getäuscht,
Hat dich entzückt?
DANAE
O Glückes Erinnern,
Herrlicher Traum!
Auf den Lippen
Des Goldes Kuß!
Auf den Brüsten des Goldes
Süße Umarmung!
Freundliche Kühle
An Gliedern und Wangen,
Des Goldes Kuß
Auf meinen Lippen,
Wonnige Schwere
ln meinem Schoß.
Was Himmels Segen
Der Erde gibt,
Das war das Gold mir,
Das ich geliebt!
Um mich geschlagen
Fürstlich Geschmeide,
Strahlender Mantel
Liebendes Gold!
Leuchte mir weiter,
Wonniger Regen,
Seliger, goldener Blätterfall!
Gold, das mich genetzt,
Dem ich erblüht,
HerrlicherTraum!
XANTHE
(gleichzeitig)
Ein goldner Regen,
Ein seliger Traum
Hot dich entrückt
Aus unserer Not!
Freundliche Kühle,
Glitzernde Süße
Auf Schultern und Armen,
Umgeben ganz
Von seinem Glanz.
Was Himmels Segen
Der Erde gibt,
Das war das Gold dir,
Das du geliebt!
Um dich geschlagen
Fürstlich Geschmeide,
Strahlender Mantel,
liebendes Gold!
Könntest du dauern,
Üppiger Segen!
Gold, das dich genetzt,
Seliger Regen,
Herrlicher Traum!
Doch warst allein du
ln des Mantels Saum?
Nichts andres träumt dir
Als Glanz und Baum?
DANAE
Das Höchste träumt mir
Und war mir hold,
Des Regens köstlich Gold!
XANTHE
Doch wo kam es her?
Niemand sahst du?
Allein bliebst du?
Keine lüsternen Freier
Im goldenen Gewand?
Keine mächtigen Götter,
Die Gaben verschenken
Mit begehrlicher Hand?
DANAE
Ich war allein
ln all dem flimmernden Schein!
Wir nur, wir
Waren uns hold -
Ich - und das Gold!
XANTHE
Du böses Kind!
Kein Freier?
Wachend wiesest du
Die prächtigsten ab!
Immer spröde,
Hassend die Männer -
Sag mir das Ende unsrer Not?
DANAE
ln meines Traumes
Wundergezelt,
ln des Blätterbaums
Traumhaftem Fall,
Im goldenen Regen,
Der, Dürstende, mich genetzt -
Endet mir alle Not!
(hier wird, zuerst von ferne, einAufzugsmarsch nörbar)
XANTHE
Nicht im Schwärmen!
Nicht im Traum!
Hörst du die Klänge,
Draußen den frohen Ton?
Die der Vater ausgesandt,
Die Vettern kehren zurück! -
Was alle wir erhofften -
Dein Traum hat es angezeigt!
Zu Ende die Not! Jubelnd klingt es!
Glückliche Danae!
Ein neuer Freier!
Stärker als jeder Traum!
(Der Aufzugsmarsch ist ganz deutlich geworden. Xanthe voll Ungeduld ab, Danae bleibt allein)
DANAE
Kein Freier mehr!
Kein lüsterner Mann!
Der dort sich anzeigt
Mit fröhlichen Klängen:
Nur wenn du so stark
Wie mein liebender Traum
Nur wenn du die Lust
Des Goldes mir bringst,
Sollstdu -Freier mir sein!
(Dunkel. Rasche Verwandlung)
Drittes Bild
(Ein Säulenhof am Palaste.Man erblickt im Hintergrunde tiefe Arkaden, diedurch mehrere Säulenreihen den Ausblick aufdas Meer gewähren. König, Hofstaat, Wachenund Gläubiger füllen den Hof, in Erwartung der einziehenden vier Könige, der Neffen des Polluxund ihres Gefolges. Auf der Höhe der Arkadendas Volk in dichtem Gedränge)
VOLK
Was bringen die Fürsten?
Endet die Not?
Was tragen die,
ln Tücher gehüllt?
Bringen sie Hoffen
Traurigem land?
Hoffen - uns allen?
(sie winken den unsichtbar Kommenden entgegen)
KÖNIG
(unter dem Chor)
O kämen sie von Midas!
GLÄUBIGER
(ebenso)
Wär's möglich?
Botschah vom reichstenMann?
KÖNIG
O wäre er's!
Köm ich davon!
