ZWEITER AKT

(Prächtiges Gemach. Hochzeitsbette im pompejanischen Stil.Die vier Königinnen sind eben daran, esmit Rosengewinden zu schmücken)

▼VIER KÖNIGINNEN▲
Kränze winden wir
Fremder Hochzeit!
Eifersucht meid uns,
Bleibe uns fern!
Wer eines Gottes
Umarmung genossen,
Selig bleibt er,
Freut sich fremden Glücks!
Glückliche Danae!
Der sich vorgekündet
ln goldenen Träumen -
ln neuer Gestalt
Tritt er strahlend hervor!
Nicht Schwan - nicht Wolke -
Ein herrlicher, goldener Mann!

(Jupiterv ganz in Gold gekleidet,wie am Schlusse des ersten Aktes, tritt ein)

▼VIER KÖNIGINNEN▲
Jupiter-Midas,
Midas-Jupiter,
Sei uns gegrüßt!

▼JUPITER▲
So seid doch still!
Schwer genug bleibt es,
Das Geheimnis zu bergen!

▼VIER KÖNIGINNEN▲
In guter Hut
Ist es bei uns!
Sieh, wir winden dir
Kränze zur Nacht:
Dir und Danae!

▼JUPITER▲
Schon auf Lydiens Throne
Erkanntet ihr mich?
Und grüßtet mich hier
Als König Midas?

▼LEDA▲
Wer in des Schwanes
Auge geblickt,
Erkennt es wieder,
Auch wenn es umgeben
Von goldenem Helm!

▼SEMELE▲
Wer von der Wolke
Zärtlichem Arme
Selig umfoßt war -
Erkennt ihn wieder,
Sei das Erz noch so golden
Und hart, das ihn schient!

▼ALKMENE▲
Du sebst befahlst,
Daß in des Gatten,
Amphitryons Armen,
Ich niemand erkenne -
AlsJupiter!

▼VIER KÖNIGINNEN▲
Jupiter-Midas,
Midas-Jupiter!
Lautere Seligkeit
Aller Gestalten!
Sei uns gegrüßt!

▼JUPITER▲
Mit eurem Singen
Verrät ihr den Freund!
Vollendet den Schmuck!

▼LEDA▲
(weiterarbeitend)
Glückliche Danae!
Der sich vorgekündet
ln goldenen Träumen -

(bricht ab - neugierig)

Doch warum bliebst du
Kein goldener Regen?
Süßen Spieles
Bald überdrüssig?

▼ALKMENE▲
Schien ein König der Lyder
Dir mehr als der Gott?
Worum tauschtest du
Nochmals deine Gestalt?

▼JUPITER▲
Schlecht kennt ihr Danae!
Nicht genügt ihr der Stunde
Flüchtig Verkleiden!
Nicht wonnigen Regens
Glitzerndes Spiel!

▼ALKMENE▲
(beleidigt)
So verachtest du nun
Die frohen Gestalten!

▼LEDA▲
Schiltst du den Schwann,
Du größter der Götter?

▼SEMELE▲
(ebenso)
Gereut es dich wohl,
Daß zum Olymp du zogst
Auf luftigen Wegen?
Gereut dich die Wolke?

▼BEIDE▲
Schiltst du den Schwan?
Gereut dich die Wolke?

▼EUROPA▲
Bedauerst des Stieres
Herrliche Kraft?

▼JUPITER▲
Freundinnen, hört doch!
Tief im lnnern,
Unerschlossen,
Rätsel dem Gotte,
Rätsel dem Menschen,
Ruht Danaes liebe!

▼VIER KÖNIGINNEN▲
(ohne auf ihn zu hören)
Unglücklich sind wir!
Betrogene sind wir!
Der uns genaht,
Der herrliche Gott,
Bereut die wonnige,
Schöne Gestalt!

▼JUPITER▲
Gar nichts bereu ich.
Doch anders ist Danae,
Keusch und stolz,
Voll Haß wider Freier! -
Ein zartes Spiel
War ihr der Regen,
Ein glitzernd Ahnen
Späteren Glückes!
Doch mir dies Herz
Ganz zu eröffnen,
Verschmäh ich den Trug
Einer flüchtigen Stunde!
Denn anderes keimt
ln Danaes Seele,
Als vergangne Freuden
Mir jemals geschenkt! -
SeltenstenReichtum
Erlauschte ich dort,
Machtvoll rief's mich,
Nicht nur Genießens
Früchte zu kosten -
Mit aller Kraft
Zu erwidern dem Wunder,
Hinab mich zu senken
Mit ganzem Wesen -:
Wahre Liebe,
Die dort ich erahnte
Ganz zu umfassen,
Voll zu bedanken -
Dereinst für ewig
Sanft zu verklären - -
Lockte es mich, den Gott!

▼VIER KÖNIGINNEN▲
Was nie uns erklang
Hören wir staunend!
Fühlen des Freundes
Mächtige Nähe!

▼ALKMENE▲
Doch warum zu Danae -
Einzig zu dieser -
Kamst du - zu zwein?

▼DIE DREI ANDERN▲
Was soll dieser Jüngling
ln bescheidenem Kleide?

▼EUROPA▲
Warum, o Freund,
Die doppelte Täuschung?
Wozu der Begleiter?

▼JUPITER▲
Nicht kennt Ihr Juno,
Des göttlichen Freundes
Böse Gemahlin!
Auf den holden Wegen -
Mehr noch als jemals -
Droht mir ihr Zorn
Und rächend Gewitter -

▼LEDA▲
Zog der Schwan seine feuchte Straße -

▼SEMELE▲
Hob die Wolke sich hoch in die Lüfte -

▼ZU VIERT▲
Gar schnell hat der Götterbote
Mit hübschen irdischen Männern
Jede von uns vermählt!

▼JUPITER▲
Längst genügt das
Juno nicht mehr.
Mit furchtbarem Hasse
Verfolgt sie die Armen,
Auf denen mein Blick
Und selig Verlangengeruht…
Hörlet ihr nicht
Vom Schicksal Kallistos?

▼SEMELE, EUROPA▲
Der zierlichen Quelle?

▼ALKMENE, LEDA▲
Der niedlichenNymphe?

▼JUPITER▲
Verführerisch sang sie,
Lockte den Wanderer,
Lockte den Gott!
Ich aber umarmte sie,
Als der Stein, der sie faßte,
Dem die Lockre entsprang,
Der dennoch nicht fühllos
Bei ihrem Tanze,
Bei ihrem Klingen
Und süßem Gerinnsel!
ln des Steinfalls gewaltigem Dröhnen
Wurde die Silberne mein!

▼KÖNIGINNEN▲
O seliger Gott der Verführung,
Seliger Gott der List!

▼JUPITER▲
Kurz nur währte
Die glückliche Stunde.
Als wilde Bärin
Tappt die Nymphe umher -
Furchtbar verwandelt durch Juno!

▼LEDA▲
Das sei gesagt dir,
Böse Semele,
Wenn auf den Gatten
Du immerfort loszankst!