Behielt das Land -
Behielt den Thron!
GLÄUBIGER
Botschaft - vom allerreichstenThron?
O Pollux - welch ein Schwiegersohn!
(Marsch auf dem Höhepunkt. Vom Hintergrunde, aus den Arkaden, kommen die Pagen der vier Könige, hell und froh gekleidet,sehr im Gegensatze zum düsteren, verarmten Volk. Sie tragen einen verhüllten Gegenstand, hoch wie eine Standarte indie Mitte des Säulenhofes. Ihnen noch Gefolge, dann die vierKönige, mit ihren Gattinnen. Höchste Erwartung)
DIE VIER KÖNIGE
Er - kommt!
ALLE
Wer - kommt?
VIER KÖNIGE
Ein neuer Freier!
GLÄUBIGER
War oft schon da!
VIER KÖNIGE
Ein solcher - nie!
KÖNIG
lst's Lydiens Herrscher,
sprecht?
VIER KÖNIGE und KÖNIGINNEN
Ein Freier ohnegleichen
Aus Lydiens Märchenreichen!
KÖNIG
Midas! Gepriesen!
GLÄUBIGER
Nicht so schnell gepriesen!
Bewiesen!
Erst bewiesen!
VIER KÖNIGE und KÖNIGINNEN
Ein Freier, wie es keinen gab!
GLAUBIGER
Was hilft's?
Sie weist ihn ab!
(Die Pagen hoben jetzt ihre Stellung eingenommen, vor den Königen und Königinnen.Sieimitieren die folgende Erzählung ineiner Pantomime)
VIER KÖNIGE
Erst zogen wir
Von Land zu land,
Dm Bildnis in der Hand,
Das Bild der Danae!
Wir zeigten's dem -
Und zeigten's dem -
Und bückten uns
Vor dem - und dem -
Ach, keinem war's genehm:
(klagend)
Das Bild der Danae!
GLÄUBIGER
War nicht genehm?
Hört an! Nicht dem und dem!
VIER KÖNIGE
So kamen wir auf unsrer Reise -
Auf gleiche Weise -
Ins ferne, ferne Lydien!
Wir sahen uns vor dem Palast,
Der schimmerte im Sonnenschein
Ganz unter goldnen Daches Last:
Aus purem Golde der Palast!
(größtes Staunen aller)
GLÄUBIGER
Aus Gold? Das ganze Haus?
Die Mauer - Gold?
Das Dach - die Türen -Gold?!
VIER KÖNIGINNEN
O selige Erinnerung!
Ein Jugendtag hebt an:
Du schöner Mann!
Du mächtiger Mann!
(mit den Königen)
Kein König mehr: ein Gott!
LEDA
Aus seinem Auge strahlt mir Glück:
War's eines weißen Schwanes Blick?
SEMELE
Wie könnte mich sein Arm erheben,
Wie eine Wolke - übervoll vom Blitz!
ALKMENE
Mir schien er dem Amphitryon gleich!
Mehr seiner Zwiegestalt: dem Gotte selbst!
ZU VIERT
Die Jugend tritt erneut heran
ln diesem goldumwogten Mann!
Kein König mehr - ein Gott!
VIER KÖNIGE
(mit großer Zeremonie im Ballett)
Der große König hält das Bild -
ln Seide eingehüllt -
Er reißt sie fort -er faßt es an -
ln seine Züge fällt ein Schein
Von Danaes Bild -
Ein goldner Schein -
Ein Freudenschein!
Verwandelt war
Das Bild in Gold!
VOLK, GLÄUBIGER, KÖNIG
(mit Freudentanz der Pagen)
Das Bild in Gold!
ln Gold!
VIER KÖNIGE
Seid still und lauscht!
Nicht nur das Bild
Ward eingetauscht
ln Iautres Gold!
Von einem blühnden Baum
Zu Häupten ihm, brach er den Ast:
Metallisch klirrend, wo er's faßt -
War alles: lautres Gold!
(Hier fällt die Hülle.Man erblickt ein reichesBlumengewindeaus Gold)
ALLE
(aufschreiend)
Gold!!
(große Pause)
DANAE
(ist unbemerkt aufgetreten)
Rufst du mich, Gold?
KÖNIG und GLÄUBIGER
lst's wirklich Midas?
Wo ist der König?
Sein Name, wie?
VIER KÖNIGE
Midas, des Goldes Herr!
Gold ist sein Kleid, Gold der Palast,
Und pures Gold, was er nur faßt
Midas -in seine Hand!
DANAE
War ich diese Nacht nicht
Gehüllt in Gold?
Als wär ich selbst das Bild
ln des Königs Hand?
Bist du der Dämon,
Der mächtig sich zeigte
ln goldenen Regens Lust?
VIER KÖNIGINNEN
Was je er berührt -
Zur Lippe nur führt:
Als reines Gold ihm lacht!
DANAE
Was ich berührt
In dieser Nacht,
Was zitternd ich
Zur Lippe geführt:
Hat goldgleich mir gelacht!
ALLE
(ohne die vier Könige und Königinnen)
O Midas! Herr! Du Goldes Meister!
Wann nahst du uns?
Wann kommt dein Glück?
VIER KÖNIGE
Erschüttert stand
Der große Held,
Das goldne Bild
ln seiner Hand!
KÖNIGINNEN
Dann reicht er uns
Den Blütenzweig -
Jetzt ein Geschmeid -
Als Liebesgruß -
Für Danae!
GLÄUBIGER
Er kommt? Er kommt?
Vielleicht auch nicht?
Nur Rätsel - Rätsel - was er spricht!
Doch sehn wir Gold!
ln höchster Zeit:
Her das Geschmeid!
(sie versuchen, ehe die Wachen sie hindern, sich auf die Pagenzu stürzen)
DANAE
(durchbricht die Reihen derGläubiger, entreißt denPagen dasGeschmeide)
Schweigt, Wucherer!
Der Zweig ist mein!
GLÄUBIGER
Sieh da!Danae!
Stolze, kalte Danae!
So viel Leidenschaft
Vermag das Gold?
DANAE
(schwingt beglückt den Zweig)
Midas - hat mir dies zugesandt!
Als Liebesgruß!
Als liebespfand!
GLÄUBIGER
Das einzge Gold - in diesem Haus,
Glaubst du - wir ließen's aus?
Her mit dem Weib! Her mit dem Ast!
Kommt! Angefaßt!
(Sie suchen Danae zu fassen. GroßerTumult unten im Hofe)
STIMME
(aus der Höhe der Arkaden, wo das Volk steht)
Ein Schiff!
KÖNIG POLLUX, VIER KÖNIGE
Midas!Hab Dank! Ein Schiff!
VIER KÖNIGINNEN
(leise)
Jupiter… hab Dank!
GLÄUBIGER
(betroffen)
Ein Schiff? Wie sonderbar!
Am Ende -alles wahr?
CHOR
(oben, umgewendet, gegen dasMeer winkend)
Es biegt ums Riff
Ein heller Punkt!
Strahlend ein Stern
Am lichten Tag!
Ein Feuerbrand
Auf hohem Meer?
ANDERE
(antworten)
Es wächst der Stern!
Er wächst und blinkt!
Kein Stern: Ein Schiff!
ANDERE
Sogt, was ihr seht!
Zieht es vorbei?
Wohin es geht,
Wohin es streicht?
ANDERE
(antworten)
Es wendet, kommt
Zu uns im Glanz,
Im Wogentanz!
Gegrüßtgegrüßt -
Du golden Segel - Schilf aus Gold!
(hier beginnt, durch die Bogengänge der Arkaden schimmernd, der Goldglanz des Segels sichtbar zu werden, der im Hintergrunde, sehr ähnlich dem Goldregen, lang sam vorüberstreicht)
CHOR
Zum Hafen schnell!
Goldene Hoffnung,
Sei uns gegrüßt!
(der Chor des Volkes strömt ab, in die Richtung, in der der goldene Schein nun stehen bleibt)
KÖNIG, VIER KÖNIGE
(während des Chores)
Ein goldnes Schiff?
Wer kann es sein ?
Midas -allein!
Verweile, König,
Vor Eos, der Insel!
(auch Pollux)
Goldenes Segel,
Sei uns gegrüßt!
GLÄUBIGER
Ein goldnes Schiff?
Wer kann es sein?
Erzkönig Midas,
Ich bin dein Knecht!
Zum Hafen schnell!
Denn kommt es ein,
Das Schiff aus Gold -
Sei hoch verzollt!
(eilen dem Chor nach)
VIER KÖNIGE, KÖNIGINNEN
Nehmt das Geschmeid!
Hoch ist es Zeit!