▼SEMELE▲
(keift zurück)
Und dir nicht minder,
Wenn unzufrieden
Du mit Pollux Neffen!

▼JUPITER▲
Schweigt doch!
Glücklich noch seid ihr!
Hörtet ihr nicht
Vom Schicksal der lo?

▼SEMELE, EUROPA▲
Der jungen Priesterin
Junos, der strengen Gattin?

▼ALKMENE, LEDA▲
Die aus dem Tempel
Entführte der Gott?

(sie lachen)

▼JUPITER▲
Als plumpe Kuh
Tobt sie durchs Feld,
Weil Juno, selbst mit der niedern
Verkleidung noch unzufrieden,
Mit der schrecklichen Bremse sie quält!

▼EUROPA▲
Wie will ich gern
Mit meinem König michbescheiden!
Ist seine Kraft auch lange nicht
Des Stiers Gewalt!

▼JUPITER▲
Midas, das Urbild,
Zieht mit dem Gotte
Auf die fröhliche Reise!
Erspäht die Stunde,
Erkundet die Seele
Der schönen Danae! -
Faßt Juno Verdacht:
Wie will die Geliebte sie strafen -
Findet sie Midas,
Den schicklich Verlobten -
Flugs an des Gatten Stelle?

▼VIER KÖNIGINNEN▲
O mächtiger Gott der Verwandlung!
Seliger Gott der List!

▼JUPITER▲
Doch gelüstet's den Gott,
Einstens wiederzukehren
An des Königs Stelle:
Schlüpft er aufs neu
ln des Midas Gestalt - -
Wie einstens in Theben, Alkmene!

▼VIER KÖNIGINNEN▲
(nähern sich sehr freundlich)
So ist doch Hoffnung,
Seliger Freund,
Daß aufs neu du erscheinst
In der alten Verwandlung?

▼LEDA▲
(liebkost ihn)
Warum immer als Midas?
Lockt dich ein Schwan nicht?

▼SEMELE▲
(ebenso)
Eine freundliche Wolke -

▼EUROPA▲
(ebenso)
Ein mächtiger Stier -

▼JUPITER▲
(umfaßt sie)
Gerne gedenke ich
Verlassener Taten,
Seliger Tage!

▼MIDAS▲
(ist von der Gruppe unbemerktaufgetreten)
Auch wenn sie neu
Zu Taten locken?

▼VIER KÖNIGINNEN▲
(ziehen sich betroffen von Jupiterzurück)
Leb wohl denn, König,
Leb wohl -Midas!

(ironisch)

Hübscher Bote, gegrüßt!

(gehen ab)

▼JUPITER▲
(verlegen)
Der Heim drückt mich.
Der Montel da
Ist mir zur last.

(er legt die goldene Verkleidung ab)

Wie könnte es leicht sein,
Eines solchen Königs
Rolle zu spielen,
Beneidet von allen?

▼MIDAS▲
(ebenso ironisch)
Wie eben ich sah,
lst's trefflich gelungen!
Vier Königinnen
ln Rosenkränzen,
Rings um den mächtigen
Älteren Freund!

▼JUPITER▲
Die besticht nur der Glanz!

▼MIDAS▲
Vier verwirrte Köpfchen
Aus Wiedersehens
Unbändiger Freude,
Aus - andern Besitzes
Unfaßlichem Glück!

▼JUPITER▲
(gereizt)
Vergeblich Erinnern!
Vorbei, vorbei!
Noch immer kann mich
Die kindische eine
Von ihrem Amphitryon
Nicht unterscheiden!
Zwei harte Falten
ln Europas Zügen,
Semele - gealtert,
Und Leda wird stärker! -
Die aber einzig mich lockte
Zu solcher Brautfahrt,
Die fernher mich trieb
Über die Woge des Meeres,
Ein leuchtend Gewitter,
Verbrämt von des Goldes Schein -
Die ich bisher nur rührte
Als ahnender Traum
Mit zartester Hand --
Die umfassen ich will
Noch diese Nacht
Mit aller Kraft
Des Mannes, des Gottes:
Die allein-Danae­
Neigte sich nicht!
Verschlossen blieb sie,
Wandte sich ab!

▼MIDAS▲
(ruhig)
Mehr als das Gold,
Fühlt sie schaudernd Geheimnis!

▼JUPITER▲
(heftig)
Deutlich sah ich's,
Steigend vom Schiffe:
Dich - suchte ihr Blick!

▼MIDAS▲
(feierlich ausweichend)
Es sucht der Mensch
Am MenschenStütze
Vor des Gottes Nähe!

▼JUPITER▲
(losbrechend)
Erbärmliche Ausflucht!

▼MIDAS▲
(immer noch zurückhaltend)
Treu sprach ich
Befohlene Botschaft.
Vertrauen erschlichich!

▼JUPITER▲
Gedachtestdu des Vertrages?

▼MIDAS▲
Diener - nur sei ich,
Nur Goldes Träger -
Nur Chrysopher.

▼JUPITER▲
Danae? Was sagte sie?

▼MIDAS▲
(sehr ruhig und zögernd)
Erfüllung des Traumes
Verheißt ihr der Tag,
Den sie liebend ersehnt!

▼JUPITER▲
(sehr heftig)
Zweizüngige Rede!
Verraten hast du
Mich, der dir schenkte
Die goldene Gabe!
So kehr denn zurück
Zum Staube der Straße,
In deine Armut,
Nichtswürdiger - Eseltreiber!

▼MIDAS▲
Halt ein, Jupiter!
Wie zu früh mich einst fand
Dein Segen, dein Gold,
Ganz ohne Verdienst -
Trifft mich auch jetzt
Viel zu frühe dein Fluch,
Ganz ohne Schuld!
Wisse,Jupiter:
Viel mehr birgt dieses Mädchenherz,
Die Zeit nur enthüllt es!
Geheimnisvoll warmir's,
Geheimnis auch dir!
Mit der Freude des Kindes
Liebt sie das Gold;
Doch nach welchem Lichte
Die erblühte Knospe
Sich endlich wendet,
Nach dem des Menschen -
Nach dem des Gottes --
Wie löste dies Rätsel
Eine flüchtige Stunde?
Geheimnisvoll blieb mir's -
Geheimnis auch dir! -

▼JUPITER▲
(mißt ihn überrascht, etwas beruhigt,aber doch voller Verdacht; dann läßt ervon ihm ab und geht eine Weileunschlüssig aufund nieder; von hier abnicht mehr so ernst)
Das alte Lied
Von den Wegen der Menschen!
Das alte Lied
Von dem Schicksal der Götter!

(resignierte Handbewegung; er stehtvor Midas, jetzt ernst)

Aufs neue erprob ich's,
Was zu oft mich
Zur Erde hinabzog,
Mich, den liebenden Gott!
Spielt ich mit Menschen -
Mit ihrer Liebe -
Du aber griffest
ln Götterwerk!
Krone und Gold
Schenkte der Gott!
Das eine gebot er
Dir, dem Geschöpf:
Vorbei dieser Nacht
Dunkler Goldglanz -
Getauscht die Gestalt!
Bleibe dann - Midas,
Hüte dir deine Schätze,
Mir aber - hüte die Liebe!
Mein bleibt - Danae!!

(mit mahnend erhobener Rechten: denGoldzauber)

Was je du berührst,
Zur Lippe nur führst -
Hold oder unhold:
Erstarre zu Gold!

(von da ab sehr unruh ig gewilterhaftaufund nieder fahrend)

Wäge, Midas, Jupiters Macht!
Wäge das Glück, das er dir gebracht!
Stärke wäge, dir vertraut,
Wäge, ob's vor dem Fall nicht graut,
Wäge, Midas, des Mädchens Herz -
Armut wäge und leuchtendes Erz -
Wäge, Midas, wäge!
Nicht kreuze ich mehr
Die gewählte Bahn!
Sie kommt - sie selbst - ich rufe sie heran!
Wäge, Midas, wäge!

(Er stürmt davon. Düsteres Dunkel indem Raume, nur die Lampen flackern.Midas, wie gebannt, stehtlangeunschlüssig. Er lauscht zur Türehinaus, die nach dem Abgang Jupiters offen blieb die Musik verkündet miteinem sehr zartenMarsch das KommenDanaes. Midas kehrt zurück - besinntsich - endlich mit Entschluß setzt er denHelm Jupiters auf und wirftdengoldenen Mantel um von Jupiters Erscheinung im erstenAkte nicht zu unterscheiden.Zugleich naht Danae, im goldenenGewande wie am Schlusse des ersten Aufzuges, mit einemkleinen Gefolge goldgekleideter Dienerinnen, wieEroten, undim Kreise der vierKöniginnen. Midas, erkennend, daßDanaenicht allein ist, wendet den Ankommenden zunächst absichtlich denRücken)

▼KÖNIGINNEN▲
Hochzeitszug!
Nie genug!
Liebend, frei,
Sind wir dabei!

▼ZWEI VON IHNEN▲
Doch bilde dir
Zuviel nicht ein:
Einst war er mein!

▼DIE DRITTE▲
Und mein!

▼DIE VIERTE▲
Und mein!

▼DIE BEIDEN ANDERN▲
Als das Bilder bekam,
Ins Aug er nahm -
Nicht, Danae, dich -

▼DIE DRITTE▲
Nur mich!

▼DIE VIERTE▲
Nur mich!

(Danae wendet sich entrüstet ab)

▼DIE ERSTE UND ZWEITE▲
So wird es sein:
Kam er dich frein -

▼DIE BEIDEN ANDERN▲
Bleibst bald allein -
Und doch zu zwein!

(Midas zuckt wild zusammen)

▼KÖNIGINNEN▲
Der hübsche Bote bleibt dir hold,
Es bleibt das Glück, es bleibt das Gold!

▼EINZELN▲
Nicht wahr, mein Schwan?
Meine Wolke?
Mein Stier?Amphitryon?

(Sie haben sich Midas genähert. Dieser dreht sich plötzlich wild nach ihnen um. Sie erkennen den Irrtum und fliehen mit einem Aufschrei)

▼DANAE▲
(zart, unbeweglich)
Niemand - rief mich
Niemand - führt mich.
Allein kehr ich -
Ganz ohne Weigern -
Heim - in den Traum!

▼MIDAS▲
(ebenso)
Danae…

▼DANAE▲
Die Stimme!
Dämon, wer bist du?

▼MIDAS▲
Midas - bin ich,
Allen Göttern fern.
Ihr Wille machte mich
Zum reichsten König -
Ihr Wille raubt mir
Mehr als das Gold.

▼DANAE▲
Die Stimme! Die Stimme!
Deines Kleides Glänzen
Stammt aus den Träumen…
Die Stimme umfängt mich
Zarter als Traum…

▼MIDAS▲
Vor Midas stehst du,
Dem Herrn des Goldes!
Nicht vor dem Freier,
Der stieg von dem Schiffe -
Dennochvor Midas!

▼DANAE▲
Selige Stimme!
Steh ich vor dem,
Der das Kleid mir gebracht,
Mit süßem Zauber
Sanft mich geleitet -
Dem Traume so nah?
Oder vor dem andern,
Harten, gewaltigen
Herrn des Traums?

▼MIDAS▲
Zum dritten denn:
Du stehst vor Midas,
Vor ihm, der dich liebt!

▼DANAE▲
Eint sich in Midas
Süße des Traumes,
Gestalt seines Boten -
Glücklich - preise ich mich!

▼MIDAS▲
Dan preist sich auch Midas
Als Glücklichsten aller -
Mehr als die Geber
Gefährlicher Gaben -
Mehr als ein Gott!

▼DANAE▲
Ein Gott! O berufe nicht,
Was mit Schauer mich traf
ln traumvollen Nächten!
Götter durchdringen
Des Regens lockendes Fließen -
Wohnen im Gold! -
Bist du - Midas,
Der einzige, wahre
Bringer des Goldes,
Nicht zweigeteilt
Durch bösen Zauber,
Diener und Goldes Träger,
König und Goldes Herr:
Gib mir ein Zeichen!
Verkünde, was wahr!

(Lange, ahnungsvolle Pause)

▼MIDAS▲
Kennst du, Danae,
Hier das Gemach?

▼DANAE▲
Ganz ohne WillenKam ich hierher…

▼MIDAS▲
Seligster Raum:
Hochzeitsgemach!

▼DANAE▲
Ohne Weihrauch und Weihen
Steh ich vor dir!

▼MIDAS▲
Schwärme der Rosen
Umwinden das Lager!

▼DANAE▲
Erst nach den Sprüchen
Der Weisen, der Priester,
Darf ich hier stehn!

▼MIDAS▲
Siehst du die zarte
Im leuchtendstenRot?

▼DANAE▲
Erst nach dem Bade
Darf ich sie sehn!

▼MIDAS▲
Zeit wird's, daß ich sie breche!

▼DANAE▲
Ich zittere, Midas!

▼MIDAS▲
Achte des Zeichens,
Ob Midas ich bin…

(er wiederholt JupitersGoldzauber)

Was je du berührst,
Zur Lippe du führst -
Hold oder unhold -
Erstarre zu Gold!

(Er bricht die Rose und reicht sie ihr. Danae greift mechanischdanach und erschrickt)

▼DANAE▲
Leblos Metall!

(die Rose fällt klirrendzu Boden)

▼MIDAS▲
Danae verwirft,
Was sie ersehnt?

▼DANAE▲
War es so herzlos,
Kalt, ohne Leben

▼MIDAS▲
(kniet, reicht ihr die Rose)
Bot es die Liebe,
Lebt es nicht höher,
Besseres Leben?

▼DANAE▲
(schmückt sich damit)
Gerne nehm ich wieder,
Was mich erschreckt!

▼MIDAS▲
(erhebt sich glücklich)
Nur dich zu schmücken
Diene mein Zauber!

▼DANAE▲
Staunend fasse ich
Des Midas Macht!