Trogt es herab,
Zum Hafen ab!
(Marsch. Die Pagen nehmen Danae dasGewinde ab)
Erkennt ihr dann
An hohem Bord
Den goldnen Mann -
Dann winkt und singt:
Midas, Midas - gegrüßt!
(Alles ab in stolzem Zuge, voran die Pagen, wie beim Kommen, dann die Königinnen mit Gefolge, zuletzt König Pollux, mit langem fragenden Blick auf Danae. Diese bleibt allein in der Mitte der Szene. Sowie alle abgegangen sind, erkennt man den goldenen Widerschein aus den Bogengängen viel deutlicher)
DANAE
(in der Betrachtung des goldenenSchimmers)
Leuchtet mein Traum?
Schauer der Nächte -
Klingender Raum!
Wonnig es Segel,
Glückes Erinnern,
Größeren Glückes
Ahnend Frohlocken:
Segel, sei gegrüßt!…
(voll Erinnerung)
Nur der Bringer des Goldes
Soll Freier mir sein!
(Sie macht einige begeisterte Schritte. Midas, ihr entgegen, tritt überraschend auf, schlicht gekleidet)
MIDAS
Gegrüßt, Danae!
Des Midas Braut!
Begeistert grüßt dich,
Der dein Bild geschaut!
DANAE
Midas!
MIDAS
Sein getreuer Freund,
Sein mächtiger Arm!
Für ihn zu werben,
Für des Königs Ankunft
Dich zu bereiten!
DANAE
Nicht Midas bist du?
MIDAS
Nur der Träger des Goldes:
Ich: Chrysopher!
DANAE
Nicht Midas du -
Doch Chrysopher? -
Der Bringer des Goldes -
Soll die Keusche frein!
MIDAS
An des Midas Seite
Sah ich dein Bild.
Was mich entzückt,
Gebot ihm Ehrfurcht:
Eile zu Danae!
Erkunde die Keusche,
Geheimen Ahnens
Weck ihr Erinnern,
Leuchtender Wiederkehr
Bring ihr die Botschaft!
DANAE
Schauer der Nächte!
Leuchtender Traum!
Goldenen Regens
Glückes Erinnern!
Nur der Bringer des Goldes -
Er - soll mich frein!
MIDAS
So gebot mir Midas:
Wirb für den Freund!
Nicht schmäh sie den Freier!
Die Holde, Keusche,
Neige ihr Ohr
Dem Verkünder der Träume!
DANAE
Werbender Bote!
Midas nicht -
Doch Chrysopher?
MIDAS
Ein goldenes Ehrenkleid
Soll dich erst schmücken!
Eine Wolke von Gold
Fließend dich hüllen!
Kühnste Wünsche:
Dunkler Träume
Goldenes Ziel -
Deute dir dies Gewand!
(Er gibt ein Zeichen. Nicht nur die Stelle, wo das Segel angenommen wirdjetzt leuchten alle Arkadenbogen auf. lnjedem steht, wie auf pompejanischenFresken, eine goldene Gestalt.Die mittlere trägt das goldene Gewand,die nächste den Kopfschmuck, dienächste auf goldenem Polster dieSchuhe usw.Sienähern sich Danae, um sie mitgroßem Zeremoniell anzukleiden)
DANAE
(während sie geschmückt wird)
Goldblätterfalll -
Nahst du mir wieder?
Göttliches Fließen -
Mantel -Wolke -
Seliges Zelt!
Kehrst du mir wieder,
Goldregentraum?
MIDAS
(für sich)
Ihm diese Schönheit?
Dies leuchten dem Mächtigen,
All dieser Glanz?
Armer Bote!
Gedenk deines Schwurs!
Midas - nicht mehr:
Nur Chrysopher!
DANAE
Wann werde ich
Den König schauen?
Wird er - vollenden,
Was du verheißest?
MIDAS
Bringer der Botschaft,
Bringer des Goldes,
Ahnender Träume
Leuchtendes Ziel -
Mehr als der König
Bringe ich dir!
DANAE
Du - der Bote?
Midas nicht?
Nur Chrysopher?
MIDAS
LeuchtenderBlick
Des goldenen Bildes!
Noch vor König Midas
Trink ich entzückt
Von neuemden Zauber! -
Nicht kalt sieht diesAug
Auf den armen Boten,
Den Träger des Goldes!
Deut ich dir Wünsche,
Goldene Ahnung!