▼MIDAS▲
Achtlos verwürf ich
Gefährliche Mächte,
NichtTräger des Goldes -
Diener der Liebe!

(hier legt er Mantel und Heim ab)

▼DANAE▲
Schmäh nicht das Wunder,
Diener der Liebe!
Tröger des Goldes -
Vollende dein Werk!

▼MIDAS▲
(zu den Rosen auf dem Lager)
Wie euch ich gerührt,
Zur Lippe geführt -
Hold oder unhold -
Werdet zu Gold!

(An Stelle des Rosenlagers wächst eine goldene Laube auf. Unter demFolgenden überzieht Goldglanz dasganze Gemach)

▼DANAE▲
(begeistert)
Gold - das Lager!
Leuchtendes Glück!

▼MIDAS▲
Niedrig Gemach -
Werde zu Gold!

(der Goldzauber hält an)

▼DANAE▲
Gold ohne Ende!
Blinkende Wonne!

▼MIDAS▲
Leuchter - werdet zu Gold!

▼DANAE▲
Jubelnd glückliches Gold!

▼MIDAS▲
Alles, alles zu Gold!

▼DANAE▲
Endlos Entzücken!

▼MIDAS▲
Einzig - für Danae!

▼DANAE▲
(in größtem Jubel)
Herrliches Spiel!
Vollendeter Traum!
Was als Regen fiel,
Als Kleid mich umgab,
Was sich vorgekündet
Im leuchtenden Baum -
Wahrheit wurde es,
Umgibt mich im Raum!
Was im Traume verheißen
Von dunkler Macht:
Du bist der Freier,
Der es gebracht!
Von deinen Händen
Strömt es mir zu -
Kamst, es zu vollenden,
Midas - du!

▼MIDAS▲
(gleichzeitig ebenso)
Herrliches Spiel!
Vollendeter Traum!
Was als Gabe mir fiel,
Ohne Willen gespendet
Von göttlicher Gunst,
Wahrheit wurde es,
Umgibt uns im Raum!
Was einst mir geschenkt
Des Freundes Macht,
Im Jubel der Liebe
Seh ich's erneut!
Von deinen Händen
Strömt mehr mir zu
Als Goldes Wunder!
Kamst, es zu vollenden -
Danae - du!

(Sie vergessen sich und sinken einander in die Arme. Donnerschlag. Dunkelheit. Man hörtMidas rufen: Danae! Danae! Dann, noch einer Atempause, beginnt die Musik über dem Goldzauber düster die Verwandlung der Danae in das Gold zu schildern. Langsam wird es dabeiwieder hell, mit schwachem, fahlemLichte, aus dem nur die goldene DanaeStatue leuchtet)

▼MIDAS▲
(zu Füßen der Statue)
Wastat ich?
Unselige Gabe!
Der herrliche Busen
Kalt - ohne Atem -
Der Mund, der kindliche -
Den ich geküßt -
Erstarrt - Gold -
Wertlos, totes Gold!
Verfluchte Hände!
Verfluchte Lippen!
Durch des Goldzaubers Fluch
Vernichtet - alles!
Machte mich deine Gabe
Zum Mörder an Danae -
Arglistiger Gott -
Fluche ich dir!

▼JUPITER▲
(wird in unheimlichem Lichtscheinsichtbar)
Zu früh fluchst,
Verworrener, du -
Mir und dem Gold!
Du nahmst die Gabe,
Genossest den Segen:
Treu blieb der Gott!

▼MIDAS▲
Zu Ende
Der listige Vertrag!

▼JUPITER▲
Vergißt du den Gott,
Der dir befahl?

▼MIDAS▲
Danaes Mörder
Durch meine Hand!

▼JUPITER▲
Die dir verloren
Mir lebt Danae!

▼MIDAS▲
Danae - lebt?
Dann nur dem einen,
Den sie liebt! -

▼JUPITER▲
Von des Goldregens
Erstem ahnenden Leuchten,
Bis zum ewigen Glanze,
Der jetzt aus ihr strahlt:
Lebt mir Danae!

▼MIDAS▲
So befrag ihren Willen!
Laß sie uns künden,
Ob frei sie dir folgt?

▼JUPITER▲
(tritt groß vor die Statue Danaes)
Lausche, Danae!
Gedenke des Traums!
Der nachts dich umfing
Mit zartestem Zauber -
Der dich befragt,
Der Träume Herr,
Will sich dir einen!
Lausche, Danae!
Gedenke des Traums!

▼MIDAS▲
(ebenso)
Lausche, Danae!
Brich den Zauber!
Der das Gold gebracht,
Mit dem Kleid dich gehüllt.
Schenk deine liebe,
Vom Golde befreit,
Midas, dem Armen,
Nicht - Chrysopher!
Lausche, Danae!
Zerbrich den Zauber!

▼JUPITER▲
(hohnlachend)
Lausche, Lausche!
Ein Eseltreiber
Wirbt um dich!

▼MIDAS▲
Menschenlosbiet ich!

▼JUPITER▲
Ich aber biet dir
Erhabenes Los!

▼MIDAS▲
Meines Menschenherzens
Unendliche Liebe!

▼JUPITER▲
(immer höhnischer)
ln armseliger Hütte
Eines Midas Weib!

▼MIDAS▲
Wähle, Danae, wählet !
Midas führt dich
Mit sanftester Liebe
Zu besseren Gaben,
Als treulosem Gold!
Des fühlenden Herzens
Ewges Geschenk!
Wähle,Danae,wähle!

▼JUPITER▲
Wähle, Danae, wähle!
Sieh, ich schenke dir
Göttliche Ehren!
Ein goldener Tempel
Sei dir geweiht!
Dort umgibt dich
Höchstes Geschenk!
Wähle, Danae, wähle!

(Eine tiefe Pause. Dann wirdDanaes Stimme wie von ferne hörbar)

▼DANAE▲
(zart)
Midas, Geliebter,
Bleibe mir hold!
Leben -- ahn ich -
Leb wohl, mein Traum!

(Blitz und heftiger Donnerschlag. Im Scheine der Blitze sieht man Danae sich beleben und auf Midas zueilen. Dann verschwinden beide in völligem Dunkel. Nur Jupiter ist in einem Lichtkreis zu sehn)

▼JUPITER▲
Treulose Danae!
Du hast gewählt!
Elend wähltest du,
Menschenlos!
Eine niedere Hütte,
Das Lager von Stroh -
Nächte voll Sorge
Warten dort dein!
Dann gedenkst du
Von Qual zerknirscht
Vergebens des Glückes,
Das du verschmäht!

Ein goldener Tempel
Am strahlenden Vorgebirg
War herrlich dir bereitet!
Dort erhebt sich
Der Säulen Kranz
Wie weiße Feuer
Empor zu den neuen,
Seligen Freunden:
Den ewigen Göttern!
Und in des Kranzes
Leuchtender Mitte -
Eine goldene Blüte:
Du heiß Umworbene
Jetzt verlassene
Geliebte treulose Danae!
Der im Traum dich besucht,
Er kommt wieder,
Eine hochragende Wolke
Strömt herab zu dir!
Leuchten und Leuchten -
Gold, das dem Golde sich eint! --
Und alle Menschen,
Deren Herz zerrissen
Vor Sehnsucht nach Gold -
Heben die Blicke
Zu unseren Füßen -
Geblendet vom Scheine -
Schauern und sagen:
Danae- die Göttin -
Wohnt dort in der Höhe!
Eines Ewigen Braut!

(von hier ab verdunkelt sich raschdie Szene)

Götterschicksal -
War euch geboten!
Menschenschicksal -
Habt ihr gewählt!
Ferne bleib euch der Gott!

(er entschwindet im Dunkel)
ZWEITER AKT

(Prächtiges Gemach. Hochzeitsbette im pompejanischen Stil.Die vier Königinnen sind eben daran, esmit Rosengewinden zu schmücken)

VIER KÖNIGINNEN
Kränze winden wir
Fremder Hochzeit!
Eifersucht meid uns,
Bleibe uns fern!
Wer eines Gottes
Umarmung genossen,
Selig bleibt er,
Freut sich fremden Glücks!
Glückliche Danae!
Der sich vorgekündet
ln goldenen Träumen -
ln neuer Gestalt
Tritt er strahlend hervor!
Nicht Schwan - nicht Wolke -
Ein herrlicher, goldener Mann!

(Jupiterv ganz in Gold gekleidet,wie am Schlusse des ersten Aktes, tritt ein)

VIER KÖNIGINNEN
Jupiter-Midas,
Midas-Jupiter,
Sei uns gegrüßt!

JUPITER
So seid doch still!
Schwer genug bleibt es,
Das Geheimnis zu bergen!

VIER KÖNIGINNEN
In guter Hut
Ist es bei uns!
Sieh, wir winden dir
Kränze zur Nacht:
Dir und Danae!

JUPITER
Schon auf Lydiens Throne
Erkanntet ihr mich?
Und grüßtet mich hier
Als König Midas?

LEDA
Wer in des Schwanes
Auge geblickt,
Erkennt es wieder,
Auch wenn es umgeben
Von goldenem Helm!

SEMELE
Wer von der Wolke
Zärtlichem Arme
Selig umfoßt war -
Erkennt ihn wieder,
Sei das Erz noch so golden
Und hart, das ihn schient!

ALKMENE
Du sebst befahlst,
Daß in des Gatten,
Amphitryons Armen,
Ich niemand erkenne -
AlsJupiter!

VIER KÖNIGINNEN
Jupiter-Midas,
Midas-Jupiter!
Lautere Seligkeit
Aller Gestalten!
Sei uns gegrüßt!

JUPITER
Mit eurem Singen
Verrät ihr den Freund!
Vollendet den Schmuck!

LEDA
(weiterarbeitend)
Glückliche Danae!
Der sich vorgekündet
ln goldenen Träumen -

(bricht ab - neugierig)

Doch warum bliebst du
Kein goldener Regen?
Süßen Spieles
Bald überdrüssig?

ALKMENE
Schien ein König der Lyder
Dir mehr als der Gott?
Worum tauschtest du
Nochmals deine Gestalt?

JUPITER
Schlecht kennt ihr Danae!
Nicht genügt ihr der Stunde
Flüchtig Verkleiden!
Nicht wonnigen Regens
Glitzerndes Spiel!

ALKMENE
(beleidigt)
So verachtest du nun
Die frohen Gestalten!

LEDA
Schiltst du den Schwann,
Du größter der Götter?

SEMELE
(ebenso)
Gereut es dich wohl,
Daß zum Olymp du zogst
Auf luftigen Wegen?
Gereut dich die Wolke?

BEIDE
Schiltst du den Schwan?
Gereut dich die Wolke?

EUROPA
Bedauerst des Stieres
Herrliche Kraft?

JUPITER
Freundinnen, hört doch!
Tief im lnnern,
Unerschlossen,
Rätsel dem Gotte,
Rätsel dem Menschen,
Ruht Danaes liebe!

VIER KÖNIGINNEN
(ohne auf ihn zu hören)
Unglücklich sind wir!
Betrogene sind wir!
Der uns genaht,
Der herrliche Gott,
Bereut die wonnige,
Schöne Gestalt!

JUPITER
Gar nichts bereu ich.
Doch anders ist Danae,
Keusch und stolz,
Voll Haß wider Freier! -
Ein zartes Spiel
War ihr der Regen,
Ein glitzernd Ahnen
Späteren Glückes!
Doch mir dies Herz
Ganz zu eröffnen,
Verschmäh ich den Trug
Einer flüchtigen Stunde!
Denn anderes keimt
ln Danaes Seele,
Als vergangne Freuden
Mir jemals geschenkt! -
SeltenstenReichtum
Erlauschte ich dort,
Machtvoll rief's mich,
Nicht nur Genießens
Früchte zu kosten -
Mit aller Kraft
Zu erwidern dem Wunder,
Hinab mich zu senken
Mit ganzem Wesen -:
Wahre Liebe,
Die dort ich erahnte
Ganz zu umfassen,
Voll zu bedanken -
Dereinst für ewig
Sanft zu verklären - -
Lockte es mich, den Gott!

VIER KÖNIGINNEN
Was nie uns erklang
Hören wir staunend!
Fühlen des Freundes
Mächtige Nähe!

ALKMENE
Doch warum zu Danae -
Einzig zu dieser -
Kamst du - zu zwein?

DIE DREI ANDERN
Was soll dieser Jüngling
ln bescheidenem Kleide?

EUROPA
Warum, o Freund,
Die doppelte Täuschung?
Wozu der Begleiter?

JUPITER
Nicht kennt Ihr Juno,
Des göttlichen Freundes
Böse Gemahlin!
Auf den holden Wegen -
Mehr noch als jemals -
Droht mir ihr Zorn
Und rächend Gewitter -

LEDA
Zog der Schwan seine feuchte Straße -

SEMELE
Hob die Wolke sich hoch in die Lüfte -

ZU VIERT
Gar schnell hat der Götterbote
Mit hübschen irdischen Männern
Jede von uns vermählt!

JUPITER
Längst genügt das
Juno nicht mehr.
Mit furchtbarem Hasse
Verfolgt sie die Armen,
Auf denen mein Blick
Und selig Verlangengeruht…
Hörlet ihr nicht
Vom Schicksal Kallistos?

SEMELE, EUROPA
Der zierlichen Quelle?

ALKMENE, LEDA
Der niedlichenNymphe?

JUPITER
Verführerisch sang sie,
Lockte den Wanderer,
Lockte den Gott!
Ich aber umarmte sie,
Als der Stein, der sie faßte,
Dem die Lockre entsprang,
Der dennoch nicht fühllos
Bei ihrem Tanze,
Bei ihrem Klingen
Und süßem Gerinnsel!
ln des Steinfalls gewaltigem Dröhnen
Wurde die Silberne mein!

KÖNIGINNEN
O seliger Gott der Verführung,
Seliger Gott der List!