Deut auch die Frage,
Die in ihm schimmert?
DANAE
Kühn bist du, Mittler!
War das dein Auftrag?
CHOR
(von ferne)
Willkommen, Midas!
Goldes Segen, gegrüßt!
MIDAS
Könnt ich ihm gleichen,
Dem mächtigen Midas,
Dort dem Könige,
Den sie bejubeln!
CHOR
Willkommen,Midas!
Goldes Segen,
Sei gegrüßt!
DANAE
Führ mich zum König!
MIDAS
Nicht alles weißt du!
Groß ist Midas -
Doch unstet ist er:
Goldene Wolke
Fährt er einher,
Schenkt seines Reichtums
Beglückenden Traum --
Weiter jagt er -
Läßt dich allein!
(starke Midas-Rufe ganz in der Nähe)
DANAE
Goldes Geheimnis
Schwindet mit ihm?
Schwindet mir -
traumesgleich?
MIDAS
Was ich gebracht
An des Midas Statt:
Danae bleibt -
Was selbst ich bin!
DANAE
So mag die Wolke
Weiter eilen,
läßt sie den Zauber
Mir nur zurück!
(sie wendet sich ganz Midas zu)
MIDAS
Das Geheimnisnicht kennst du,
ln dem ich verstrickt!
Der Bringer des Goldes war -
Bleibt arm an deiner Seite -
Nur: Chrysopher.
(Midas-Rufe ein drittes Mal)
Zum Herrn der Träume
Muß ich dich führen!
DANAE
Bleibe, Bote.
Laß den Freier!
Mir - das Gold.
MIDAS
Seltsame Danae!
Herrliches Rätsel:
Durch großes Leuchten
Führe ich dich,
Ich - der Bote -
Zum liebenden Midas!
(Die goldenen Genien erscheinen wieder und geleiten Danae. Midas geht voran. Danae folgt ihm hinab nach dem Hafen. Die steinernen Arkaden weichen vor ihnen zurück. Größeres Leuchten)
DANAE
Träumendes Herz!
Lockenden Goldes
Doppelter Zwang:
Zu Midas folg ich -
Dir, Chrysopher!
Viertes Bild
(Offene Verwandlung.Hafen)
CHOR
Auf goldenen Fluten
Kamst du gezogen,
Brachtest uns Jubel
Und Freude zurück!
Midas, Midas,
Bleib uns gewogen,
Du bist die Sonne -
Du bist das Glück!
GLÄUBIGER
Standhaft sind wir,
Pochen auf Gold
Mehr als wir hofften,
Ward uns gezollt.
Sieh deine Knechte,
Herr aller Weit!
Midas und Geld!
KÖNIGINNEN
Midas nennen wir dich,
Herr goldener Räume!
Doch wir erkennen dich,
Fürst unsrer Träume!
Ziehst du heran,
Wolke du, Schwan -
Alte Gestallen -
Neue Gewalten -
Freun uns im stillen,
Gehorsam dem Willen
Neigen uns dir!
(Ankunft des Schiffes, auf dessen Bug überragend, wie ein Standbild, die goldglänzende Erscheinung Jupiters sichtbar ist)
POLLUX und KÖNIGE
Niemals entschwinde,
Was du gebracht!
Dankbar uns finde
Ewige Macht!
Herr aller Welt:
Midas und Geld!
(Midas und Danae nähern sich)
JUPITER
Gegrüßt sei Eos,
Insel der Freude!
Gegrüßt, in Träumen
Ersehnter Strand!
Gegrüßt du Schönheit
Aus goldenen Bildes
Leuchtenden Zügen!
Goldene Danae!
Der um dich warb
ln schimmernder Nacht,
Der demBilde gefolgt
Mit goldenemSegel
Und liebendem Sehnen:
Midas - grüßt dich!
(er verläßt das Schiff)
Sieh, ich rufe dich,
Sieh, ich liebe dich,
Goldene Danae!
DANAE
Ich erschaue dich,
Midas, großer König!
Ich erkenne dich,
Wie ich dich geahnt!
Herr - der ewigen Räume
Der goldenen Träume -
Herr des mächtigen Segens -
Des goldenen Regens -
Bist du auch meiner Liebe…
Allmächtiger Herr?
(Sie sinkt ohnmächtig in die Arme ihrer Begleiterinnen. Jupiterstampft auf,leiser Donner)