JUPITER
Kurz nur währte
Die glückliche Stunde.
Als wilde Bärin
Tappt die Nymphe umher -
Furchtbar verwandelt durch Juno!

LEDA
Das sei gesagt dir,
Böse Semele,
Wenn auf den Gatten
Du immerfort loszankst!

SEMELE
(keift zurück)
Und dir nicht minder,
Wenn unzufrieden
Du mit Pollux Neffen!

JUPITER
Schweigt doch!
Glücklich noch seid ihr!
Hörtet ihr nicht
Vom Schicksal der lo?

SEMELE, EUROPA
Der jungen Priesterin
Junos, der strengen Gattin?

ALKMENE, LEDA
Die aus dem Tempel
Entführte der Gott?

(sie lachen)

JUPITER
Als plumpe Kuh
Tobt sie durchs Feld,
Weil Juno, selbst mit der niedern
Verkleidung noch unzufrieden,
Mit der schrecklichen Bremse sie quält!

EUROPA
Wie will ich gern
Mit meinem König michbescheiden!
Ist seine Kraft auch lange nicht
Des Stiers Gewalt!

JUPITER
Midas, das Urbild,
Zieht mit dem Gotte
Auf die fröhliche Reise!
Erspäht die Stunde,
Erkundet die Seele
Der schönen Danae! -
Faßt Juno Verdacht:
Wie will die Geliebte sie strafen -
Findet sie Midas,
Den schicklich Verlobten -
Flugs an des Gatten Stelle?

VIER KÖNIGINNEN
O mächtiger Gott der Verwandlung!
Seliger Gott der List!

JUPITER
Doch gelüstet's den Gott,
Einstens wiederzukehren
An des Königs Stelle:
Schlüpft er aufs neu
ln des Midas Gestalt - -
Wie einstens in Theben, Alkmene!

VIER KÖNIGINNEN
(nähern sich sehr freundlich)
So ist doch Hoffnung,
Seliger Freund,
Daß aufs neu du erscheinst
In der alten Verwandlung?

LEDA
(liebkost ihn)
Warum immer als Midas?
Lockt dich ein Schwan nicht?

SEMELE
(ebenso)
Eine freundliche Wolke -

EUROPA
(ebenso)
Ein mächtiger Stier -

JUPITER
(umfaßt sie)
Gerne gedenke ich
Verlassener Taten,
Seliger Tage!

MIDAS
(ist von der Gruppe unbemerktaufgetreten)
Auch wenn sie neu
Zu Taten locken?

VIER KÖNIGINNEN
(ziehen sich betroffen von Jupiterzurück)
Leb wohl denn, König,
Leb wohl -Midas!

(ironisch)

Hübscher Bote, gegrüßt!

(gehen ab)

JUPITER
(verlegen)
Der Heim drückt mich.
Der Montel da
Ist mir zur last.

(er legt die goldene Verkleidung ab)

Wie könnte es leicht sein,
Eines solchen Königs
Rolle zu spielen,
Beneidet von allen?

MIDAS
(ebenso ironisch)
Wie eben ich sah,
lst's trefflich gelungen!
Vier Königinnen
ln Rosenkränzen,
Rings um den mächtigen
Älteren Freund!

JUPITER
Die besticht nur der Glanz!

MIDAS
Vier verwirrte Köpfchen
Aus Wiedersehens
Unbändiger Freude,
Aus - andern Besitzes
Unfaßlichem Glück!

JUPITER
(gereizt)
Vergeblich Erinnern!
Vorbei, vorbei!
Noch immer kann mich
Die kindische eine
Von ihrem Amphitryon
Nicht unterscheiden!
Zwei harte Falten
ln Europas Zügen,
Semele - gealtert,
Und Leda wird stärker! -
Die aber einzig mich lockte
Zu solcher Brautfahrt,
Die fernher mich trieb
Über die Woge des Meeres,
Ein leuchtend Gewitter,
Verbrämt von des Goldes Schein -
Die ich bisher nur rührte
Als ahnender Traum
Mit zartester Hand --
Die umfassen ich will
Noch diese Nacht
Mit aller Kraft
Des Mannes, des Gottes:
Die allein-Danae­
Neigte sich nicht!
Verschlossen blieb sie,
Wandte sich ab!

MIDAS
(ruhig)
Mehr als das Gold,
Fühlt sie schaudernd Geheimnis!

JUPITER
(heftig)
Deutlich sah ich's,
Steigend vom Schiffe:
Dich - suchte ihr Blick!

MIDAS
(feierlich ausweichend)
Es sucht der Mensch
Am MenschenStütze
Vor des Gottes Nähe!

JUPITER
(losbrechend)
Erbärmliche Ausflucht!

MIDAS
(immer noch zurückhaltend)
Treu sprach ich
Befohlene Botschaft.
Vertrauen erschlichich!

JUPITER
Gedachtestdu des Vertrages?

MIDAS
Diener - nur sei ich,
Nur Goldes Träger -
Nur Chrysopher.

JUPITER
Danae? Was sagte sie?

MIDAS
(sehr ruhig und zögernd)
Erfüllung des Traumes
Verheißt ihr der Tag,
Den sie liebend ersehnt!

JUPITER
(sehr heftig)
Zweizüngige Rede!
Verraten hast du
Mich, der dir schenkte
Die goldene Gabe!
So kehr denn zurück
Zum Staube der Straße,
In deine Armut,
Nichtswürdiger - Eseltreiber!

MIDAS
Halt ein, Jupiter!
Wie zu früh mich einst fand
Dein Segen, dein Gold,
Ganz ohne Verdienst -
Trifft mich auch jetzt
Viel zu frühe dein Fluch,
Ganz ohne Schuld!
Wisse,Jupiter:
Viel mehr birgt dieses Mädchenherz,
Die Zeit nur enthüllt es!
Geheimnisvoll warmir's,
Geheimnis auch dir!
Mit der Freude des Kindes
Liebt sie das Gold;
Doch nach welchem Lichte
Die erblühte Knospe
Sich endlich wendet,
Nach dem des Menschen -
Nach dem des Gottes --
Wie löste dies Rätsel
Eine flüchtige Stunde?
Geheimnisvoll blieb mir's -
Geheimnis auch dir! -

JUPITER
(mißt ihn überrascht, etwas beruhigt,aber doch voller Verdacht; dann läßt ervon ihm ab und geht eine Weileunschlüssig aufund nieder; von hier abnicht mehr so ernst)
Das alte Lied
Von den Wegen der Menschen!
Das alte Lied
Von dem Schicksal der Götter!

(resignierte Handbewegung; er stehtvor Midas, jetzt ernst)

Aufs neue erprob ich's,
Was zu oft mich
Zur Erde hinabzog,
Mich, den liebenden Gott!
Spielt ich mit Menschen -
Mit ihrer Liebe -
Du aber griffest
ln Götterwerk!
Krone und Gold
Schenkte der Gott!
Das eine gebot er
Dir, dem Geschöpf:
Vorbei dieser Nacht
Dunkler Goldglanz -
Getauscht die Gestalt!
Bleibe dann - Midas,
Hüte dir deine Schätze,
Mir aber - hüte die Liebe!
Mein bleibt - Danae!!

(mit mahnend erhobener Rechten: denGoldzauber)

Was je du berührst,
Zur Lippe nur führst -
Hold oder unhold:
Erstarre zu Gold!

(von da ab sehr unruh ig gewilterhaftaufund nieder fahrend)

Wäge, Midas, Jupiters Macht!
Wäge das Glück, das er dir gebracht!
Stärke wäge, dir vertraut,
Wäge, ob's vor dem Fall nicht graut,
Wäge, Midas, des Mädchens Herz -
Armut wäge und leuchtendes Erz -
Wäge, Midas, wäge!
Nicht kreuze ich mehr
Die gewählte Bahn!
Sie kommt - sie selbst - ich rufe sie heran!
Wäge, Midas, wäge!

(Er stürmt davon. Düsteres Dunkel indem Raume, nur die Lampen flackern.Midas, wie gebannt, stehtlangeunschlüssig. Er lauscht zur Türehinaus, die nach dem Abgang Jupiters offen blieb die Musik verkündet miteinem sehr zartenMarsch das KommenDanaes. Midas kehrt zurück - besinntsich - endlich mit Entschluß setzt er denHelm Jupiters auf und wirftdengoldenen Mantel um von Jupiters Erscheinung im erstenAkte nicht zu unterscheiden.Zugleich naht Danae, im goldenenGewande wie am Schlusse des ersten Aufzuges, mit einemkleinen Gefolge goldgekleideter Dienerinnen, wieEroten, undim Kreise der vierKöniginnen. Midas, erkennend, daßDanaenicht allein ist, wendet den Ankommenden zunächst absichtlich denRücken)

KÖNIGINNEN
Hochzeitszug!
Nie genug!
Liebend, frei,
Sind wir dabei!

ZWEI VON IHNEN
Doch bilde dir
Zuviel nicht ein:
Einst war er mein!

DIE DRITTE
Und mein!

DIE VIERTE
Und mein!

DIE BEIDEN ANDERN
Als das Bilder bekam,
Ins Aug er nahm -
Nicht, Danae, dich -

DIE DRITTE
Nur mich!

DIE VIERTE
Nur mich!

(Danae wendet sich entrüstet ab)

DIE ERSTE UND ZWEITE
So wird es sein:
Kam er dich frein -

DIE BEIDEN ANDERN
Bleibst bald allein -
Und doch zu zwein!

(Midas zuckt wild zusammen)

KÖNIGINNEN
Der hübsche Bote bleibt dir hold,
Es bleibt das Glück, es bleibt das Gold!

EINZELN
Nicht wahr, mein Schwan?
Meine Wolke?
Mein Stier?Amphitryon?

(Sie haben sich Midas genähert. Dieser dreht sich plötzlich wild nach ihnen um. Sie erkennen den Irrtum und fliehen mit einem Aufschrei)

DANAE
(zart, unbeweglich)
Niemand - rief mich
Niemand - führt mich.
Allein kehr ich -
Ganz ohne Weigern -
Heim - in den Traum!

MIDAS
(ebenso)
Danae…

DANAE
Die Stimme!
Dämon, wer bist du?

MIDAS
Midas - bin ich,
Allen Göttern fern.
Ihr Wille machte mich
Zum reichsten König -
Ihr Wille raubt mir
Mehr als das Gold.

DANAE
Die Stimme! Die Stimme!
Deines Kleides Glänzen
Stammt aus den Träumen…
Die Stimme umfängt mich
Zarter als Traum…

MIDAS
Vor Midas stehst du,
Dem Herrn des Goldes!
Nicht vor dem Freier,
Der stieg von dem Schiffe -
Dennochvor Midas!

DANAE
Selige Stimme!
Steh ich vor dem,
Der das Kleid mir gebracht,
Mit süßem Zauber
Sanft mich geleitet -
Dem Traume so nah?
Oder vor dem andern,
Harten, gewaltigen
Herrn des Traums?

MIDAS
Zum dritten denn:
Du stehst vor Midas,
Vor ihm, der dich liebt!

DANAE
Eint sich in Midas
Süße des Traumes,
Gestalt seines Boten -
Glücklich - preise ich mich!

MIDAS
Dan preist sich auch Midas
Als Glücklichsten aller -
Mehr als die Geber
Gefährlicher Gaben -
Mehr als ein Gott!

DANAE
Ein Gott! O berufe nicht,
Was mit Schauer mich traf
ln traumvollen Nächten!
Götter durchdringen
Des Regens lockendes Fließen -
Wohnen im Gold! -
Bist du - Midas,
Der einzige, wahre
Bringer des Goldes,
Nicht zweigeteilt
Durch bösen Zauber,
Diener und Goldes Träger,
König und Goldes Herr:
Gib mir ein Zeichen!
Verkünde, was wahr!

(Lange, ahnungsvolle Pause)

MIDAS
Kennst du, Danae,
Hier das Gemach?

DANAE
Ganz ohne WillenKam ich hierher…

MIDAS
Seligster Raum:
Hochzeitsgemach!

DANAE
Ohne Weihrauch und Weihen
Steh ich vor dir!

MIDAS
Schwärme der Rosen
Umwinden das Lager!

DANAE
Erst nach den Sprüchen
Der Weisen, der Priester,
Darf ich hier stehn!

MIDAS
Siehst du die zarte
Im leuchtendstenRot?

DANAE
Erst nach dem Bade
Darf ich sie sehn!

MIDAS
Zeit wird's, daß ich sie breche!

DANAE
Ich zittere, Midas!

MIDAS
Achte des Zeichens,
Ob Midas ich bin…

(er wiederholt JupitersGoldzauber)

Was je du berührst,
Zur Lippe du führst -
Hold oder unhold -
Erstarre zu Gold!

(Er bricht die Rose und reicht sie ihr. Danae greift mechanischdanach und erschrickt)

DANAE
Leblos Metall!

(die Rose fällt klirrendzu Boden)

MIDAS
Danae verwirft,
Was sie ersehnt?

DANAE
War es so herzlos,
Kalt, ohne Leben

MIDAS
(kniet, reicht ihr die Rose)
Bot es die Liebe,
Lebt es nicht höher,
Besseres Leben?

DANAE
(schmückt sich damit)
Gerne nehm ich wieder,
Was mich erschreckt!

MIDAS
(erhebt sich glücklich)
Nur dich zu schmücken
Diene mein Zauber!

DANAE
Staunend fasse ich
Des Midas Macht!

MIDAS
Achtlos verwürf ich
Gefährliche Mächte,
NichtTräger des Goldes -
Diener der Liebe!

(hier legt er Mantel und Heim ab)

DANAE
Schmäh nicht das Wunder,
Diener der Liebe!
Tröger des Goldes -
Vollende dein Werk!

MIDAS
(zu den Rosen auf dem Lager)
Wie euch ich gerührt,
Zur Lippe geführt -
Hold oder unhold -
Werdet zu Gold!

(An Stelle des Rosenlagers wächst eine goldene Laube auf. Unter demFolgenden überzieht Goldglanz dasganze Gemach)

DANAE
(begeistert)
Gold - das Lager!
Leuchtendes Glück!

MIDAS
Niedrig Gemach -
Werde zu Gold!

(der Goldzauber hält an)

DANAE
Gold ohne Ende!
Blinkende Wonne!

MIDAS
Leuchter - werdet zu Gold!

DANAE
Jubelnd glückliches Gold!

MIDAS
Alles, alles zu Gold!

DANAE
Endlos Entzücken!

MIDAS
Einzig - für Danae!

DANAE
(in größtem Jubel)
Herrliches Spiel!
Vollendeter Traum!
Was als Regen fiel,
Als Kleid mich umgab,
Was sich vorgekündet
Im leuchtenden Baum -
Wahrheit wurde es,
Umgibt mich im Raum!
Was im Traume verheißen
Von dunkler Macht:
Du bist der Freier,
Der es gebracht!
Von deinen Händen
Strömt es mir zu -
Kamst, es zu vollenden,
Midas - du!

MIDAS
(gleichzeitig ebenso)
Herrliches Spiel!
Vollendeter Traum!
Was als Gabe mir fiel,
Ohne Willen gespendet
Von göttlicher Gunst,
Wahrheit wurde es,
Umgibt uns im Raum!
Was einst mir geschenkt
Des Freundes Macht,
Im Jubel der Liebe
Seh ich's erneut!
Von deinen Händen
Strömt mehr mir zu
Als Goldes Wunder!
Kamst, es zu vollenden -
Danae - du!

(Sie vergessen sich und sinken einander in die Arme. Donnerschlag. Dunkelheit. Man hörtMidas rufen: Danae! Danae! Dann, noch einer Atempause, beginnt die Musik über dem Goldzauber düster die Verwandlung der Danae in das Gold zu schildern. Langsam wird es dabeiwieder hell, mit schwachem, fahlemLichte, aus dem nur die goldene DanaeStatue leuchtet)

MIDAS
(zu Füßen der Statue)
Wastat ich?
Unselige Gabe!
Der herrliche Busen
Kalt - ohne Atem -
Der Mund, der kindliche -
Den ich geküßt -
Erstarrt - Gold -
Wertlos, totes Gold!
Verfluchte Hände!
Verfluchte Lippen!
Durch des Goldzaubers Fluch
Vernichtet - alles!
Machte mich deine Gabe
Zum Mörder an Danae -
Arglistiger Gott -
Fluche ich dir!

JUPITER
(wird in unheimlichem Lichtscheinsichtbar)
Zu früh fluchst,
Verworrener, du -
Mir und dem Gold!
Du nahmst die Gabe,
Genossest den Segen:
Treu blieb der Gott!

MIDAS
Zu Ende
Der listige Vertrag!

JUPITER
Vergißt du den Gott,
Der dir befahl?

MIDAS
Danaes Mörder
Durch meine Hand!

JUPITER
Die dir verloren
Mir lebt Danae!

MIDAS
Danae - lebt?
Dann nur dem einen,
Den sie liebt! -

JUPITER
Von des Goldregens
Erstem ahnenden Leuchten,
Bis zum ewigen Glanze,
Der jetzt aus ihr strahlt:
Lebt mir Danae!

MIDAS
So befrag ihren Willen!
Laß sie uns künden,
Ob frei sie dir folgt?

JUPITER
(tritt groß vor die Statue Danaes)
Lausche, Danae!
Gedenke des Traums!
Der nachts dich umfing
Mit zartestem Zauber -
Der dich befragt,
Der Träume Herr,
Will sich dir einen!
Lausche, Danae!
Gedenke des Traums!

MIDAS
(ebenso)
Lausche, Danae!
Brich den Zauber!
Der das Gold gebracht,
Mit dem Kleid dich gehüllt.
Schenk deine liebe,
Vom Golde befreit,
Midas, dem Armen,
Nicht - Chrysopher!
Lausche, Danae!
Zerbrich den Zauber!

JUPITER
(hohnlachend)
Lausche, Lausche!
Ein Eseltreiber
Wirbt um dich!

MIDAS
Menschenlosbiet ich!

JUPITER
Ich aber biet dir
Erhabenes Los!

MIDAS
Meines Menschenherzens
Unendliche Liebe!

JUPITER
(immer höhnischer)
ln armseliger Hütte
Eines Midas Weib!

MIDAS
Wähle, Danae, wählet !
Midas führt dich
Mit sanftester Liebe
Zu besseren Gaben,
Als treulosem Gold!
Des fühlenden Herzens
Ewges Geschenk!
Wähle,Danae,wähle!

JUPITER
Wähle, Danae, wähle!
Sieh, ich schenke dir
Göttliche Ehren!
Ein goldener Tempel
Sei dir geweiht!
Dort umgibt dich
Höchstes Geschenk!
Wähle, Danae, wähle!

(Eine tiefe Pause. Dann wirdDanaes Stimme wie von ferne hörbar)

DANAE
(zart)
Midas, Geliebter,
Bleibe mir hold!
Leben -- ahn ich -
Leb wohl, mein Traum!

(Blitz und heftiger Donnerschlag. Im Scheine der Blitze sieht man Danae sich beleben und auf Midas zueilen. Dann verschwinden beide in völligem Dunkel. Nur Jupiter ist in einem Lichtkreis zu sehn)

JUPITER
Treulose Danae!
Du hast gewählt!
Elend wähltest du,
Menschenlos!
Eine niedere Hütte,
Das Lager von Stroh -
Nächte voll Sorge
Warten dort dein!
Dann gedenkst du
Von Qual zerknirscht
Vergebens des Glückes,
Das du verschmäht!

Ein goldener Tempel
Am strahlenden Vorgebirg
War herrlich dir bereitet!
Dort erhebt sich
Der Säulen Kranz
Wie weiße Feuer
Empor zu den neuen,
Seligen Freunden:
Den ewigen Göttern!
Und in des Kranzes
Leuchtender Mitte -
Eine goldene Blüte:
Du heiß Umworbene
Jetzt verlassene
Geliebte treulose Danae!
Der im Traum dich besucht,
Er kommt wieder,
Eine hochragende Wolke
Strömt herab zu dir!
Leuchten und Leuchten -
Gold, das dem Golde sich eint! --
Und alle Menschen,
Deren Herz zerrissen
Vor Sehnsucht nach Gold -
Heben die Blicke
Zu unseren Füßen -
Geblendet vom Scheine -
Schauern und sagen:
Danae- die Göttin -
Wohnt dort in der Höhe!
Eines Ewigen Braut!

(von hier ab verdunkelt sich raschdie Szene)

Götterschicksal -
War euch geboten!
Menschenschicksal -
Habt ihr gewählt!
Ferne bleib euch der Gott!

(er entschwindet im Dunkel)
最終更新:2020年10月19日 10:44